Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

660 Die Staatsbehörden. (§. 101.) 
bestimmt. Es bestehen im ganzen 14 Oberlandesgerichte, 91 Landgerichte und 1090 Amts- 
gerichte.:? Die Größe der Landgerichtsbezirke bewegt sich in der Regel? zwischen rund 
200000 und rund 600000 Gerichtseingesessenen. Einzelne preußische Gebietsteile sind 
Landgerichten und einem Oberlandesgerichte angeschlossen, welche in anderen deutschen Bundes- 
staaten ihren Sitz haben; andererseits sind einige nichtpreußische Landesteile preußischen 
Gerichten unterstellt.“ 
II. Betreffend die Geschäftseinrichtung und Zuständigkeit der Gerichte. 
A. Die Amtsgerichte." 
1. Denselben stehen Einzelrichter vor.7 Ist ein Amtsgericht mit mehreren 
Richtern besetzt, so erledigt gleichwohl jeder Amtsrichter die ihm obliegenden Geschäfte 
als Einzelrichter.¾ Die Geschäfte werden in diesem Falle nach örtlich abgegrenzten Be- 
zirken, oder, wenn das Interesse der Rechtspflege dies erfordert, nach Gattungen oder 
nach Gattungen und Bezirken verteilt; die Verteilung erfolgt durch das Präsidium des 
Landgerichts im voraus auf die Dauer eines Geschäftsjahres nach den von dem Justiz-- 
minister festgestellten Grundsätzen; die Gültigkeit der Handlung eines Amtsrichters wird 
übrigens nicht dadurch berührt, daß die Handlung nach der Geschäftsverteilung von einem 
anderen Amtsrichter vorzunehmen gewesen wäre.“" Mehrere Richter desselben Amts- 
gerichts vertreten sich wechselseitig in der durch das Präsidium des Landgerichts im 
voraus bestimmten Reihenfolge,10 Die Vertretung der Amtsrichter durch Richter benach- 
barter Amtsgerichte kann von der Justizverwaltung im voraus angeordnet werden; eine 
solche Anordnung muß erfolgen bei Amtsgerichten, welche nur mit einem Richter besetzt 
sind. 1 Wenn ein Amtsgericht mit mehreren Richtern besetzt ist, so wird einem der- 
selben die allgemeine Dienstaufsicht über die bei demselben angestellten oder beschäftigten 
nichtrichterlichen Beamten durch den Justizminister übertragen; ist die Zahl der Richter 
  
1 Abänderungen und Berichtigungen der Ver= Laband III, S. 405 f. Über Rangverhältaise 
ordnungen v. 26. Juli 1878 und 5. Juli 1879 der Amtsgerichts= und Landgerichtsräte s. Ver- 
sind erfolgt durch die Verordnungen v. 1. Okt. ordnung v. 21. Nov. 1888 (G. S., S. 334), 
1879 (G. S. 1879, S. 6157, 10. Nov. 1879 wonach die Hälfte der Land= und Amterichter den. 
(a. a. O., S. 627), 26. Febr. 1880 (G. S. 1880, Rang der Räte vierter Klasse erhalten können. 
S. 84), 2 Okt. (a. a. O., S. 363), 9. Nov. s 8. 22 Abs. 2, a. a. O. 
1581 2 S. 1581 S. 341), 26. April 1882 i .. 23 des Aussühr. Ges. v. 24. April 1878 
(G. 1882, S. 223), 21. Juni 182 k4. g. (G. 187 8, 230 ff.). — Nach dem Zirk. 
*. 325), v. 1. Juti 1582 (. o. OS, S. Feitr des Zust. Min. v. 31. Juli 1870 ut. 
Lar v. 21. und 23. Sept. 1882 (a. a. O. 
Min. Bl. 1879, S. 198) sind gewisse Geschäfte 
3. insx irle d ds „rses v. (hie richerliche Tängkeit bei Bildung des Schößen- 
Pegerichts und der Vorsitz in demselben; die Fuh- 
* Vgl. das Nähere hierüber oben, §. 98. rung des Handels-, Genossenschafts-, Muster= und 
: Nämlich abgesehen von der durch lokale Ver= Schiffsregisters, die nach der Hinterlegungsordn. 
hältnisse bedingten ungewöhnlichen Größe des v. 14. März 1879 dem Amtzgerichte obliegende 
Landgerichts Berlin I (rund 2 Mill. Seelen) und Verwahrung von Geldern, Wertpapieren. Kost- 
ausnahmsweisen Kleinheit des Landgerichts zu barkeiten und letztwilligen Verordnungen) steis 
Hechingen (rund 67,000 Seelen). nur einem Richter zu übertragen; im übrigen soll 
Vgl. hierüb t . 677 ff bei den mit zwei Richtern besetzten Amtegerichten 
gl. Nerüber unten, S. 7 die Verteilung der Geschäfte nach örtlich abge- 
5 Die v. Rönnesche Darstellung schließt sich grenzten Bezirken, bei den mit mehr Richtern 
lediglich an die gesetzlichen Bestimmungen an. besetzten Amtsgerichten die Verteilung nach Gat- 
Den bedeutsamen Versuch einer Scheidung des tungen die Regel bilden, hinsichtlich der mit drei 
prozessualischen und des staatsrechtlichen Teiles Richtern besetzten Amtsgerichte aber in jedem Falle 
der Materie gibt Laband III, S. 398 ff. mit besonders erwogen werden, welche Art der Ge- 
einer Fülle von anregenden Gedanken, besonders schäftsverteilung dem Interesse der Rechtspflege am 
bezüglich des Gerichtsdienstes (§. 91,, der nach meisten entspricht. 
seinen drei Bestandteilen gegliedert wird in 1) ge- 10 s 
setzlicher Gerichtsdienst Schöffen, Geschworene, 1878. S 24, abf. 1 des Ausführ. Ges. v. 24. Aprit 
Beisitzer von Sopezialgerichten", 2), berufemäßiger 
Gerichtedienst, 3) Ehren- Gerichtedienst (Handels- 15 — Leepü Verr Twrt 
richtern Anordnung sich nicht auf bürgerliche Rechtsstrei- 
Struckmann und Koch II, S. 506 ff. tigteiten, Strafsachen und Konkurssachen erstreckt, 
  
*'§. 22, Abs. 1 des D. Gerichtsverf. Ges., in welchen vielmehr im Falle der Behinderung
	        
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