Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Ortsverwaltung. (§. 98.) 647 
dieser Provinz, auf welche die Landgemeindeordnung v. 19. März 1856 Anwendung 
findet, bestehen Amtsbezirke, aus mehreren Gemeinden nebst den diesen gleichgestellten 
Gütern, oder auch aus einer Gemeinde gebildet, welchen ein Amtmann vorsteht. Diesem 
liegt, außer der Verwaltung der Amtskommunalangelegenheiten und der Angelegenheiten 
der zum Amte gehörigen Gemeinden, soweit diese von den Gemeinden auf das Amt über- 
tragen sind, die Verwaltung der Polizei im Amtsbezirke ob, desgleichen die Besorgung 
aller örtlichen Geschäfte in Landesangelegenheiten, soweit hierzu nicht besondere Behörden 
bestellt sind.? 
In denjenigen Gemeinden der Rheinprovinz, in welchen die Städteordnung v. 
15. Mai 1856 nicht eingeführt ist, sondern die Gemeindeordnung v. 23. Juli 1845 
gilt, bestehen Bürgermeistereien, aus mehreren Gemeinden oder auch aus einer Ge- 
meinde gebildet 32, welchen ein Bürgermeister vorsteht“, der dem Landrate untergeordnet 
ist.? Derselbe hat, außer der ihm obliegenden Verwaltung der Kommunalangelegenheiten 
der Bürgermeisterei, sowie der Angelegenheiten der Einzelgemeinden, die, sei es durch Ge- 
meindebeschluß, sei es durch Beschluß der Bürgermeistereiversammlung, auf die Bürger- 
meisterei übertragen sind, als Polizeiobrigkeit des Bürgermeistereibezirks in demselben 
die Polizeiverwaltung zu besorgen, sowie alle in Landesangelegenheiten vorkommenden ört- 
lichen Geschäfte, soweit hierzu nicht besondere Behörden bestellt sind. 
Die Amtmänner in Westfalen wie die Landbürgermeister in der Rheinprovinz stehen 
in ihrer Eigenschaft als Ortspolizeibehörden den Amtsvorstehern der östlichen Provinzen 
vollkommen gleich. Außerdem aber hat in jenen beiden Provinzen auch die kommunale 
Gestaltung dieser höheren Gemeindeverbände eine höchst lebens= und kraftvolle Entwick- 
lung gefunden, durch welche die Bedeutung der Einzelgemeinden und der an ihrer Spitze 
stehenden gewählten Gemeindevorsteher auf ein sehr geringes Maß eingeschränkt worden ist. 
Der Schwerpunkt der ländlichen Kommunalverwaltung liegt demgemäß in diesen Provinzen in 
den Samtgemeinden, die zugleich Ortspolizeibezirke sind; die Gemeindevorsteher der Einzel- 
gemeinden sind in kommunaler wie polizeilicher Hinsicht nur Hilfsorgane; die Orts- 
obrigkeit sind die Bürgermeister beziehungsweise Amtmänner. 
V. In den Landgemeinden der Provinz Schleswig-Holstein ist der Gemeindevor- 
steher (Lehnsmann) zugleich das Organ der Ortsobrigkeit und führt alle örtlichen Ge- 
schäfte der allgemeinen Verwaltung, sofern nicht andere Behörden oder Organe dazu be- 
stimmt sind.“ Dem Gemeindevorsteher steht ein Stellvertreter zur Seite, der ihn zu 
unterstützen und zu vertreten hat; beide werden von der Gemeindeversammlung gewählt. 
Es gelten in dieser Hinsicht jetzt für Schleswig-Holstein im wesentlichen die für die alten 
Provinzen nach Maßgabe der Landgemeindeordnung v. 3. Juli 1891 (G. S., S. 233) 
geltenden Vorschriften. In Gemeinden von über 2000 Einwohnern sowie in den Koogs- 
gemeinden des Kreises Tondern können nach Gemeindebeschluß besoldete Gemeindevorsteher 
angestellt werden; Gemeindevorsteher und Stellvertreter bedürfen der Bestätigung des 
Landrats; bei wiederholter Nichtbestätigung ernennt der Landrat unter Zustimmung des 
  
tungorechtliche Gebilde der rheinisch-westfälischen 2 A. a. O., 8. 74. 
Samtgemeinden hat leider noch keine irgend zu— s Gemeinde-O. für die Rheinprovinz v. 23. 
reichende theoretische Wertung gefunden. Juli 1845 G. S. 1845, S. 520, SS. 7, S. 
1 Landgemeinde O. für die Provinz Westfalen Derselbe wird nach Anhörung des Landrats 
v. 19. März 1856, 88. 4 und 69 (G. S. 1856, vom Sberpräsidenten auf Lebenszeit nach Vor 
S. 266 und 286). Der Amtmann wird vom schlag des Kreisausschusses ernannt und soll vor- 
Oberpräsidenten auf Lebenszeit nach Vorschlag des zugsweise aus den angesehenen Grundbesitzern im 
Kreieaueschusses, der die Amtsversammlung zu Bürgermeistereibezirke genommen werden (. 103 
hören hat, aus der Zahl der angesehenen Einge: a. a. O.1. 
sessenen, vorzugeweise der größeren Grundbesitzer, * A. a. O., S. 105. 
ernannt und verwaltet sein Amt als Ehrenamt * A. a. O., §. 108; s. besonders Schön, S. 
unentgeltlich Ehren-Amtmann. Findet sich kein 355. N. 3. 
geeigneter Eingesessener zur unentgeltlichen Uber- * Verordnung v. 22. Sept. 1867, betr. die 
nahme des Amiee, so bestellt der Regierungsbrä. Landgemeindeverfassungen im Gebiete der Herzog- 
sident den Ammann nach Anhörung der Amts- tümer Schleswig und Holstein, §. 23 (G. S. 
versammlung und des Landrats, womöglich ans 1907, S. 1608,, letzt Landgemeinde O. v. 4. Juli 
der Zahl der geeigneten Eingesessenen iss.70 und 1892 (G. S., S. 14½—, S. 74 ff., besonders 
71 a. a. O.. S. SS. · 
 
	        
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