Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die übrigen Kreisbeamten. (§. 97.) 639 
können kleinere Kreise zu einem Bezirke zusammengefaßt, größere Kreise in mehrere Be- 
zirke zerlegt, auch einzelne Kreisteile einem anderen Kreisarztbezirke überwiesen werden 
(Gesetz v. 16. Sept. 1899, §. 4).1 Die Kreisärzte sind unmittelbare Staatsdiener.? 
Ihre Anstellung war durch die Geschäftsanweisung für die Regierungen v. 31. Dez. 
18252 den Landräten überlassen worden, welche hierbei jedoch von dem Ministerium der 
geistlichen, Unterrichts= und Medizinalangelegenheiten zu erteilende nähere Anweisung be- 
obachten sollten.“ Diese Befugnis der Regierungen ist jedoch durch die Kabinettsorder v. 
7. Dez. 1824 5 wieder aufgehoben und bestimmt worden, daß die definitive Besetzung 
aller Kreismedizinalstellen durch das Ministerium der geistlichen, Unterrichts= und Medi- 
zinalangelegenheiten erfolgen solle. Dies ist auch das geltende Recht (Gesetz v. 16. Sept. 
1899, §. 2, Abs. 2). 
Der Kreisarzt (früher Kreisphysikus 5, in den Stadtkreisen Stadtphysikus' genannt 
muß nicht bloß im Besitze der staatsbürgerlichen Rechte und als Arzt approbiert sowie 
im Besitze der medizinischen Doktorwürde einer preußischen Universität? sein, sondern 
auch seine spezielle Qualifikation für das Amt durch das Bestehen der kreisärztlichen 
Prüfung nachgewiesen haben sowie nach der Approbation einen „angemessenen Zeitraum“ 
als Arzt tätig gewesen sein.? Die Kreisärzte sind die Organe der Regierung in 
bezug auf Medizinal= und Sanitätspolizei und demgemäß dem Regierungspräsidenten 
  
1 Vgl. die Instruktion v. 31. Dez. 1816, §. 17; 
jetzt G. v. 16. Sept. 1899, §. 1, Abs. 1 und 2. 
*Vgl. Kab. O. v. 23. Ang. 1819 und Restkr. 
des Min. der geistl. usw. Ang. v. 17. Aug. 1824 
(v. „kamps, Ann., Bd. VIII, S. 919). 
3 Abschn. II, sub A, Abs. 3 
4 Das Min. der geistl. usw. Ang. hat durch 
Zirk. Reskr. v. 2t. Jan. 1826 (v. Kamptz, 
Ann., Bd. X. S. 208) das Verfahren bestimmt, 
welches die Regierungen sowohl bei der defini- 
tiven, als bei der interimistischen Anstellung der 
Kreismedizinalbeamten befolgen sollen. 
5 VglI. in v. Rönnes und Simons Medi- 
zinalwesen des Preuß. Staates, Bd. I, S. 98. 
* Dergleichen wurden zuerst gegen das Ende 
des 17. Jahrh. durch Wahl der Kreisstände, unter 
Oberaufsicht des Staates, angestellt. Das Recht 
der Kreisstände zur Wahl der Physiker ist erst 
durch das Gendarmerie-Ed. v. 30. Juli 1812 
aufgehoben worden (vgl. das Nähere bei v. Rönne 
und Simon, a. a. O., S. 116). 
7 Das Reskr. des Min. des Inn. v. 1. Sept. 
1809 hatte bestimmt, daß den Stadtverordneten 
die Wahl der Stadtphysiker und Chirurgen ge- 
bühren solle, was indes durch das (auf königl. 
Spezialbefehl erlassene) Reskr. v. 30. Jan. 1810 
wieder aufgehoben wurde (vgl. v. Rönne und 
Simon, a. a. O., S. 116—117). 
*s Die Gleichwertigkeit einer anderwärts er- 
worbenen Doktorwürde bedarf der Anerkennung 
durch den Kultusminister (G. v. 16. Sept. 1899, 
§. 2, Ziff. 2). 
* G. v. 16. Sept. 1899, §. 2. Vgl. 8§. 75—77 
des Regl. für die Staatsprüfungen der Medizinal- 
personen v 1. Dez. 1825 (v. Kamptz, Ann., 
Bd. X, S. 153) und Zirk. Reskr. des Min. der 
geistl. usw. Ang. v. 13. Jan. 1850 (M. Bl. d. 
i. Verw. 1850, S. 7), an deren Stelle indes 
das Regl. v. 20. Febr. 1863 für die Prüfung 
behufs Erlangung der Oualifikation als Kreis- 
physikus (M. Bl. d. i. Verw. 13863, S. 32) ge- 
treten ist. Das Zirk. Reskr. des Min. der geistl. 
usw. Ang. v. S8. Okt. 1867 (M. Bl. d. i. Verw. 
  
1867, S. 332) hat bestimmt, daß auch in den 
im Jahre 1866 neuerworbenen Provinzen die 
Prüfung behufs Erlangung der Qualifikation als 
Kreisphysikus ausschließlich nach Maßgabe des 
Regl. v. 20. Febr. 1863 zu bewirken sei. Das 
Prüfungsregl. v. 20. Febr. 1863 ist wieder durch 
das Regl. v. 10. Mai 1875 für die Prüfung be- 
hufs Erlangung der Befähigung zur Anstellung 
als Kreisphysikus (M. Bl. d. i. Verw. 1875, S. 
120 ff.) ersetzt, dessen §S. 1 und 2 durch die Be- 
stimmungen der Bekanntmachung des Min. der 
geistl. Uusw. Ang. v. 4. März 1830 (M. Bl. d. i. 
Verw. 1880, S. 107) abgeändert worden sind. 
— Vgl. auch §. 29 der Gewerbe-O. v. 21. Juni 
1869 (B. G. Bl. 1869, S. 245). Vgl. auch die 
Prüfungsordnung für Arzte v. 24. Mai 1901 
(Z. Bl., S. 138) nebst Bek., betr. die Zulassung 
von- Realgymnasialabiturienten zu den ärztlichen 
Prufungen v. 6. Nov. 1901 (3. Bl., S. 398) u 
Erl. v. Mai 1905 (M. Bl. f. Med. Ang., , S.230). 
JnderGrafschaftStolbergiWcrnigekodewurdcder 
KreisphsikusvondemGrafcnStolbergsWeknige-- 
rode angestellt und war einem besonderen Medi- 
zinalkollegium für die Grafschaft untergeordnet, 
dessen Mitglieder ebenfalls von dem Grafen er- 
nannt wurden (ogl. den Rezeß v. 13. Aug. 1822, 
v. Kampt, Ann., Bd. II, S. 512, und Magde- 
burger Amtsbl. 1823). In den Grasschaften 
Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla bestanden 
ähnliche Verhältnisse (vgl. Horn, Das preuß. 
Medizinalwesen, Tl. I. S. 45). Durch den §F. 3 
des G. v. 18. Juni 1876, betr. die Einführung 
der Kreis-O. v. 13. Dez. 1872 in den Graf- 
schaften Wernigerode und Stolberg (G. S. 1876, 
S. 245), ist jedoch bestimmt worden, daß mit dem 
1. Okt. 1876 die von den Grafen Stolberg be- 
stellten Medizinalbeamten, sowie das mit der 
gräflichen Regierung verbundene Medizinalkolle- 
gium in Wernigerode außer Wirksamkeit treten 
und die Befugnisse und Obliegenheiten dieser Be- 
hörden auf die nach der Kreis-O. oder den sonst 
bestehenden allgemeinen Vorschriften zuständigen 
staatlichen oder kommunalen Behörden übergehen. 
Jetzt gelten lediglich die allgemeinen Vorschriften.
	        
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