732 Die Staatsbehörden. (8. 107.)
welchen mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder teilnehmen müssen. In diesen Plenar-
sitzungen steht bei den Regierungen den Mitgliedern derselben nur dasjenige Stimmrecht
zu, welches ihnen durch die allgemeinen Vorschriften für die Verhandlungen im Plenum
beigelegt ist.à Bei den übrigen Provinzialbehörden nehmen an den zur Erledigung der
Disziplinarsachen bestimmten Plenarsitzungen nur die etatsmäßigen Mitglieder und die-
jenigen teil, welche eine etatsmäßige Stelle versehen. Alle in dieser Weise zur Teil-
nahme Berufenen haben ein volles Stimmrecht, auch wenn die Behörde sonst keine kolle-
gialische Einrichtung hat.5 — Wenn bei der zuständigen Disziplinarbehörde die beschluß-
fähige Anzahl von Mitgliedern nicht vorhanden ist, oder wenn auf den Antrag des
Beamten der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten der Disziplinarhof das Vorhanden-
sein von Gründen anerkennt, aus welchen die Unbefangenheit der zuständigen Dienst-
behörde bezweifelt werden kann, so tritt eine andere durch das Staatsministerium zu be-
zeichnende Dienstbehörde an deren Stelle. 3 Streitigkeiten über die Kompetenz der
Disziplinarbehörden als solcher werden von dem Staatsministerium, nach Vernehmung
des Gutachtens des Disziplinarhofes, entschieden."
Für die Subaltern= und Unterbeamten der Justizverwaltung (einschließlich der Ge-
richtsvollzieher und der unter der alleinigen Aufsicht der Staatsanwaltschaft stehenden
Beamten) ist die entscheidende Disziplinarbehörde erster Instanz das Oberlandesgericht,
und zwar in demjenigen Senate, in welchem der Präsident den Vorsiitz führt; derselbe
entscheidet in der Besetzung von fünf Mitgliedern mit Einschluß des Präsidenten.“ Für
die Subaltern= und Unterbeamten des Oberlandeskulturgerichts ist diese Behörde ent-
scheidende Disziplinarbehörde erster Instanz. ·
3. Gegen die Entscheidung der Disziplinarbehörde steht sowohl dem Angeschuldigten
als dem Beamten der Staatsanwaltschaft die Berufung an das Staatsministerium offen.“
Die Berufung wird bei dem Disziplinargerichte erster Instanz angemeldet, gerechtfertigt
und beantwortet. Nachdem sodann die Akten an das Staatsministerium eingereicht worden
sind, beschließt dasselbe auf den Vortrag eines von dem Vorsitzenden ernannten Referenten,
in Sachen jedoch, in welchen der Disziplinarhof in erster Instanz geurteilt hat, auf den
Vortrag zweier Referenten, von denen einer dem Justizministerium angehören muß. Ist
die Berufung gegen die Entscheidung einer Provinzialbehörde eingelegt, so muß das Staats-
ministerium das Gutachten des Disziplinarhofes einholen.
30. Mai 1864 und 5. Nov. 1877 (M. Bl. d.
i. Verw. 1853, S. 227, 1854, S. 75, 1864,
S. 137, u. 1878, S. 24) festgestellt.
1 Vgl. oben, S. 576 und das Zirk. Reskr. der
Min. des Inn. u. der Fin. v. 20. Juli 1859
(M. Bl. d. i. Verw. 1859, S. 195), welches
berechtigt, als verpflichtet; sie können auch an den
Diskussionen teilnehmen, haben indes nur in den
ihren Geschäftskreis berührenden Angelegenheiten
ein Stimmrecht (Reskr. der Min. des Inn. und
der Fin. v. 12. März 1853, M. Bl. d. i. Berw.
1853, S. 73, Nr. 49). Den Schulräten steht
ausführt, daß den technischen Mitgliedern ein
volles Votum in Disziplinarsachen schon dann
gebührt, wenn diese ihrem Geschäftskreise ange-
hören, den Assessoren aber in dem Falle, daß sie
die betreffende Disziplinarsache selbst bearbeitet
haben, und daß sonst stimmberechtigte Mitglieder
nur dann in Disziplinarsachen mitzustimmen be-
rufen sind, wenn sie Untersuchungskommissare oder
Referenten gewesen sind, wobei es indes nicht in
Betracht komme, ob einer der Assessoren augen-
blicklich eine etatsmäßige Stelle versieht oder ein
bestimmtes Dezernat bearbeitet. — Das Restr.
derselben Min. v. 13. März 1866 (M. Bl. d. i.
Verw. 1866, S. 56) führt aus, daß den forst-
technischen Mitgliedern der Regierungen das volle
Stimmrecht bei Disziplinaruntersuchungen gegen
alle Forst= und Jagdbeamte, und daher auch gegen
Kommunalforst= und Jagdbeamte zusteht.
* §. 31 des G. v. 21. Juli 1852, vgl. auch
Verwaltungsordn. für die Staatseisenb., §. 8.
Auch die technischen Mitglieder der Regierungen
sind zur Teilnahme an diesen Plenarsitzungen so
bei Erledigung aller Disziplinarsachen wider Lehrer
ein volles Votum in den Plenarsitz. der Regier.
zu (Zirk. Reskr. des Min. der geistl. usw. Ang.
v. 15. Aug. 1855, M. Bl. d. i. Berw. 1855,
S. 176. Nr. 1729.
2 8. 27 des Ges. v. 21. Juli 1852.
F. 28 a. a. O.
5 §. 64, Ziffer 2 des Ges. v. 21. Juli 1852;
88. 11, 17—19 des Ges. v. 9. April 1879.
s 8. 64, Ziff. 4 und 5 des Ges. v. 21. Juli 1852.
7 §S. 41 a. a. O. — Die mit den Funktionen
der Staatsanwaltschaft beauftragten Beamten
sollen sofort jede Entscheidung erster Instanz dem
Minister einreichen und, falls dieselbe dem bei
Einleitung der Untersuchung seitens des Ministers
ausgesprochenen Zwecke nicht entspricht, vorlänfig
die Berufung anmelden (Reskr. des Min. für
Handel, Gewerbe usw. v. 30. Sept. 1854, N.
Bl. d. i. Verw. 1854, S. 197). Bgl. auch das
Zirk. Reskr. des Justizmin. v. 25. Aug. 1879
(Just. Min. Bl. 1879, S. 251).
* #. 42—46 des Ges. v. 21. Juli 1852.