Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Behörden für die Ausübung der ordentlichen Gerichtsbarkeit. (8. 101.) 67 
der Verwaltung des Reichsinvalidenfonds haben vor Antritt ihres Amtes in öffentlicher 
Sitzung des Reichsgerichts den Diensteid zu leisten. 1 Dem Reichsgerichte stehen ferner 
Aussichts= und Disziplinarbefugnisse über die richterlichen Beamten in Elsaß-Lothringen 
zu. 3 Außerdem entscheidet das Reichsgericht Streitigkeiten zwischen den Gerichten und 
Verwaltungsbehörden der freien Hansestadt Bremen? und in den vereinigten Zivil- 
senaten gewisse ihm durch die Verfassung der freien und Hansestadt Hamburg zugewiesene 
Streitfragen zwischen dem Senate und der Bürgerschaft.“ 
F. Gerichtsgemeinschaften. Der Preußische Staat hat mit einigen Klein- 
staaten Staatsverträge abgeschlossen, durch welche für bestimmte aus preußischen und 
nichtpreußischen Gebietsteilen gebildete Bezirke gemeinschaftliche Gerichte errichtet worden 
sind, und zwar ist dies in doppelter Weise geschehen, indem teils preußischen Gerichten 
die Gerichtsbarkeit über nichtpreußische Gebietsteile übertragen ist, so daß dem preußischen 
Gerichte eine fremde Gerichtsbarkeit delegiert ist, teils wirkliche Gerichtsgemeinschaften 
gebildet sind, welche Träger der Gerichtsbarkeit mehrerer Einzelstaaten sind. 
I. Eine Unterstellung außerpreußischer Gebietsteile unter preußische Gerichte ist erfolgt: 
1. bei den Amtsgerichten nur insofern, als fürstlich lippe-detmoldsche Gebietsteile 
(das Amt Lipperode und das Stift Kappel) dem Bezirke des Amtsgerichts Lippstadt an- 
geschlossen sind.“ 
2. Preußische Landgerichte sind zu Landgerichten über nichtpreußische Gebietsteile 
bestellt, nämlich a) das Landgericht zu Saarbrücken bezüglich des großherzoglich olden- 
burgischen Fürstentums Birkenfeld7; b) das Landgericht zu Erfurt bezüglich des Fürsten- 
tums Schwarzburg-Sondershausen?; c) das Landgericht zu Kassel bezüglich des Fürsten- 
tums Waldeck und das Landgericht zu Hannover bezüglich des Fürstentums Pyrmont. 
Die dem zu 1. gedachten Amtsgerichte und den zu 2. gedachten Landgerichten 
übergeordneten Gerichte höherer Ordnung nehmen die ihnen als solchen obliegenden Ge- 
schäfte auch bezüglich der erwähnten Gebietsteile wahr. 
Außerdem sind aber auch 
3. preußische Oberlandesgerichte allein zu Oberlandesgerichten über nichtpreußische 
Gebietsteile bestellt, nämlich: a) das Oberlandesgericht zu Naumburg für das Herzog- 
tum Anhalt 10; b) das Oberlandesgericht zu Celle für das Fürstentum Lippe. 17 
II. Gemeinschaftliche Gerichte sind: a) das Landgericht zu Meiningen für die herzog- 
lich sachsen -meiningenschen Kreise Meiningen, Hildburghausen und Sonneberg, die 
königlich preußischen Kreise Schleusingen und Schmalkalden und das Herzogtum Koburgs; 
b) das Landgericht zu Rudolstadt für das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, den 
  
1 §F. 12 des G. v. 23. Mai 1873, betr. die. Art. 7, 8 des Staatsvertrags v. 4. Jan. 1879 
Gründung und Verwaltung des Reichsinvaliden= (G. S. 1879, S. 219). 
fonds (R. G. Bl. 1873, S. 117). 7 Staatsvertrag v. 20. Aug. 1878 (G. S. 
: G. v. 14. Juni 1871 (R. G. Bl. 1871, 1879, S. 165). » 
S. 315). Die unter Nr. IV bis hierhin er- Staatsvertrag v. 7. Okt. 1878 (R. G. Bl. 
wähnten, früher zur Zuständigkeit des Reichs- 1879, S. 173). *# ç 
oberhandelsgerichts gehörigen Geschäfte sind zufolge Die Bestellung preußischer Gerichte zu Ge- 
des G. v. 16. Juni 1879 (R. G. Bl. 1879, ichten für die Fürstentümer Waldeck und Pyr- 
S. 157) auf das Reichsgericht übergegangen. mont ist auf Grund des Art. 6 des Staatsver- 
„ Verordnung v. 28. Sept. 1879 (R. G. Bl. trags v. 24. Nov. 1877, betr. die Fortführung 
1879. S.: 9 v. 75. Sept- 9 . der Verwaltung der Fürstentümer Waldeck und 
879, S. 293). Vgl. §. 17, Abs. 1 des Ein. - —- 
füthesumDGmdtsvcr-Ges Pyrmont durch Preußen (G. S. 1878, S. 18), 
Vekl- 3 nr h A. ——-. durch den Art. 6 des waldeckschen Gesetzes v. 
* G. v. 14. März 1331 (N. G. Bl. 1881, 1. Sept. 1879 (G. S. 1879, S. 619) erfolgt. 
S. 37). 1% Staatsvertrag v. 9. Okt. 1878 (G. S. 1879, 
5 Die staatsrechtliche Zulässigkeit solcher Bile S. 1382). 
dungen ist, da die Verf. Urk. v. 31. Jan. 1850 11 Art. 1 des Staatsvertrags v. 4. Jan. 1879 
in ihren Bestimmungen über die richterliche Ge= (6G. S. 1379, S. 219). 
walt lediglich vreußuche Gerichte voraussetzt, durch 12 Siatsbertrag v. 17. Okt. 1878 (G. S. 
das G. v. 19. Febr. 1879, betr. eine Zusaubestim= 1878, 189: dazu Nachtrag v. 19. Febr. 1897 
mung zu den Art. 86 und 87 der Verf. Urk. (G. . S. 189), auf 25 Jahre verlängert durch 
(G. S. 1879, S. 18#, festgestellt worden. Vgl. Staatsvertrag v. 27. Nov. 1903 (G. S. 1904, 
hierüber Laband, Ro. III, S. 373 f. Z. 245. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.