Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

204 Staat und Kirche. (§. 128.) 
angehören (§. 2). Die Steuerpflicht beginnt mit dem ersten Tage des auf die Be- 
gründung des Wohnsitzes folgenden Monats (§. 3, Abs. 1). Sie erlischt durch den Tod 
des Steuerpflichtigen, durch Aufgabe des Wohnsitzes und durch Austritt aus der Kirche 
(§. 3; Ges. v. 14. Mai 1873 betreffend den Austritt aus der Kirche, §. 3). Besondere 
Bestimmungen regeln die Steuerpflicht im Falle mehrfachen Wohnsitzes (§. 4), im Falle 
einer gemischten Ehe (§. 5, Abs. 1) und im Falle selbständiger staatssteuerlicher Veran- 
lagung der Ehefrau (§. 5, Abs. 2). Steuerbefreiungen genießen Patrone und sonst speziell 
Verpflichtete, soweit sie nach bestehendem Recht für einzelne kirchliche Bedürfnisse nach 
besonderen Grundsätzen beizutragen haben (§. 6), ferner solche Personen, die zur Zeit des 
Inkrafttretens des Kirchensteuergesetzes von der -Szorseinkonmmniteae oder den staatlich 
veranlagten Steuern gesetzlich befreit gewesen sind (S. 7, Abs. 1), endlich Geistliche, Kirchen- 
beamte und deren Hinterbliebene hinsichtlich des Vernzeimemerns. des Ruhegehalts und 
der Hinterbliebenenbezüge (§. 7, Abs. 2). Die Kirchensteuern werden für das Rechnungs- 
jahr umgelegt, und zwar nach dem Maßstab der Staatseinkommensteuer, erforderlichen- 
falls einschließlich der staatlich veranlagten fingierten Normalsteuersätze und, sofern da- 
neben eine Heranziehung der Realsteuern erfolgen soll, der staatlich veranlagten Grund-, 
Gebäude= und Gewerbesteuer, keinesfalls aber der Gemeindesteuern (§§. 9, 10). Die Er- 
hebung erfolgt in Form von gleichmäßigen Zuschlägen zu den staatlichen Steuern (§. 11). 
Die Befugnis der Kirchengemeinden, auf Grund zu Recht bestehender älterer, von den Vor- 
schriften des Kirchensteuergesetzes abweichender Anderungen Steuern umzulegen, ist unbe- 
rührt geblieben (§. 30). Das Rechtsmittel gegen die Heranziehung bzw. Veranlagung 
zur Kirchensteuer ist der Einspruch, der binnen 4 Wochen seit dem Tage der Zahlungs- 
aufforderung beim Gemeindekirchenrat einzulegen ist (§. 19). Gegen den Beschluß des 
Gemeindekirchenrats über den Einspruch steht dem Steuerpflichtigen binnen 4 Wochen die 
Beschwerde zu; diese ist beim Konsistorium einzulegen und wird von diesem dem Regierungs- 
präsidenten zur Entscheidung vorgelegt (§. 20; Staatsges. v. 14. Juli 1905, Art. IV, 
§. 1; Verordn. v. 23. März 1906, Art. II). Im Falle der Heranziehung zur Kirchensteuer 
seitens mehrerer Kirchengemeinden kann der Steuerpflichtige an Stelle des Einspruchs gegen 
jede einzelne Heranziehung auch einen Antrag auf Verteilung des kirchensteuerpflichtigen 
Einkommens auf die mehreren Kirchengemeinden beim Konsistorium stellen, über welchen 
ebenfalls der Regierungspräsident beschließt (J. 21; Staatsges., Art. IV, §. 2; Verordn. v. 
23. März 1906, Art. II). Gegen die Entscheidung des Regierungspräsidenten über eine 
Beschwerde oder einen Verteilungsantrag steht endlich binnen 2 Wochen sowohl dem Steuer- 
pflichtigen als auch den beteiligten Kirchengemeinden die Klage beim Oberverwaltungs- 
gericht zu (Staatsges., Art. IV, §. 4). Auf die Nachforderung und Verjährung von 
Kirchensteuern finden die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes sinngemäß Anwen- 
dung (8§. 23). 
b) Die Kreissynodet hat ein selbständiges Besteuerungsrecht nur zur Beschaffung 
der durch sie verursachten Kosten, soweit nicht andere Mittel für diesen Zweck gewidmet 
sind und die Einkünfte ihres eigenen Vermögens nicht ausreichen (K. G. u. S. O., 8§. 71, 
72). Sie verteilt diese Kosten durch Beschluß auf die zu ihrem Verbande gehörigen 
Kirchengemeinden (K. G. u. S. O., §§. 53, Nr. 7, 71, 72, Abs. 2; rhein.-westf. K. O., 
8#§ 176, 135; Ges. v. 3. Juni 1876, Art. 2 3, 15, Abs. 3; 11, Abs. 1) nach Maßgabe 
der Einkommensteuer unter Berücksichtigung auch des Patrons nach einem von der Kreis- 
synode selbst sachgemäß festzusetzenden Verteilungsfuß in der Regel für 3 Jahre (Rev. 
Instr. zur K. G. u. S. O. v. 25. Jan. 1882, Nr. 55; Erl. d. O. K. R. v. 5. Juni 1877, 
K. G. u. V. Bl. 1876/77, 135; v. 10. Okt. 1877, K. G. u. V. Bl. 214; v. 28. Juni 
1881, K. G. u. V. Bl. 49; v. 17. April 1883, K. G. u. V. Bl. 60 ff.). Gegen den Ver- 
teilungsbeschluß steht den Kirchengemeinden binnen 21 Tagen Beschwerde an den Regierungs- 
präsidenten, sodann weitere Beschwerde an den Oberpräsidenten zu (Ges. v. 3. Juni 1876, 
Art. 3; 15, Abs. 3; Verordn. v. 9. Sept. 1876, Art. III).2 
  
2 Hohenzollern: Ges. v. 2. Juli 1898, Art. 3; 
1 Giese, Kirchensteuerrecht, S. 287 f.; Schoen, 
ff. Sept. 1897, Art. III. 
Bd. II, S. 594 
    
        
	        
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