Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Nachträge. 757 
2. Darauf folgt eine vierjährige Vorbereitungszeit (§. 3). Diese ist 
à) eine Vorbereitung bei Gerichtsbehörden für die Dauer eines Jahres, 
welche Zeit durch die Minister des Innern und der Finanzen auf neun 
Monate, unbeschadet der vierjährigen Gesamtzeit, herabgesetzt werden 
kann (F. 4); 
b) eine Vorbereitung bei einer Regierung von mindestens drei Jahren, 
für welche der Regierungspräsident auf Antrag unter Ernennung zum 
Regierungsreferendar annimmt; die Vorbereitung erfolgt nach Maßgabe 
der näheren Anweisungen der genannten Minister bei der Regierung selbst, 
dem Bezirksausschuß, einem Landrat und einer Selbstverwaltungsbehörde 
(§§. 5, 6). Durch die ministeriellen Ausführungsvorschriften ist die An- 
nahme von Referendaren auf folgende Regierungen beschränkt worden: 
Königsberg, Danzig, Potsdam, Frankfurt a. O., Breslau, Oppeln, Stettin, 
Hannover, Schleswig, Düsseldorf, Münster, Kassel, Merseburg, Posen. 
3. Nach dieser Vorbereitungszeit wird der Referendar auf Grund eines 
Zeugnisses des Regierungspräsidenten über genügende Vorbildung zur zweiten 
Prüfung bei der „Prüfungskommission für höhere Verwaltungsbeamte“ zugelassen 
(§§. 2, 7). Die Prüfung ist schriftlich und mündlich, bezieht sich auf Privat- 
und öffentliches Recht, insbesondere auf Staats= und Verwaltungsrecht, Staats- 
und Volkswirtschaftslehre, und soll feststellen, ob der Kandidat zur Bekleidung einer 
selbständigen Stellung im höheren Verwaltungsdienst befähigt ist (§. 8). 
4. Ist die Prüfung bestanden, so wird der Referendar durch die genannten 
Minister zum Regierungsassessor ernannt (§. 9) und ihm damit die Befähigung zu 
den oben bezeichneten Stellen des höheren Verwaltungsdienstes zuerkannt. 
5. Die zu 4. bezeichnete Befähigung bezieht sich auch auf die Mitglieder 
der Provinzialsteuerdirektionen; Befähigung zum Richterdienst ist jedoch hierfür 
gleichwertig; in beiden Fällen ist praktische Vorbereitung im Steuerdienst erforder- 
lich; für Justitiare ist die Befähigung zum Richterdienst Voraussetzung (§§. 11, 12). 
6. Personen, welche die Befähigung zum Richterdienst erlangt haben und 
mindestens ein Jahr als Justitiar oder sonst bei einer Verwaltungsbehörde be- 
schäftigt waren, sowie Landräte, die als solche mindestens fünf Jahre tätig waren, 
können durch besonderen Erlaß der genannten Minister als zum höheren Verwal- 
tungsdienst befähigt erklärt werden; bei Personen, die mehr als zehn Jahre die 
Richterbefähigung haben, sind die Minister nicht an die einjährige Frist gebunden; 
Personen, die in Elsaß-Lothringen oder einem deutschen Einzelstaate die Befähigung 
zum höheren Verwaltungedienst erlangt haben, können durch die genannten Minister 
als hierzu auch in Preußen befähigt erklärt werden (§. 13). 
Die Übergangs= (§. 14) und Vollzugsvorschriften (§. 15) erlassen die ge- 
nannten Minister. 
Parlamentarische Materialien: Stenogr. Ber. 1905—6 f. d. Abg. H., S. 3534, 
4871, f. d. H. H. S. 48. Dazu Stier-Somlo, Die Ausbildung der höheren 
Verwaltungsbeamten. Grundsätzliche Erörterungen. Mit dem Gesetze v. 10. Aug. 1906. 
Berlin 1906. 
Zu S. 535: Für Herstellung des Großschiffahrtsweges Berlin-Stettin wurde durch 
königliche Verordnung v. 2. April 1906 (G. S., S. 113) ein besonderes Haupt- 
bauamt errichtet und dem Regierungspräsidenten in Potsdam unterstellt; über Sitz, 
Zusammensetzung, Geschäftsgang bestimmt der Minister der öffentlichen Arbeiten im 
Einvernehmen mit den Ministern der Finanzen, des Innern und der Landwirtschaft. 
Zu S. 535: Über den Regierungspräsidenten als Vollzugsbehörde für die Regelung der 
Hochwasser= usw. Verhältnisse an der oberen und mittleren Oder gemäß Gesetz v. 
12. Aug. 1905 (G. S., S. 335) s. oben, Nachtrag zu S. 473. Über die 
Funktionen des Negierungspräsidenten zur Durchführung des Gesetzes v. 16. Aug. 
1905 (G. S., S. 342, zur Verhütung von Hochwassergefahren überhaupt, besonders 
das weitgehende Polizeiverordnungsrecht zum Erlaß von Schutmmaßregeln, s. oben, 
Nachtrag zu S. 473.
	        
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