678 Die Staatsbehörden. (§. 102.)
herzoglich sachsen = meiningenschen Kreis Saalfeld und den königlich preußischen Kreis
Ziegenrücck.1
Mit den zu a und b genannten preußischen Gebietsteilen hat Preußen sich dem
auf Grund eines Vertrags der Thüringischen Staaten v. 19. Febr. 1877 2 errichteten
gemeinschaftlichen Oberlandesgerichte zu Jena angeschlossen. Der Bezirk des Ober-
landesgerichts zu Jena ist ferner in zwei Schwurgerichtsbezirke mit dem Sitze des Schwur-
gerichts in Gera und Meiningen geteilt; der Bezirk des Landgerichts zu Rudolstadt ist
dem ersteren, der des Landgerichts zu Meiningen dem letzteren zugewiesen."“
§. 102.
Die Staatsanwaltschaft.“
I. Das Deutsche Gerichtsverfassungsgesetz hat die Organisation und die Zuständig-
keit der Staatsanwaltschaft nur insoweit geregelt, als die Mitwirkung der Staatsanwalt-
schaft bei Ausübung der Gerichtsbarkeit der ordentlichen Gerichte im Verfahren der
Prozeßordnungen in Frage steht. Dagegen enthält dasselbe keine Bestimmungen darüber,
ob und welche Tätigkeit der Staatsanwaltschaft außerhalb des Gebietes der Prozeßord-
nungen beizulegen ist, namentlich, ob der Staatsanwaltschaft eine Mitwirkung bei der
Justizverwaltung und Justizaufsicht und bei der Ausübung der nicht streitigen Gerichts-
barkeit zuzuweisen ist. Vorausgesetzt ist aber bei den Vorschriften des Gerichtsverfassungs-
gesetzes, daß die ganze Staatsanwaltschaft eine einheitliche, unter einer
obersten Leitung stehende Organisation ist; diese Organisation ist, ab-
gesehen von der Staatsanwaltschaft beim Reichsgericht, eine landesrecht=
liche; ihr gehört auch die sogenannte Amtsanwaltschaft bei den Amtsgerichten an.“
Der Wirkungskreis der Staatsanwaltschaft in den vor die ordentlichen Gerichte gehörigen
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen ergibt sich aus den Vorschriften der
Prozeßordnungen, sowie aus einzelnen Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes.
Das Gerichtsverfassungsgesetz gibt für die Staatsanwaltschaft nur die allgemeinen Grund-
züge, bestimmt die Gerichte, bei welchen Staatsanwälte fungieren, sowie die örtliche Zu-
ständigkeit der Beamten der Staatsanwaltschaft, ordnet die Vertretung derselben, regelt
das Subordinationsverhältnis und erteilt über die Qualifikation und Anstellung des Ober-
reichsanwaltes und der Reichsanwälte bestimmte Vorschriften. Im übrigen wird die
Organisation der Staatsanwaltschaften lediglich den Einzelstaaten überlassen.
II. „Bei jedem Gerichte soll eine Staatsanwaltschaft bestehen.“ 7
Die Staatsanwaltschaft ist in ihren Amtsverrichtungen von den Gerichten
unabhängig, dagegen haben deren Beamte den dienstlichen Anweisungen
1 Staatsvertrag v. 17. Okt. 1878 (G. S. 1878,
S. 196); dazu Nachtrag v. 25. Febr. 1898
(G. S., S. 113), auf 25 Jahre verlängert durch
Staatsvertrag v. 27. Nov. 1903 (G. S. 1904,
S. 247).
2 G. S. 1879, S. 205.
Staatevertrag v. 19. Febr. 1877 u. 23. April
1878 (G. S. 1879, S. 202), bis 1. Okt. 1929
verlängert durch Staatsvertrag v. 27. Nov. 1903
(G. S. 1904, S. 249).
Staatsvertrag v. 11. Nov. 1878 (G. S. 1879,
216); Nachtrag v. 30. März 1889 (G. S.,
197) und v. 25. Febr. 1898(G. S., S. 343).
* Vgl. König, Die Geschäftsverwaltung der
Staatsanwaltschaft in Preußen. Spystematische
Darstellung des Inhalts der auf den Geschäfts-
betrieb der Staatsanwaltschaft bezüglichen Kabi-
nettsorders, Reglements und Restripte (Berlin,
&. G
1882); Laband, Bd. III, S. 415 ff. und die
dort zitierte Literatur; Struckmann u. Koch,
Bd. II, S. 564 ff.
( S. dazu Laband, Zd. III, S. 417, N. 1.
7 §. 142 des D. Gerichtsverf. Ges., welche Be-
stimmung jedoch nicht die Bedeutung hat, daß
bei jedem einzelnen Gerichte ein besonderer Be-
amter der Staatsanwaltschaft zu bestellen ist,
sondern es steht nichts entgegen, daß derielbe
Staatsanwalt bei mehreren Gerichten das Amt
der Staatsanwaltschaft versieht, daß namentlich
ein bei einem Landgerichte angestellter Staars-
anwalt zugleich zum Amtsanwalte bei einem
Amtegerichte des Bezirks bestellt wird #vgl. die
Begründung des Entw. des D. Gerichtsverf. Ges.
lzum §. 113 des Entw.] in den Stenogr. Ber.
des Reichst. 1874—75, Bd. III, Aktenst. Nr. 4.
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S. 76, Sp. 2).