Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

690 Die Staatsbehörden. (8. 104.) 
Die Gefangenaufseher haben im Dienste, sowohl innerhalb wie außerhalb des Gefängnisses, 
stets die vorgeschriebene Dienstkleidung zu tragen.1 
Die Bestellung der Inspektoren und Unterbeamten der Gefängnisverwaltung erfolgt 
durch den Oberstaatsanwalt in Gemeinschaft mit dem Oberlandesgerichtspräsidenten; bei 
der Anstellung von Beamten solcher Gefängnisse, welche einen besonderen Etat haben, 
findet eine Mitwirkung des Oberlandesgerichtspräsidenten nicht statt. 
Bei größeren Gefängnissen können mehrere Inspektionsbeamte, auch Rechnungs= und 
Kanzleibeamte, sowie Beamte für den technischen und wirtschaftlichen Betrieb angestellt 
werden. Geistliche, Arzte und Lehrer werden nach Bedürfnis angestellt oder es wird mit 
ihnen durch Vertrag ein besonderes Abkommen getroffen. Die Dienststellung und der 
Umfang der Dienstpflichten aller dieser Beamten wird durch besondere Bestimmungen für 
das einzelne Gefängnis geregelt.) Für umfangreiche Gefängnisse kann zur Mitwirkung 
bei der Verwaltung eine Kommission bestellt werden, deren Zusammensetzung und Ge- 
schäftskreis im einzelnen Falle geregelt wird." 
Dem Oberstaatsanwalte gebührt unter der Aufsicht des Justizministers die obere 
Leitung der Verwaltung der sämtlichen Gefängnisse des Oberlandesgerichtsbezirks. Er 
hat die geeigneten allgemeinen Vorschriften über den Geschäftsbetrieb und die Ordnung 
in den Gefängnissen zu erlassen und die im einzelnen Falle etwa erforderliche Abhilfe 
von Amts wegen oder auf erhobene Beschwerde zu treffen. 
8. 104. 
Die Rechtsanwaltschaft.“ 
I. Der Rechtszustand bezüglich der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und ihrer 
Organisation war im Preußischen Staate früher ein verschiedenartiger je nach der Ver- 
schiedenartigkeit des gerichtlichen Verfahrens, insbesondere in den bürgerlichen Rechts- 
streitigkeiten." In den alten Provinzen, mit Ausnahme der Rheinprovinz, in welchen 
das Verfahren im Zivilprozeß im wesentlichen ein schriftliches mit mündlicher Schluß- 
verhandlung war und ein Anwaltszwang nur in dem Sinne bestand, daß die Schrift- 
sätze in den nicht zur Zuständigkeit der Einzelrichter gehörigen Sachen, abgesehen von der 
Klage, durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein mußten, waren Prokuratur und Advo- 
katur vereinigt. Die Rechtsanwälte waren Staatsdiener, wurden im Namen des Königs 
durch den Justizminister ernannt; die Befähigung zur Stelle eines Rechtsanwalts wurde 
durch die Ablegung der zum Richteramte befähigenden Staatsprüfung erlangt.& Die 
Ernennung zum Rechtsanwalt erfolgte nach Bedürfnis bei einem bestimmten Gerichte 
(Obertribunal, Appellationsgericht, Kreisgericht) und mit Anweisung des Wohnsitzes an 
dem Sitze des Gerichts? oder einer zu dem Kreisgerichte gehörigen Deputation oder 
Kommission.! Die Prozeßpraxis des Rechtsanwalts war auf den Bezirk des Gerichts 
beschränkt, bei welchem er angestellt war. 11 Wenn das Gericht erster und zweiter Instanz 
  
1 §. 16, Abs. 3 a. a. O. Beitr. zur Kenntnis der bestehenden Gerichtsverf. 
2 8. 3, Abs. 3 des Zirk. Reskr. des Justizmin in dem Preuß. Staate, Bd. I, S. 420 ff., v. Rönne, 
v. 14. Aug. 1879 (Just. Min. Bl. 1879, S. 242). Ergänzungen u. Erläuterungen der Preuß. Rechtsb. 
§. 2, Abs. 2, 3, §. 17 der Gefängnisord= (3. Ausg.) zur A. G. O., Bd. I, S. 3 (Bd. VII. 
nung v. 21. Dez. 1898. S. 285 ff.), und zur A. G. O., Bd. III, S. 7 
K. 2, Abs. 4 a. a. O. (Bd. VIII, S. 540 ff.). 
5 S. 24 a. a. O. * A. G. O., Bd. III, S. 7, §§. 2, 3, Anh., 
* S. bes. die gedankenreichen, aber m. E. den §. 462, Verordnung v. 2. Jan. 1849, §s. 36, 37 
Gesichtspunkt des „Gewerbes“ zu stark betonen- (G. S. 1849, S. 1), G. v. 6. Mai 1869, K. 1 
den Erörterungen bei Laband, Bd. III, S.425 ff.; (G. S. 1869, S. 656). "# 
v. Rönne hatte die Rechtsanwaltschaft an anderer " » 
Stelle des Systems behandelt, nämlich 4. Aufl., d . G. nd |9 88. 5, 6, Ver 
Bd. IV, S. 87 ff., unter „Rechtepflege“. ordnung *. Jan. ! S. 30. 
! Vgl. die Darstellung in der Anl. C zu den Berordnung v. 2. Jan. 1849, §. 21, G. v. 
Motiven des Entw. der D. Rechtsanwalts O. in 26. April 1851, Art. 7 (G. S. 1851, S. 181). 
l 
denStcnogr.Bcr.desReichst.1878,Bd.lll,»UA.G.O.,Bd.lll,S.7,§.7,Betokdnung 
Aktenst. Nr. 5, S. 106 ff. — Vgl. auch Starke, v. 2. Jan. 1849, §. 30. 
 
	        
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