Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

98 
Die Gesetzgebung. 
G. 118.) 
liche Vorlage, zurückgegangen werden kann; ist aber das Gesetz durchberaten, in den 
einzelnen Paragraphen nach den Beschlüssen des Hauses festgestellt, und fällt dann 
das Gesetz bei der letzten, auf das Ganze sich erstreckenden Abstimmung, so ist und bleibt 
es verworfen und es kann die ursprüngliche Vorlage nicht mehr zur Abstimmung ge- 
bracht werden. 
Da nun in betreff des Budgets nicht auf die einzelnen Positionen der 
Vorlage zurückgegangen werden darf, so erfolgt sofort die Abstimmung über das Budget 
im ganzen; diese Abstimmung aber hat notwendig dieselbe Wirkung, welche jede Ab- 
stimmung über das Ganze eines anderen Gesetzes hat. 
Das Budget ist, wenn es ab- 
gelehnt wird, verworfen und bleibt verworfen; die Wirkung der Abstimmung kann des- 
wegen keine andere sein, weil das Recht der Amendierung des einzelnen nicht dem 
Herrenhause, sondern nur dem Abgeordnetenhause zugestanden ist.1 — Zu diesen aus 
  
1 Dies sind im wesentlichen die Gründe, mit 
welchen im H. H. die von dessen Majorität zum 
Beschluß erhobene Ansicht bekämpft worden ist 
(vgl. den Komm. Ber. v. 7. Okt. 1862 in den 
Stenogr. Ber. des H. H. 1862, Bd. II, Anl. Bd., 
Nr. 31, S. 201—202, u. Drucks. 1862, Nr. 82, 
S. 53 ff., desgl. dic Stenogr. Ber. über die 21. Sitz. 
v. 10. Okt. 1862, S. 178—180, und über die 
22. Sitz. v. 11. Okt. 1862, S. 210—211). Im 
A. H. hat einec schriftliche Berichterstattung und 
eine Diskussion über die Frage nicht stattgefunden 
(vgl. über die Frage auch die mit der oben im 
Texte begründeten Ansicht übereinstimmenden Er- 
klärungen des Präsid. Grabow und der Abgeordn. 
Graf v. Schwerin und Simson in den Stenogr. 
Ber. des A. H. über die Sitz. v. 16. Jan. 1864, 
Bd. II, S. 724—727). — Die Gründe der Mehr- 
heit des H. H., welche der Urheber des dem Be- 
schlusse desselben zugrunde liegenden Antrages, 
Graf v. Arnim-Boytzenburg, teils in den 
Motiven seines Antrages (Drucks. des H. H. 1862, 
Nr. 4, und Stenogr. Ber. 1862, Anl. Bd., Nr. 31, 
S. 206—207), teils in dem angeführten Komm. 
Ber. v. 7. Okt. 1862 und in der 31. Sitz. vom 
10. Okt. 1862 (Stenogr. Ber., S. 181 ff.) haupt- 
sächlich hervorgehoben hat, stützen sich, wic der 
Berichterstatter im H. H. (Brüggemann), indem 
er sich gegen die verfassungsmäßige Zulässigkeit 
des Antrages aussprach, sehr richtig hervorhob 
(vgl. Stenogr. Ber. a. a. O., S. 210), „auf eine 
reine Buchstabenauslegung der Verfassungsbe- 
stimmungen, woraus deduziert wird, daß keine 
einzige dieser Bestimmungen dem von dem An- 
tragsteller beanspruchten Rechte entgegenstehe; 
allein desto mehr stehe der Sinn und die Absicht 
der betreffenden Verfassungsbestimmungenentgegen 
und auch die bisherige eigene Auffassung und 
bisherige Praxis des Herrenhauses“. Der Graf 
v. Arnim-Boytzenburg hat nämlich zuvörderst 
hervorgehoben, daß das von der Staatsregierung 
vorgelegte Etatsgesetz wie andere Gesetzesvor- 
lagen zu betrachten und daß es deshalb auch 
nach Verwerfung der von dem A. H. amendierten 
Vorlage zulässig sei, auf die ursprüngliche Vor- 
lage zurückzugehen. Es ist indes oben (im Texte) 
dargetan, daß und weshalb dies nur bei solchen 
Gesetzentwürfen zulässig, und auch zeither von dem 
H. H. nur geschehen ist, bei welchen dem H. H. 
das Recht der Amendierung zusteht. Als 
fernerer Grund wird angeführt, daß die Allerh. 
Ermächtigung, welche den Finanzminister zur 
Einbringung der Etatsvorlage beauftragt, diesen 
ermächtige, solche beiden Häusern des Landtages 
  
vorzulegen. Daß dieser letztgedachte Umstand 
ohne allen Einfluß auf die Entscheidung der 
lediglich aus der Verf. Urk., nicht aber aus 
einem in der Einbringungsautorisation 
gebrauchten Ausdrucke zu beantwortenden Ver- 
fassungsfrage ist, braucht nicht weiter darge- 
tan zu werden (vgl. darüber übrigens Hassel- 
bach in den Stenogr. Ber. a. a. O., S. 179).— 
In einer später von dem Grafen v. Arnim- 
Boytzenburg herausgegebenen Flugschrift: „Das 
Recht des H. H. bei Festsetzung des Staatshaus- 
haltsetats", 1863, hat dieser zwar noch eine An- 
zahl von Rechtsausführungen geliefert, welche 
seiner Ansicht zur Seite stehen sollen; allein die 
Hauptargumente seiner Gegner hat er gänz- 
lich mit Stillschweigen übergangen. Die erste 
Hälfte der Schrift füllt die Entstehungsgeschichte 
des Abs. 3 des Art. 62 der Verf. Urk. aus. Graf 
Arnim macht geltend, daß die Beratung dieser 
Bestimmung eine außerordentlich hastige gewesen, 
daß der zweite Teil des Satzes vielleicht nicht 
angenommen sein würde, wenn nicht der ganze 
Satz ungeteilt zur Abstimmung gestellt worden 
wäre, und daß die Annahme nur mit geringer 
Majorität erfolgt sei. Allein es leuchtet von 
selbst ein, daß dies alles ganz ohne Einfluß auf 
die Auslegung des einmal gegebenen Gesetzes 
bleiben muß. Uberdies mag darauf hingewiesen 
werden (was Graf Arnim nicht erwähnt hat), daß 
der Gegenstand in einer späteren Zeit die Kammern 
(aus Veranlassung des auf Streichung der hier 
in Rede stehenden Bestimmung gerichteten An- 
trages des Abgeordn. v. Zander) anderweitig in 
eingehendster Weise nochmals beschäftigt hat, und 
daß die 2. K. dessenungeachtet (mit 224 gegen 
43 Stimmen) die Aufrechterhaltung des Satzes 
beschlossen hat (vgl. v. Rönnes Bearbeit. der Verf. 
Urk., Nachtrag, S. 240—241). Die Haupttendenz 
der Schrift scheint übrigens weniger dahin gerichtet 
zu sein, die Rechtmäßigkeit des für null und nichtig 
erklärten Beschlusses des H. H. v. 11. Okt. 1862 
darzutun, als vielmehr die politische Bedeu- 
tung des H. H. dadurch zu einer größeren zu 
erheben, daß demselben für die Zukunft ein be- 
deutenderer Einfluß auf den Gang der Budget- 
feststellung gesichert werde, indem die Neigung 
durchblickt, den im Jahre 1862 eingetretenen Fall, 
daß das H. H. einen direkt bestimmenden Ein- 
fluß auf den Staatshaushalt zu gewinnen sucht, 
zur Regel zu machen. — Vgl. über die v. Ar- 
nimsche Schrift: E. Lasker, Das Herrenhaus 
und sein Finanzrecht. Eine Antwort an Graf 
Arnim-Boytzenburg. (In Oppenheims D. Jahrb.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.