Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Ortsverwaltung. 645 
(8. 98.) 
es können aber auch diese Geschäfte durch Anordnung der Regierung oder mit Ge— 
nehmigung derselben einem anderen Magistratsmitgliede oder einem sonstigen Gemeinde- 
beamten übertragen werden.1 
In den Städten und den diesen gleichgestellten Flecken der Provinz Hannover ist 
gleichfalls der Magistrat zugleich Verwalter der Gemeindeangelegenheiten und Organ der 
Staatsgewalt. Derselbe versieht als Kollegium auch insbesondere im Stadtgebiete die 
Polizei, sofern nicht die Regierung ein einzelnes Mitglied des Magistrats hiermit beauf- 
tragt oder dieser letztere mit Genehmigung des Regierungspräsidenten eine eigene Polizei- 
behörde angeordnet hat.) Als Organ der Staatsgewalt steht der Magistrat nur unter 
Leitung der vorgesetzten Regierungsbehörde und ist unabhängig von der Stadtgemeinde.“ 
In dem vormaligen Kurfürstentume Hessen, sowie in Nassau, ist der Ortsvorstand, 
früher Stadtrat in Hessen, Gemeinderat in Nassau genannt, jetzt Magistrat, gleich- 
zeitig diejenige Behörde, welcher die Verwaltung des Gemeinwesens gebührt und welcher 
obliegt, darauf zu sehen, daß die Gemeinde ihren Verpflichtungen gegen den Staat nach- 
komme. Der Ortsvorstand, welcher der erste und vollziehende Gemeindebeamte ist, ist 
zugleich Beamter des Staates in dem Orte und dessen Gemarkung "; er führt in den 
Städten Kassel, Marburg, Hanau, Fulda, den Titel Oberbürgermeister, in den anderen 
Städten und den Landgemeinden Bürgermeister.? Als Hilfsbeamter des Staates hat 
jeder Ortsvorstand in dem Orte und dessen Gemarkung diejenigen Geschäfte zu besorgen, 
welche den Ortsvorständen in dieser Eigenschaft nach den bestehenden Gesetzen nebst den 
zu deren Vollzuge dienenden Anordnungen der vorgesetzten Behörden obliegen.? Die 
Handhabung und Leitung der gesamten Polizei ist gleichfalls den Bürgermeistern über- 
tragen, nur in Frankfurt a. M. besteht ein königliches Polizeipräsidium, in Wiesbaden 
und Kassel je eine besondere königliche Polizeidirektion.?“ 
Für Hohenzollern ist durch die Gemeindeordnung v. 2. Juli 1900 (G. S., S. 189), 
welche für Stadt und Land gilt, an die Spitze der Gemeinden ein Bürgermeister mit zwei bis 
vier Schöffen gestellt, welche sämtlich gewählt und bestätigt werden müssen.!0 Der Bürger- 
meister ist Ortsobrigkeit und hat als solcher die gesamte lokale Verwaltung einschließlich 
der Polizeiverwaltung; in den Angelegenheiten der Staatsverwaltung hat der Bürger- 
meister die Anordnungen der vorgesetzten Behörden auszuführen (88. 54 ff., 64; bes. 68, 
Abs. 4, Ziff. 1 u. 71). 
II. In Gemeinden derjenigen bereits im Jahre 1850 zur Monarchie gehörigen 
Landesteile, wo sich eine Bezirksregierung, ein Land-, Stadt= oder Kreisgericht befindet, 
sowie in Festungen oder Gemeinden von mehr als 10000 Einwohnern kann die örtliche 
Polizeiverwaltung besonderen Staatsbeamten übertragen werden. 11 Analog ist diese Ein- 
richtung auch in den neuen Provinzen durchgeführt worden.! Demgemäß wird in 
einzelnen Städten die Polizei durch besondere königliche Polizeibehörden verwaltet. 12 
  
1 §. 90 a. a. O. 
: Revid. Städte-O. für Hannover v. 24. Juni 
1858, §. 38 (G. S. für Hannover 1858, Abt. I, 
S. 141 ff.). 
BUgl. hierüber das Nähere in §. 78 a. a. O. 
* S. 72 der Städte-O. v. 24. Juni 1858. 
5 §. 59 der Gemeinde-O. v. 23. Okt. 1834, 
für die Städte und Landgemeinden Kurhessens 
(G. S. für Kurhessen 1834, S. 181), jetzt 
Städte-O. für Hessen-Nassau v. 4. Aug. 1897 
(G. S., S. 254), 8. 32 ff., dazu die besondere 
Städte-O. v. 3. Juni 1891 (G. S., S. 107) 
für den Regierungsbezirk Wiesbaden, §§. 29 ff., 
56, 62. 
* Städte-O. für Hessen-Nassau, §. 61. 
* Städte-O., 8. 32. 
* Städte-O., §. 61 ff., besonders §. 67, II. 
Val. hierüber Städte O., §. 67, aber mit 
Kreis-O., s§. 23, 27. 
  
15 Über die Bildung eines kollegialen Gemeinde- 
vorstandes s. Gemeinde-O., §. 54, Abs. 5. 
11 G. v. 11. März 1850 über die Polizeiver= 
walt., §. 2. Die Sache selbst beruht bereits auf 
der Städte-O. v. 1808; s. E. Meier, Reform, 
S. 307 ff. 
15 Verordnung v. 20. Sept. 1867 (G. S., 
S. 265), §. 2, für Frankfurt a. M. Verordnung 
v. 29. Juni 1867 (G. S., S. 917). Uber die 
besonderen Verhältnisse in der Stadt Hannover 
s. Schön, S. 208. 
13 Nämlich in Berlin durch das Königl. Poli- 
zeipräsidium (vgl. oben, S. 380, über die dem 
Berliner Polizeipräsidenten unterstellten Polizei- 
direktionen in Charlottenburg, Rixdorf, Schöne- 
berg!, in Breslau, Königsberg und Cöln gleich- 
falls durch Polizeipräsidien, in Potsdam, Stettin, 
Danzig, Posen, Magdeburg, Koblenz, Saar- 
brücken St. Johann und Aachen durch Polizei=
	        
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