Die Verwaltungsgerichte. (8. 108.) 737
nicht zu betrachten sind. Es erging demgemäß das Sondergesetz v. 17. Juni 1898
(G. S., S. 123), welches das allgemeine Disziplinargesetz v. 21. Juli 1852 mit einer
Reihe von Modifikationen für die Privatdozenten anwendbar erklärt. Für die Ordnungs-
strafen, Warnung und Verweis, sind zuständige Disziplinarbehörde der Unterrichtsminister
und die Fakultät, der der Privatdozent angehört (§. 4). Entziehung der Eigenschaft als
Privatdozent erfolgt im förmlichen Disziplinarverfahren durch die Fakultät als Provinzial-
behörde mit Berufung gemäß dem allgemeinen Disziplinargesetz (§. 6).
Fünfter Titel.
Die Verwaltungsgerichte.!
S. 108.
I. Die Handhabung der allgemeinen Verwaltung — im Gegensatze der staatlichen
Tätigkeit auf dem Gebiete der Rechtspflege — ist, insofern es sich bei derselben um die
Anwendung von Rechtssätzen handelt, teilweise so organisiert, daß über Verwaltungs-
maßregeln durch Behörden entschieden wird, welche mit einer der gerichtlichen nachgebildeten
Verfassung versehen sind und vor welchen in den Formen eines gerichtlichen Verfahrens
verhandelt wird (Verwaltungsgerichte). Außerdem bestehen auch noch für einige besondere
Verhältnisse Behörden mit verwaltungsgerichtlicher Organisation (so Behörden für die
Entscheidung von Streitigkeiten landwirtschaftlicher Natur, zwischen Armenverbänden, zur
Untersuchung von Seeunfällen u. a. m.). Zur Entscheidung von Streitigkeiten der Ge-
richte auf der einen und der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichte auf der
anderen Seite über ihre Zuständigkeit besteht endlich der Gerichtshof zur Entscheidung
der Kompetenzkonflikte.
II. Für das Deutsche Reich bestehen verwaltungsgerichtliche Behörden, welche teils
letzte Instanz für die von Landesbehörden zu treffenden Entscheidungen (Bundesamt für
Heimatwesen, Oberseeamt) sind, teils ohne vorausgegangene Entscheidung einer Landes-
behörde als Verwaltungsgerichte zu entscheiden haben.
A. Unmittelbare Reichsverwaltungsgerichte.
1. Das verstärkte Reichseisenbahnamt. Gemäß Reichsgesetz v. 27. Juni
1873 (R. G. Bl., S. 164) hat das Reichseisenbahnamt als Verwaltungsbehörde inner-
halb der durch die Reichsverfassung bestimmten Zuständigkeit des Reiches das Aufsichts-
recht über das Eisenbahnwesen wahrzunehmen, für die Ausführung der in der Reichs-
verfassung enthaltenen Bestimmungen, sowie der sonstigen auf das Eisenbahnwesen
bezüglichen Gesetze und verfassungsmäßigen Vorschriften Sorge zu tragen, sowie auf Ab-
stellung der in Hinsicht auf das Eisenbahnwesen hervortretenden Mängel und Mißstände
hinzuwirken. Über dem Reichseisenbahnamt steht sodann als Verwaltungsgericht das
verstärkte Reichseisenbahnamt. Wenn nämlich gegen eine von dem Reichseisenbahnamte
verfügte Maßregel Gegenvorstellung auf Grund der Behauptung erhoben wird, daß jene
Maßregel in den Gesetzen und rechtsgültigen Vorschriften nicht begründet sei, so hat
das unter Zuziehung von drei richterlichen Beamten zu verstärkende Reichseisenbahnamt
1 Die Erörterung der prinzipiellen Grundlagen aus dem Gesichtspunkte der Gerichtsverfassung
der Verwaltungsgerichtebarkeit sowie die Gesamt= gegeben. Demgemäß folgt auch die Angabe der
darstellung der preußischen Gesetzgebung über die reichhaltigen und interessanten Literatur über die
Materie folgt in Bd. III. Hier ist nur, in Bei= Verwaltungegerichtsbarkeit erst in Bd. III.
behaltung des früheren v. Rönneschen Systems 2 Vgl. hierüber Laband, Bd. l, S. 373, 396;
der Darstellung, eine Skizze der Organisation der Zorn lI, S. 29 ff.
Verwaltungesgerichte des Reiches und Preußens,
v. Rönne -Zorn, Preuß. Staatsrecht. 5. Aufl. II. 47