Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

Evangelische Kirche. (8. 127.) 199 
älteren Provinzen der Monarchie“ 1 „kraft der ihm als Träger des landesherrlichen 
Kirchenregimentes zustehenden Befugnisse“ der als Anlage beigefügten Generalsynodal- 
ordnung für die evangelische Landeskirche der acht älteren Provinzen der Monarchie seine 
Sanktion und verkündete sie als kirchliche Ordnung.? 8§ 1 dieser Generalsynodal-= 
ordnung spricht ausdrücklich aus, daß Bekenntnisstand und Union in den genannten Pro- 
vinzen durch dieses Verfassungsgesetz nicht berührt werden. Der Erlaß v. 20. Jan. 1876 
bestimmt, daß, soweit es zur Ausführung der Generalsynodalordnung nicht noch einer 
Mitwirkung der Landesgesetzgebung bedürfe, wegen deren Herbeiführung das Erforderliche 
veranlaßt sei, der Evangelische Oberkirchenrat mit dem Minister der geistlichen Angelegen- 
heiten wegen dieser Ausführung das Weitere zu verfügen habe. Das Verfahren schloß 
sich also hier ganz demjenigen an, welches bei der Verkündigung der Kirchengemeinde- 
und Synodalordnung v. 10. Sept. 1873 beobachtet worden war. Das Kirchengesetz wurde 
kraft des landesherrlichen Kirchenregiments erlassen; nur die Punkte, welche in die staat- 
liche Rechtsordnung eingriffen, wurden der Mitwirkung der staatlichen Gesetzgebung vor- 
behalten. Es kam nun darauf an, die aus der Beratung mit der außerordentlichen 
Generalsynode hervorgegangene, am 20. Jan. 1876 kirchenregimentlich vollzogene Ordnung 
in Verbindung mit den Synodalabschnitten der Ordnung v. 10. Sept. 1873 auf das 
Erfordernis der Erteilung der staatlichen Sanktion hin im einzelnen zu prüfen. Der dem 
Landtag vorgelegte „Entwurf eines Gesetzes betreffend die evangelische Kirchenverfassung 
in den acht älteren Provinzen der Monarchie“ 3 enthält, wie die Motive hervorheben, 
in seinem ersten Teile (Art. 1—18) die Ergebnisse dieser Prüfung der Staatsregierung, 
welche nach denselben Gesichtspunkten erfolgt ist, welche bei dem Gesetze v. 25. Mai 1874 
unter Zustimmung beider Häuser des Landtages als richtig anerkannt worden waren. 
Der Entwurf hatte aber noch weiteres zu berücksichtigen. Durch die der evangelischen 
Kirche gewährte größere Selbständigkeit in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten wurde 
eine neue Formulierung des staatlichen Aufsichtsrechtes notwendig. Auch war die Neu- 
regelung der Ressortverhältnisse zwischen den Staatsbehörden einerseits und den Kirchen- 
behörden andererseits staatlicher Anordnung vorbehalten worden. Mit diesen Fragen be- 
schäftigt sich der zweite Teil (Art. 19—26) des Entwurfs. Aus den Beratungen beider 
Häuser des Landtages ist sodann das Staatsgesetz v. 3. Juni 1876 betreffend die evan- 
gelische Kirchenverfassung in den acht älteren Provinzen der Monarchie hervorgegangen.“ 
Art. 1 dieses Gesetzes spricht aus, daß die in der Kirchengemeinde= und Synodalordnung 
v. 10. Sept. 1873 und in der Generalsynodalordnung v. 20. Jan. 1876 bestimmten und 
nach diesen Vorschriften zusammengesetzten Synodalorgane die ihnen in der Kirchengemeinde- 
und Synodalordnung v. 10. Sept. 1873 bzw. in der Generalsynodalordnung v. 20. Jan. 
1876 zugewiesenen Rechte nach Maßgabe des Gesetzes v. 3. Juni 1876 üben. Art. 9 
des Gesetzes v. 25. Mai 1874 und Art. 29 des Gesetzes v. 3. Juni 1876 haben zu- 
gleich die allgemeine kassatorische Klausel aufgenommen, daß alle diesen beiden Gesetzen, 
sowie der Kirchengemeinde= und Synodalordnung v. 10. Sept. 1873 und der General- 
synodalordnung v. 20. Jan. 1876 entgegenstehenden Bestimmungen, mögen sie in den 
allgemeinen Landesgesetzen, in Provinzialgesetzen oder in Lokalgesetzen und Lokalordnungen 
enthalten oder durch Observanz oder Gewohnheit begründet sein, außer Kraft treten. 
Mit den Gesetzen v. 25. Mai 1874 und 3. Juni 1876 hat die evangelische Kirchen- 
  
G. S. 1876, S. 7 ff. 
Diese Verkündigung ist durch die G. S. 1876, 
S. 8 ff. erfolgt. Novellen v. 26. Mai 1886 (K. G. 
u. V. Bl. 74), 7. März 1887 (G. S. 195), 18. Juli 
1892 (G. S. 273), 13. April 1898 (K. G. u. V. 
Bl. 29), 19. Sept. 1898 (G. S. 312), 16. Jan. 
1905 (G. S. 1905, S. 39). 
3 Entwurf nebst Motiven in den Stenogr. Ber. 
des A. H. 1876, Anl. Bd. 1, Nr. 31, S. 375 
—399. 
4 G. S. 1876, S. 125 ff. Dazu Bericht der 
Komm. des A. H. v. 4. April 1876 in den Ste- 
nogr. Ber. 1876, Anl. Bd. II, Nr. 153, S. 1065 ff.; 
1 
2 
  
Verhandl. darüber in den Stenogr. Ber. des A. H. 
1876, Bd. I, S. 285 ff., 311 ff.; Bd. II, S. 1177 ff., 
1207 ff.; Bericht der Komm. des H. H. v. 17. Mai 
1876 in den Stenogr. Ber. 1876, Bd. II, Nr. 67, 
S. 483 ff.; Verhandl. darüber in den Stenogr. 
Ber. des H. H. 1876, Bd. I, S. 180 ff., 199 ff.; 
Verhandl. in der Sitz. des A. H. v. 30. Mai 
1876 über die abweichenden Beschlüsse des H. H, 
in den Stenogr. Ber. des A. H. 1876, Bd. III. 
S. 1888—93. 
5 Novellen vom 21. Mai 1887 (G. S. 194), 
30. Aug. 1892 (G. S. 273), 28. Mai 1894 (G. S. 
87), 21. Sept. 1898 (G. S. 312).
	        
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