Staatshaushaltsetat und Kontrolle der Finanzverwaltung. (8. 118.) 111
eingebracht!, damals aber von dieser Kammer abgelehnt worden.“ Er wurde besonders
eingehend erörtert, als — ungeachtet jener Ablehnung — die Staatsregierung in der
nächstfolgenden Sitzungsperiode (1852—53) einen dahin lautenden Gesetzentwurf ein-
brachte, welcher indes nicht zustande kam. Nach Beseitigung des Ministeriums v. Man-
teuffel erkannte die Staatsregierung ausdrücklich die „Unzuträglichkeiten“ des mit dem
Geiste der Verfassung nicht vereinbaren Zustandes an, daß der Staatshaushaltsetat nicht
vor Beginn der neuen Finanzperiode festgestellt werde, und stellte die Abänderung in
Aussicht.“ In der Sitzungsperiode des Jahres 1860 faßte das Abgeordnetenhaus den
Beschluß, gegenüber der Staatsregierung die „Erwartung auszusprechen, daß sie das
Erforderliche veranlassen werde, damit künftighin die Einnahmen und Ausgaben des
Staates nur auf Grund eines durch die Landesvertretung für das betreffende Etatsjahr
bereits verfassungsmäßig genehmigten Staatshaushaltsetats bewirkt werden“.? Dadurch
fand sich die Staatsregierung in der Sitzungsperiode von 1861 veranlaßt, dem Ab-
geordnetenhause einen Gesetzentwurf zur Ergänzung des Art. 99 der Verfassungsurkunde
vorzulegen 5, dahingehend, daß, „wenn sich die Festsetzung des Staatshaushaltsetats
über den Anfang der Etatsperiode verzögert, der zuletzt vollzogene Etat hinsichtlich der
Einnahmen und der fortlaufenden ordentlichen Ausgaben, insoweit nicht einzelne Be-
willigungen durch besondere Gesetze auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt sind, bis
zu dieser Festsetzung — jedoch höchstens sechs Monate — in Kraft bleiben solle, die
bis dahin in dem neuen Etatsjahre erhobenen Einnahmen und geleisteten Ausgaben
aber auf die Bewilligungen des neuen Etats angerechnet werden sollten“. Allein die
Budgetkommission des Abgeordnetenhauses sprach sich gegen die Annahme dieses Gesetz-
entwurfes aus 3; eine Beratung im Plenum darüber hat (wegen Schlusses der Session)
nicht stattgefunden. Die Budgetkommission war der Ansicht, daß durch den vorgeschla-
genen Gesetzentwurf die bestehenden Mißstände keine Beseitigung finden würden. Im
Jahre 1862 brachte hierauf die Staatsregierung, um endlich die bisher bestandene Ano-
malie zu beseitigen, nicht bloß den Etat für das Jahr 1862, sondern gleichzeitig auch
den für das Jahr 1863 ein; das Haus der Abgeordneten zog dann auch beide Etats
zur Beratung, von welchen indes (wegen der erfolgten Auflösung des Hauses) keiner zur
Erledigung gelangte. Das Abgeordnetenhaus erteilte aber, um für die Zukunft eine
Bürgschaft zu erlangen, daß der bisherige verfassungswidrige Zustand nicht wiederkehre,
in der Sitzungsperiode des Jahres 1862 einem aus seiner Initiative hervorgegangenen Ge-
setzentwurfe seine Genehmigung, der bestimmte, daß die Staatsregierung verpflichtet sein
solle, den Entwurf des Staatshaushaltsetats eines jeden Jahres dem Abgeordnetenhause
spätestens bis zum 1. September des vorhergehenden Jahres zur Beratung vorzulegen." Der
Finanzminister v. d. Heydt gab bei der Beratung über diesen Gesetzvorschlag die Er-
für und dawider sprechenden Gründe die Motive
des im Jahre 1861 von der Staatsregierung
vorgelegten Gesetzentwurfs und den Komm. Ber.
darüber in den Drucks. des A. H. 1861, Bd. III,
Nr. 124, und Bd. VII, Nr. 250, desgl. in den
Stenogr. Ber. des A. H. 1861, Bd. V, S. 627 ff.,
und Bd. VII, S. 1651 ff.
1 Vgl. den Antrag des Abgeordn. v. Plötz in
den Drucks. der 1. K. 1851—52, Nr. 29.
2 Vgl. Drucks. der 1. K. 1851—52, Nr. 75,
und Stenogr. Ber. ders. 1851—52, S. 205—
218, desgl. v. Rönne, Verf. Urk., Nachtrag,
S. 264—266.
3 Vgl. Drucks. der 1. K. 1852—53, Bd. I,
Nr. 11 u. 30, und der 2. K., Bd. I, Nr. 16, und
Bd. II, Nr. 57, desgl. Stenogr. Ber. der 1. K.
1852—53, Bd. I, S. 60 —72 u. 141, und Bd. II,
S. 856 ff., und der 2. K. 1852— 53, R)d. I,
S. 354—388 u. 462, und Bd. II, S. 667 ff.
4 Vgl. die Erklär. des Fin. Min, v. Patow in
der Sitz. des A. H. v. 17. Febr. 1859 (Stenogr.
Ber. des A. H. 1859. Bd. I. S. 176—179).
5 Vgl. Drucks. des A. H. 1860, Bd. II, Nr. 42,
Bd. IV, Nr. 151; Stenogr. Ber. desselben 1860,
Bd. II, S. 676, Bd. IV, S. 532—534.
6 Vgl. Stenogr. Ber. des A. H. 1861, S. 582.
*Vgl. Drucks. des A. H. 1861, Nr. 124 und
Stenogr. Ber. desselben 1861, Bd. V, S. 427.
* Vgl. den Bericht der Budgetkomm. v. 3. Juni
1861 in den Drucks. des A. H. 1861, Bd. VII,
Nr. 250, und in den Stenogr. Ber. desselb. 1861,
Bd. VII, S. 1651 ff.
° Vgl. den Komm. Ber. v. 14. Juni 1862 in
den Drucks. des A. H. 1862, VII. Legisl. Per.,
2. Session, Bd. II, Nr. 45, und in den Stenogr.
Ber. der (neugewählten) 2. K. 1862, Bd. V, Anl.,
Nr. 35, S. 290—293, desgl. die Amendements
der Abg. Borsche und Klotz in den Drucks.
a. a. O., Nr. 41, und des Abg. Hagen ebenda
Nr. 53, und in den Stenogr. Ber. a. a. O., Bd. 1,
S. 293 u. 294; ferner die Plenarverhandl. in der
Sitz. v. 25. Juni 1862 (Stenogr. Ber. a. a. O.,
Bd. I, S. 343 —366).