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Die Gesetzgebung.
G. 118.)
liche Vorlage, zurückgegangen werden kann; ist aber das Gesetz durchberaten, in den
einzelnen Paragraphen nach den Beschlüssen des Hauses festgestellt, und fällt dann
das Gesetz bei der letzten, auf das Ganze sich erstreckenden Abstimmung, so ist und bleibt
es verworfen und es kann die ursprüngliche Vorlage nicht mehr zur Abstimmung ge-
bracht werden.
Da nun in betreff des Budgets nicht auf die einzelnen Positionen der
Vorlage zurückgegangen werden darf, so erfolgt sofort die Abstimmung über das Budget
im ganzen; diese Abstimmung aber hat notwendig dieselbe Wirkung, welche jede Ab-
stimmung über das Ganze eines anderen Gesetzes hat.
Das Budget ist, wenn es ab-
gelehnt wird, verworfen und bleibt verworfen; die Wirkung der Abstimmung kann des-
wegen keine andere sein, weil das Recht der Amendierung des einzelnen nicht dem
Herrenhause, sondern nur dem Abgeordnetenhause zugestanden ist.1 — Zu diesen aus
1 Dies sind im wesentlichen die Gründe, mit
welchen im H. H. die von dessen Majorität zum
Beschluß erhobene Ansicht bekämpft worden ist
(vgl. den Komm. Ber. v. 7. Okt. 1862 in den
Stenogr. Ber. des H. H. 1862, Bd. II, Anl. Bd.,
Nr. 31, S. 201—202, u. Drucks. 1862, Nr. 82,
S. 53 ff., desgl. dic Stenogr. Ber. über die 21. Sitz.
v. 10. Okt. 1862, S. 178—180, und über die
22. Sitz. v. 11. Okt. 1862, S. 210—211). Im
A. H. hat einec schriftliche Berichterstattung und
eine Diskussion über die Frage nicht stattgefunden
(vgl. über die Frage auch die mit der oben im
Texte begründeten Ansicht übereinstimmenden Er-
klärungen des Präsid. Grabow und der Abgeordn.
Graf v. Schwerin und Simson in den Stenogr.
Ber. des A. H. über die Sitz. v. 16. Jan. 1864,
Bd. II, S. 724—727). — Die Gründe der Mehr-
heit des H. H., welche der Urheber des dem Be-
schlusse desselben zugrunde liegenden Antrages,
Graf v. Arnim-Boytzenburg, teils in den
Motiven seines Antrages (Drucks. des H. H. 1862,
Nr. 4, und Stenogr. Ber. 1862, Anl. Bd., Nr. 31,
S. 206—207), teils in dem angeführten Komm.
Ber. v. 7. Okt. 1862 und in der 31. Sitz. vom
10. Okt. 1862 (Stenogr. Ber., S. 181 ff.) haupt-
sächlich hervorgehoben hat, stützen sich, wic der
Berichterstatter im H. H. (Brüggemann), indem
er sich gegen die verfassungsmäßige Zulässigkeit
des Antrages aussprach, sehr richtig hervorhob
(vgl. Stenogr. Ber. a. a. O., S. 210), „auf eine
reine Buchstabenauslegung der Verfassungsbe-
stimmungen, woraus deduziert wird, daß keine
einzige dieser Bestimmungen dem von dem An-
tragsteller beanspruchten Rechte entgegenstehe;
allein desto mehr stehe der Sinn und die Absicht
der betreffenden Verfassungsbestimmungenentgegen
und auch die bisherige eigene Auffassung und
bisherige Praxis des Herrenhauses“. Der Graf
v. Arnim-Boytzenburg hat nämlich zuvörderst
hervorgehoben, daß das von der Staatsregierung
vorgelegte Etatsgesetz wie andere Gesetzesvor-
lagen zu betrachten und daß es deshalb auch
nach Verwerfung der von dem A. H. amendierten
Vorlage zulässig sei, auf die ursprüngliche Vor-
lage zurückzugehen. Es ist indes oben (im Texte)
dargetan, daß und weshalb dies nur bei solchen
Gesetzentwürfen zulässig, und auch zeither von dem
H. H. nur geschehen ist, bei welchen dem H. H.
das Recht der Amendierung zusteht. Als
fernerer Grund wird angeführt, daß die Allerh.
Ermächtigung, welche den Finanzminister zur
Einbringung der Etatsvorlage beauftragt, diesen
ermächtige, solche beiden Häusern des Landtages
vorzulegen. Daß dieser letztgedachte Umstand
ohne allen Einfluß auf die Entscheidung der
lediglich aus der Verf. Urk., nicht aber aus
einem in der Einbringungsautorisation
gebrauchten Ausdrucke zu beantwortenden Ver-
fassungsfrage ist, braucht nicht weiter darge-
tan zu werden (vgl. darüber übrigens Hassel-
bach in den Stenogr. Ber. a. a. O., S. 179).—
In einer später von dem Grafen v. Arnim-
Boytzenburg herausgegebenen Flugschrift: „Das
Recht des H. H. bei Festsetzung des Staatshaus-
haltsetats", 1863, hat dieser zwar noch eine An-
zahl von Rechtsausführungen geliefert, welche
seiner Ansicht zur Seite stehen sollen; allein die
Hauptargumente seiner Gegner hat er gänz-
lich mit Stillschweigen übergangen. Die erste
Hälfte der Schrift füllt die Entstehungsgeschichte
des Abs. 3 des Art. 62 der Verf. Urk. aus. Graf
Arnim macht geltend, daß die Beratung dieser
Bestimmung eine außerordentlich hastige gewesen,
daß der zweite Teil des Satzes vielleicht nicht
angenommen sein würde, wenn nicht der ganze
Satz ungeteilt zur Abstimmung gestellt worden
wäre, und daß die Annahme nur mit geringer
Majorität erfolgt sei. Allein es leuchtet von
selbst ein, daß dies alles ganz ohne Einfluß auf
die Auslegung des einmal gegebenen Gesetzes
bleiben muß. Uberdies mag darauf hingewiesen
werden (was Graf Arnim nicht erwähnt hat), daß
der Gegenstand in einer späteren Zeit die Kammern
(aus Veranlassung des auf Streichung der hier
in Rede stehenden Bestimmung gerichteten An-
trages des Abgeordn. v. Zander) anderweitig in
eingehendster Weise nochmals beschäftigt hat, und
daß die 2. K. dessenungeachtet (mit 224 gegen
43 Stimmen) die Aufrechterhaltung des Satzes
beschlossen hat (vgl. v. Rönnes Bearbeit. der Verf.
Urk., Nachtrag, S. 240—241). Die Haupttendenz
der Schrift scheint übrigens weniger dahin gerichtet
zu sein, die Rechtmäßigkeit des für null und nichtig
erklärten Beschlusses des H. H. v. 11. Okt. 1862
darzutun, als vielmehr die politische Bedeu-
tung des H. H. dadurch zu einer größeren zu
erheben, daß demselben für die Zukunft ein be-
deutenderer Einfluß auf den Gang der Budget-
feststellung gesichert werde, indem die Neigung
durchblickt, den im Jahre 1862 eingetretenen Fall,
daß das H. H. einen direkt bestimmenden Ein-
fluß auf den Staatshaushalt zu gewinnen sucht,
zur Regel zu machen. — Vgl. über die v. Ar-
nimsche Schrift: E. Lasker, Das Herrenhaus
und sein Finanzrecht. Eine Antwort an Graf
Arnim-Boytzenburg. (In Oppenheims D. Jahrb.