Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

646 Die Staatsbehörden. (8. 98.) 
Die besonderen Einrichtungen, die bezüglich der Polizeiverwaltung für Berlin und um- 
liegende Orte getroffen worden sind, s. oben, S. 603. 
III. In den Landgemeinden der sechs östlichen Provinzen wurde durch Geset v. 
14. April 18561 die gutsherrliche Polizeiverwaltung wiederhergestellt." Hier waren 
also die Gutsherrschaften (nämlich die Domänenämter in bezug auf die Amtsbdörfer, die 
Magistrate in bezug auf die Stadteigentumsdörfer, die Gutsbesitzer in bezug auf die selb- 
ständigen Güter und die Dorfgemeinden ihrer Güter), beziehungsweise die von denselben 
bestellten Stellvertreter, die lokalen Polizeibehörden; wo aber solche Gutsherrschaften nicht 
vorhanden waren, da traten die Landräte als untere Polizeiinstanz ein. Die Kreisordnung 
v. 13. Dez. 1872 (19. März 1881) hat indes (§F. 46) bestimmt, daß die Polizei im 
Namen des Königs ausgeübt wird, und zugleich die gutsherrliche Polizeigewalt für 
aufgehoben erklärt. Der §. 47 a. a. O. aber hat verordnet, daß jeder Kreis #mit 
Ausschluß der Städte) behufs Verwaltung der Polizei und Wahrnehmung anderer öffentlicher 
Angelegenheiten in Amtsbezirke zu teilen ist, in welchen, zufolge §. 59 a. a. O., der 
Amtsvorsteher die Polizei, soweit sie nicht durch besondere Gesetze dem Landrate oder 
anderen Beamten übertragen ist, sowie die sonstigen öffentlichen Angelegenheiten des Amtes 
nach näherer Vorschrift der Kreisordnung verwaltet.“ Durch diese Bestiumungen ist für 
das Gebiet der Kreisordnung v. 13. Dez. 1872 (19. März 1881) das Gesetz v. 14. April 
1856 beseitigt.? Der Amtsvorsteher wird vom Oberpräsidenten aus einer vom Kreistag 
aufzustellenden Liste von zu dem Amte befähigten Personen ernannt. Als Ortspolizei- 
behörde ist er Staatsbeamter und dem Landrat untergeordnet. Die auf eine kommunale 
Ausgestaltung des Amtsbezirks gerichteten Vorschriften der Gesetzgebung haben in den 
östlichen Provinzen der Monarchie eine erhebliche praktische Bedeutung nicht erlangt."“ 
Ortsobrigkeit und zugleich kommunale Ortsbehörden sind im übrigen, abgesehen von der 
Polizei, in den Dorfgemeinden die Gemeindevorsteher oder Schulzen?", denen eine 
Gemeindeversammlung und eine Gemeindevertretung zur Seite steht, in den selbständigen 
Gutsbezirken die Gutsvorsteher.s Neben dem gewählten Gemeindevorsteher stehen. 
in den östlichen Provinzen noch zwei bis sechs gleichfalls gewählte Schöffen oder Dorf- 
geschworene; in den übrigen Provinzen ist ein Stellvertreter für den Gemeindevorsteher zu 
bestellen. Das Amt des Gemeindevorstehers ist in der Regel Ehrenamt, doch können 
besoldete Gemeindevorsteher in größeren Gemeinden (über 3000 Einwohner) bestellt wer- 
den.? liber die Stellung der Gemeindevorsteher in der Rheinprovinz f. unten, IV. 
In Hessen-Nassau und Hohenzollern sind die Gemeindevorsteher der Landgemeinden 
Ortsobrigkeit, einschließlich der Ortspolizeiverwaltung. 10 « 
In der Provinz Hannover sind die Gemeindevorsteher der Landgemeinden 
obrigkeit ohne Polizeiverwaltung, welche den Landräten obliegt.11 
Orte— 
IV. In den Landgemeinden der Provinz Westfalen 12, sowie in denjenigen Städten 
  
direktoren. In den neuen Provinzen sind Polizei- 
präsidien in Hannover, Frankfurt a. M., Polizei- 
direktionen in Kiel, Kassel, Wiesbaden: dazu die 
Polizeibezirkskommissare in Düsseldorf, Elberfeld, 
Essen. 
1 G. S. 1856, S. 354. 
7 B9ll. die 4. Auflage dieses Werkes, Bd. 1, 
S. 5. 53 ff., 572 ff. 
3 Vgl. ebenda, S. 556. 
Vgl. das Nähere hierüber Kreis-S., §8.60—633, 
dazu Schön, Recht der Komm. Verb., S. 55 f. 
S. 374. 
5 Vgl. das Nähere hierüber unten, Bd. III 
(Polizei#. , 
* Landgemeinde O., S. 74 ff., 88. Uber 
kollegiale Gemeindevorstände bei Landgemeinden 
in den östlichen Provinzen und in Schleewig- 
Holstein s. Schön, Recht-d der Komm. Verb., 
187, ÖOstl. Landgemeinde- O., §. 74, Abfs. 6. 
8 
  
7 Kreis-O., §. 53, Landgemeinde-O., 88. 128 
—138. 
* Uber die Gutsbezirke Schön, S. 339 ff.. 
und die dort zitierte Literatur; Landgemeinde- 
O., §. 122 ff. 
° S. Schön, a. a. O., 
O., §. 75, Abs. 2. 
10 Kreis-O. für Hessen-Nassau, 88. 27—29. 
Landgemeinde-O. für Hessen-Nassau v. 4. Aug. 
1897 (G. S., S. 301), §. 45 ff., bes. SS. 59 
und 63, dazu jedoch der Vorbehalt „gemeinschoft- 
licher Ortspolizeibezirke“, §. 64. Hohenzoll. Ge- 
meinde-O. v. 2. Juli 1900 (G. S., S. 189.. 
88. 68, 71; s. oben Ziff. 1 a. E. 
11 Hannov. Kreis-O., 85. 24—30, 
meinde-O., §§. 69, 70 
1½ Vgl. zum folgenden Schön, S. 300 F. 
und die dort zitierte kümmerliche Literatur. Das 
interessante und praktisch hochbedeutsame verwal- 
S. 188, Landgemeinde- 
Landgc-
	        
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