682 Die Staatsbehörden. (8. 102.)
vorsteher beim Landgericht Berlin I, sowie die zu Vertretern der Oberstaatsanwälte berufenen
Staatsanwälte den Titel Erster Staatsanwalt.! Staatsanwalt im staatsrechtlichen Sinne
ist nur der erste Beamte der Behörde, alle übrigen sind seine Hilfsarbeiter.
Der Oberreichsanwalt und die Reichsanwälte werden auf Vorschlag des Bundes-
rats vom Kaiser 3, die Oberstaatsanwälte und die Staatsanwälte vom Könige ernannt."
Der Oberreichsanwalt, die Oberstaatsanwälte und die Staatsanwälte sind nicht richter-
liche Beamte und stehen daher hinsichtlich der Disziplin, der Versetzbarkeit usw. unter den
für die nicht richterlichen Staatsbeamten geltenden Bestimmungen. Zu den Amtern der
Staatsanwaltschaft können jedoch nur zum Richteramte befähigte Beamte ernannt werden.“
Der Oberreichsanwalt und die Reichsanwälte können durch kaiserliche Verfügung, Beamte
der Staatsanwaltschaft bei den übrigen Gerichten durch königliche Verfügung jederzeit mit
Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes einstweilig in den Ruhestand versetzt werden.
Auch mit der einstweiligen Wahrnehmung von Geschäften der Staatsanwaltschaft bei den
Oberlandesgerichten und den Landgerichten können nur zum Richteramte befähigte Per-
sonen beauftragt werden.
Die Reichsanwaltschaft ist, außer wo das Reichsgericht erste Instanz ist, den Staats-
anwaltschaften der Einzelstaaten nicht übergeordnet. Eine Reichsaufsicht über die Ein-
richtungen der Staatsanwaltschaft besteht nur nach Maßgabe und im Rahmen des durch
Reichsverfassung Art. 17 dem Kaiser übertragenen Überwachungsrechtes? für Durch-
führung der Reichsgesetze.
V. Die Organisation der Staatsanwaltschaft bei den Amtsgerichten, die Amts-
anwaltschaft 10 betreffend, so werden die Amtsanwälte auf Widerruf ernannt und es
sind für die Befähigung zu diesem Amte keine Bedingungen vorgeschrieben. Die Ge-
schäfte derselben können von dem Justizminister einem Staatsanwalte, einem Gerichts-
assessor, sofern derselbe nicht gleichzeitig mit richterlichen Geschäften in Strafsachen be-
traut wird, oder einem Referendar übertragen werden. Insoweit diese Befugnis nicht
zur Anwendung kommt, erfolgt die Ernennung des Amtsanwalts durch den Oberstaats-
anwalt nach Anhörung des Regierungspräsidenten. 1 Vorsteher der Gemeindeverwaltung
am Sitze des Amtsgerichts sind verpflichtet, die Geschäfte eines Amtsanwalts zu über-
nehmen, sofern nicht die örtliche Polizeiverwaltung königlichen Behörden übertragen ist.
Wird von der Gemeindebehörde eine andere geeignete Person in Vorschlag gebracht, welche
zur Übernahme dieser Geschäfte bereit ist, so fällt die Verpflichtung des Vorstehers der
Gemeindeverwaltung fort. 1 Neben dem Vorsteher der Gemeindeverwaltung ist auf An-
trag der Gemeindebehörde eine von dieser vorgeschlagene geeignete Person zum Stell-
vertreter des Amtsanwalts zu bestellen. Über die Verteilung der Geschäfte entschceider
der Vorsteher der Gemeindeverwaltung. 12 Die Kosten, welche aus der Führung der Amts-
anwaltsgeschäfte erwachsen, fallen in jedem Falle dem Staate zur Last; die Amtsanwälte
die Ersten Staatsanwälte zur vierten, die Staats-
anwalte zur fünften Rangklasse der höheren Pro-
vinzialbeamten. Allerhöchster Erlaß v. 11. Aug.
1879, G. S. 1879, S. 579.)
1 Allerhöchster Erlaß v. 14. April 1902 G. S.,
S. 123.
4 Gerichtover f. (es., §. 145: Laband, Bd. III,
S. 418.
3 S. 150,
4 S.
Abs. 1 des D. Gerichtoverf. Ges.
60 des Ausführ. Ges. v. 2.1. April 1878.
S. 149 des D. Gerichtoverf. (Ges., 5. 61 des
Ausführ. Ges. v. 24. April 1878.
* Für den Oberreichganwalt und die Reichs-
anwalte drei Vierteile des Gehalts, jedoch nicht
weniger als 4%0 Mark und nicht mehr als
9°000 Mark jährlich §. 26 des G. v. 31. März
1873, betr. die Rechtoverh. der Reichsbeamten,
R. (#. Bl. 1873, S. 61,, für die übrigen Slaats-
anwaälte die durch die Allerhöchien Erlasse v.
3.
O
11. Juni und 24. Okt. 1848 (G. S
338) bestimmten Sätze.
S. 150. Abs. 2 des D. Gerichtsverf. Ge.,
1818, S. 1
&. 87, Nr. 2 des Ges. v. 21. Juli 1852 (G. S.
*)m b S. 165)1.
. 67 des Ausführ. Ges. v. 24. April 1879.
. hierher auch Laband, Bd. III, S. 420 fl.,
bel über die hieraus sich ergebenden Folgerungen
für die Rechtehilfe, die nur von dem eigenen Er-
messen der angerufenen Behörde abhängig in.
Ubder den Fall des Gerichtsverf. Ges., §. 144.
Abs. 3, s. oben, S. 680, N. 5.
10 Geschäftsanweisung für die Amtsanwälte v.
28. Aug. 1879 (Inst. Min. Bl. 1879, S. 261), ab-
geändert durch die allgemeine Versügung des Justit
min. v. 12. Sept. 1881 (Just. Min. Bl., S. 1821.
11 S. 63 des Ausführ. Ges. v. 24. April 18“7.
13 S. 64, Abs. 1 a. a. O.
18 §. 64, Abs. 2 a. c. O