Die Disziplinarbehörden. (8. 107.) 729
hessen-homburgischen Oberamtsbezirks Meisenheim und der vormals bayerischen Enklave
Kaulsdorf, eingeführt. Die Geltung beider Gesetze in dem Bezirke des vormaligen Ober-
amtes Meisenheim beruht auf dem §. 2 der Verordnung v. 13. Mai 18671 und in
der Enklave Kaulsdorf auf dem Art. I der Verordnung v. 22. Mai 1867.3 Für die
Jadegebiete gelten beide Gesetze zufolge des §. 2 des Gesetzes v. 23. März 1873.7
Das Disziplinargesetz v. 21. Juli 1852, betreffend die nicht richterlichen Beamten, ist
auch im vormaligen Herzogtum Lauenburg (jetzt Kreis Herzogtum Lauenburg) durch den
§. 1, Ziffer 2 des Gesetzes v. 25. Febr. 1878“ eingeführt worden; hinsichtlich der richter-
lichen Beamten und der Notare kam dagegen in jenem Kreise noch das lauenburgische
Gesetz v. 4. Dez. 1869° zur Anwendung; nachdem indes durch den §. 27 des Gesetzes
v. 9. April 18797 die Bestimmungen der Gesetze v. 7. Mai 1851 und v. 26. März 1856
für die richterlichen Beamten auch im Kreise Herzogtum Lauenburg für anwendbar erklärt
worden sind und durch den §. 21 desselben das lauenburgische Gesetz v. 4. Dez. 1869 be-
züglich der Notare beseitigt ist, gelten die vorgedachten Disziplinargesetze im ganzen Be-
reiche der Monarchie. Die bisherigen Vorschriften Üüber die Disziplinargerichtsbarkeit stehen
aber mit der Organisation der ordentlichen Gerichtsbehörden nach verschiedenen Richtungen
hin im engsten Zusammenhange. Das Obertribunal war der höchste Gerichtshof für die
richterlichen Beamten, die Appellationsgerichte bildeten die Disziplinargerichte erster Instanz
für die richterlichen Beamten sowie für die Bureau= und Unterbeamten bei den Gerichten,
und verschiedene Befugnisse, welche die Handhabung der Disziplin betreffen, wurden von
den Vorständen der Gerichte und Staatsanwaltschaften ausgeübt. Die auf Grund des
Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes v. 27. Jan. 1877 und des Ausführungsgesetzes zu
demselben v. 24. April 1878 (vgl. §§. 12 und 58 desselben) eingetretene Aufhebung der
bisherigen Gerichte und Staatsanwaltschaften machte daher Bestimmungen notwendig, durch
welche die Disziplinargerichtsbarkeit in betreff jener Beamten im Anschlusse an die neue
Organisation der Behörden anderweit geregelt wird. Diese ergingen durch das Gesetz
v. 9. April 1879, betreffend die Abänderung von Bestimmungen der Disziplinargesetze",
welches übrigens die bisherigen Vorschriften über das materielle Disziplinarrecht und
über das Verfahren im wesentlichen unberührt läßt. In allen Disziplinarsachen werden
nur bare Auslagen erhoben. 10
II. Die Disziplinarbehörden für richterliche Beamte.
1. Die Verhängung disziplinarischer Maßregeln außerhalb eines eigentlichen Dis-
ziplinarverfahrens ist gegen richterliche Beamte auf die Befugnis beschränkt, einen
Richter, wenn ihm ein geringes Dienstvergehen zur Last fällt, nach einer vorher von
ihm erforderten Erklärung auf die Pflichten aufmerksam zu machen, welche ihm sein
Amt auferlegt. 11
2. Die für das eigentliche Disziplinarverfahren gegen richterliche Beamte zuständigen
Disziplinargerichte sind die in der Besetzung mit sieben Mitgliedern entscheidenden Dis-
ziplinarsenate bei den Oberlandesgerichten und der große Disziplinarsenat bei dem Kammer-
gerichte zu Berlin, der in der Besetzung mit 15 Mitgliedern entscheidet. 15
1 G. S. 1867, S. 700.
1„ G. S. 1867, S. 729.
2 G. S. 1873, S. 107.
1* G. S. 1878, S. 97.
5 Hinsichtlich der Notare enthielt das in Lauen-
burg eingeführte Gesetz v. 21. Juli 1852 nur
vereinzelte neue Vorschriften.
Offiz. Wochenblatt für Lauenburg 1869,
Extraausgabe, S. 349.
7 G. S. 1879, S. 345. .
* Vgl. Bd. I. S. 470. — Uber die Organi-
sation der Disziplinarbehörden in den (der
preußischen Verwaltung unterliegenden) Fürsten-
tümern Waldeck und Pyrmont pvgl. die Verord-
nung v. 18. Jan. 1869 (G. S. 1869, S. 209 ff.),
die Verordnung v. 2. Nov. 1874 (G. S. 1874,
S. 353), das Staatsdienstgesetz v. 9. Juni 1855
(Regier. Bl. 1855, S. 191) und das G. v. 1. Sept.
1879, betr. die Abänderung von Bestimmungen
der Disziplinargesetze in den Fürstentümern Wal-
deck und Pyrmont (G. S. 1879, S. 621 ff.).
* G. S. 1879, S. 345 ff. und über die Ent-
stehungsgeschichte dieses Gesetzes Bd. 1, S. 470,
474 ff.
10 Preuß. Gerichtskostenges. v. 25. Juni 1895
(G. S., S. 203), S. 123.
11 Vgl. das Nähere hierüber in Bd. I, S. 521 ff.
1# G. v. 9. April 1879 (G. S., S. 345),
88. 4, 8.