Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

154 Die Gesetzgebung. (8. 118.) 
v. 24. Juni 1862 nicht hinausgegangen werden könne; überhaupt könne die Frage nur 
durch das zu vereinbarende Gesetz über die Einrichtung und die Befugnisse der Ober- 
rechnungskammer befriedigend geordnet werden, bis dahin müsse es bei der bestehenden 
Instruktion der Oberrechnungskammer bewenden. Bei der Beratung über den hiernächst. 
von der Staatsregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes betreffend die Einrichtung und 
die Befugnisse der Oberrechnungskammer, welcher die Grundlage des Gesetzes v. 27. März 
1872 bildet, verließ dann aber die Staatsregierung ihren bis dahin innegehaltenen. 
Standpunkt, indem sie folgende Erklärung abgab: „Abweichungen von dem Staatshaus- 
haltsetat, zu denen die Zustimmung des Landtages erforderlich, könnten nicht durch ein- 
seitige Allerh. Erlasse sanktioniert werden, und die Titel der Spezialetats sollten fortan 
die Norm für die Prüfung der Rechnung bilden. Bisher habe die Staatsregierung den 
Staatshaushaltsetat, wie er vom Landtage festgestellt worden, für die Grundlage der 
Prüfung erklärt; was indes damals bezüglich des ganzen Etats beabsichtigt sei, solle jetzt 
für die Spezialetats und deren Titel gelten. Alles, was den Titeln der Spezialetats 
entsprechend Votum des Landtages und speziell des Abgeordnetenhauses gewesen ist, solle 
Norm für die Prüfung der Oberrechnungskammer sein, und alle Abweichungen in quali 
und quanto aus deren Bemerkungen hervorgehen müssen. Dies gelte namentlich bezüglich 
aller persönlichen Ausgaben.“ 1 Auf dieser Grundlage ist dann der §. 18 des Gesetzes. 
v. 27. März 1872 mit den Kammern vereinbart worden, welcher die in dem Art. 104 
der Verfassungsurkunde nicht enthaltene Definition der von der Oberrechnungskammer 
aufzustellenden, den Kammern mit der allgemeinen Rechnung vorzulegenden „Bemerkungen“ 
gegeben hat. §. 18 bestimmt nämlich, daß die von der Oberrechnungskammer unter 
selbständiger unbedingter Verantwortlichkeit aufzustellenden, dem Landtage von der Staats- 
regierung vorzulegenden Bemerkungen ergeben müssen: 1. ob die in der Rechnung auf- 
geführten Beträge in Einnahmen und Ausgaben mit denjenigen übereinstimmen, welche 
in den von der Oberrechnungskammer revidierten Kassenrechnungen in Einnahme und 
Ausgabe nachgewiesen sind, 2. ob und inwieweit bei der Vereinnahmung und Erhebung, 
bei der Verausgabung oder Verwendung von Staatsgeldern oder bei der Erwerbung, 
Benutzung oder Veräußerung von Staatseigentum Abweichungen von den Bestimmungen 
des gesetzlich festgestellten Staatshaushaltsetats, oder der von der Landesvertretung ge- 
nehmigten Titel der Spezialetats, oder von den mit einzelnen Positionen des Etats ver- 
bundenen Bemerkungen, oder von den Bestimmungen der auf die Staatseinnahmen und 
Staatsausgaben oder auf die Erwerbung, Benutzung oder Veräußerung von Staats- 
eigentum bezüglichen Gesetze stattgefunden haben, insbesondere 3. zu welchen Etats- 
überschreitungen im Sinne des Art. 104 der Verfassungsurkunde 2, sowie zu welchen 
außeretatsmäßigen Ausgaben die Genehmigung des Landtages noch nicht beigebracht ist. 
Diesen Vorschriften der älteren Gesetzgebung hat das Gesetz v. 11. Mai 1898 noch 
folgende weiteren beigefügt: 1. Die Einnahmen und Ausgaben sind in der Rechnung 
unter denjenigen Kapiteln und Titeln nachzuweisen, unter denen sie im Etat vorgesehen 
sind, eventuell als außeretatsmäßige Einnahmen oder Ausgaben zu verzeichnen (§. 13). 
2. Alle Einnahmen und Ausgaben sind in der Regel in der Rechnung desjenigen Etats- 
jahres zu verzeichnen, in welchem sie fällig geworden sind, vorbehaltlich der gesetzlichen 
Sondervorschriften (§§. 42—46) über Einnahme= und Ausgabereste, der Sondervorschrift 
über die am 1. April postnumerando fälligen Einnahmen und Ausgaben, sowie der 
etwaigen Sondervorschriften in Spezialetats (§. 14). 3. Alle Einnahmen und Ausgaben 
sind voll in der Rechnung als solche einzusetzen und es ist keinerlei vorherige Verrechnung 
von Einnahmen mit Ausgaben statthaft (§. 15). 
5. Die Oberrechnungskammer ist verpflichtet, nach Ablauf eines jeden Geschäfts- 
jahres dem Könige einen Bericht über die Ergebnisse ihrer Geschäftstätigkeit zu erstatten, 
welchem Berichte zugleich ihre gutachtlichen Vorschläge beizufügen sind, ob und wieweit 
  
1 Vgl. diese Erklärung in dem Bericht der llber den Begriff der „Etatsülberschreitun- 
Komm. des A. H. v. 30. Jan. 1872 (Stenogr. gen“ im Sinne des Art. 104 der Verf. Urk. nimmt 
Ber. des A. H. 1871—72, Anl. Bd. II, Aktenst. der §. 18 des Ges. v. 27. März 1872 auf den 
Nr. 148, S. 846, Sp. 1). S§. 19 desselben Bezug.
	        
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