Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

36 Die Gesetzgebung. (§. 114.) 
L. V. G. v. 30. Juli 1883 unter Hinweis auf die Verordnung v. 20. Sept. 1867 
und des Gesetzes v. 7. Jan. 1870 auf die ganze Monarchie ausgedehnt worden. 
4. Für die Stadt Berlin erfolgt bis zum Erlaß des in §. 2 der Provinzial- 
ordnung v. 29. Juni 1875 vorgesehenen Gesetzes ! der Erlaß polizeilicher Vorschriften 
lediglich nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Polizeiverwaltung v. 11. März 
1850.2 
Zu den Gegenständen der hiernach zulässigen orts= oder kreispolizeilichen 
Vorschriften gehören 3.: a) der Schutz der Personen und des Eigentums; b) Ordnung, 
Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, 
Brücken und Ufern und Gewässern; c) der Marktverkehr und das öffentliche Feilhalten 
von Nahrungsmitteln; d) Ordnung und Gesetzlichkeit bei dem öffentlichen Zusammensein einer 
größeren Anzahl von Personen; e) das öffentliche Interesse in bezug auf die Aufnahme und 
Beherbergung von Fremden; die Wein-, Bier= und Kaffeewirtschaften und sonstige Einrich- 
tungen zur Verabreichung von Speisen und Getränken; t) Sorge für Leben und Ge- 
sundheit; g) Fürsorge gegen Feuersgefahr und sonstige Unsicherheit bei Bauausführungen, 
sowie gegen gemeinschädliche und gemeingefährliche Handlungen, Unternehmungen und 
Ereignisse überhaupt; h) Schutz der Felder, Wiesen, Weiden, Wälder, Baumpflanzungen, 
Weinberge usw.; i) alles andere, was im besonderen Interesse der Gemeinden und ihrer 
Angehörigen polizeilich geordnet werden muß.“" 
Von jeder orts= oder kreispolizeilichen 
  
1872 der Landrat nicht befugt ist, unter Zu- 
stimmung des Kreisausschusses Polizeiverordnungen 
für mehrere oder sämtliche Städte des Kreises 
zu erlassen; die Kreisordnung regle das Polizei- 
verordnungsrecht der städtischen Polizeiver- 
waltungen überhaupt nicht, indem sie für dieses 
die Bestimmungen des Ges. v. 11. März 1850 
bzw. der betr. Städteordnungen in Geltung lasse; 
nur insoweit die Städte zu einem Kreise gehören, 
bzw. unter dem Gesichtspunkte, daß sie Teile 
eines Regierungsbezirkes oder einer Provinz sind, 
gälten für sie diejenigen Polizeiverordnungen, 
welche auf Grund des §. 78 der Kr. O. für 
den ganzen Umfang des Kreises, bzw. auf Grund 
der §§. 76 ff. der Prov. O. v. 29. Juni 1875 
für mehrere Kreise oder für mehrere Regierungs- 
bezirke, oder für den ganzen Umfang der Provinz 
erlassen sind. Gemäß L. V. G. S. 142 hat der 
Landrat das Recht, auch Städte, die rechtlich dem 
Kreise angehören, den unter Zustimmung des 
Kreisausschusses 
nungen zu unterstellen. Vgl. Rosin, S. 210f. 
1 Nach §. 2, Abs. 1 u. 2 der Prov. O. soll 
die Stadt Berlin aus dem Kommunalverbande 
der Provinz Brandenburg ausscheiden und ein 
besonderes Gesetz über die Bildung eines be- 
sonderen Kommunalverbandes aus der Stadt 
Berlin nebst angrenzenden Gebieten erlassen wer- 
den. Dieses Gesetz ist indes nicht ergangen. §. 1 
des Ges. über die Organisation der Landesver- 
waltung v. 26. Juli 1880 hat indes wiederholt 
bestimmt, daß die Stadt Berlin aus der Provinz 
Brandenburg ausscheiden und einen Verwal- 
tungsbezirk für sich bilden soll. Der §. 91 
des Ges. v. 26. Juli 1880 erklärt zugleich den 
§. 2, Abs. 2 der Prov. O. v. 29. Juni 1875 
für aufgehoben. Die Behörden für den Stadt- 
kreis Berlin sind durch die Vorschriften der 
§§. 34—40 des Ges. v. 26. Juli 1880 bestimmt 
worden, an deren Stelle jetzt die Vorschriften 
L. V. G., §. 42 getreten sind. Uber den Polizei- 
bezirk Berlin s. ferner Ges. v. 12. Juni 1889 
(G. S. 129) und Ges. v. 13. Juni 1900, §. 2. 
erlassenen Kreispolizeiverord- 
  
Heute bildet Berlin mit seinen Vororten einen 
Zweckverband gemäß dem Zweckverbandsgesetz für 
Groß-Berlin v. 19. Juli 1911. 
2 Vgl. Prov. O. v. 29. Juni 1875, §. 126, 
Ziffer 2. 
S. z. folgenden Rosin S. 165 ff. auf der 
Grundlage der in den §§. 21—27 gegebenen all- 
gemeinen Ausführungen über den Begriff der 
Polizei, den Unterschied zwischen Sicherheits= und 
Wohlfahrtspolizei, Orts= und Landespolizei. 
xÜber das „delegierende Gesetz“ s. die allgemeine 
Ausführung von Nosin, S. 64 ff., über den. 
gesetzlich zulässigen Inhalt der Pol. Verordn. 
S. 87 ff., über die Einzelvorschriften des §. 6 
S. 165 ff. Ges. v. 11. März 1850, §. 6 u. Verordn. 
v. 20. Sept. 1867, §. 6, lauenburg. Ges., §. 7. 
Über die Auslegung, welche das Ob. Trib. den 
einzelnen Bestimmungen des §. 6 gegeben hat, 
vgl. v. Rönne, Ergänz. und Erläut. der Preuß. 
Rechtsb., 6. Ausg., Bd. IV, S. 503—506 (zu 
den §§. 5 u. 6 des Ges. v. 11. März 1850) und 
Friedrichs, Polizeiverwaltungsgesetz, 1911. §. 6 
bestimmt nicht die Grenzen der ortspolizeilichen 
Verwaltung, sondern den Umfang der orts- 
polizeilichen Rechtssetzung, welche §. 5 begründet 
und deren Formen und Wirkungen S8§. 7 ff. vor- 
schreiben. Dies hat durch die Fassung der Ein- 
gangsworte des §. 6 ausgedrückt werden sollen. 
(Vgl. den Ber. der Komm. der 2. K. zu §. 6 in 
v. Rönnes Kommentar über die Gemeinde= usw. 
Ordn. v. 11. März 1850, S. 410.) — Die Be- 
stimmungen unter a bis einschließlich h des §. 6 
sind als die vorzüglichsten Beispiele anzusehen, 
während i gestattet, außerdem nach dem Er- 
messen der Polizeibehörde alle übrigen Gegen- 
stände, die polizeilich geordnet werden müssen, in 
den Kreis des Ortspolizeiverordnungs- 
rechtes zu ziehen. Uber die Bedenken gegen 
diese Bestimmung (i) vgl. die Rede des Abgeordn. 
v. Ammon in den Stenogr. Ber. der 1. K. 1850, 
S. 2330 und dagegen die Bemerk. des Reg.= 
Kommissars a. a. O., S. 2331. — Der Auf- 
satz in der Deutschen Ger.-Zeit. 1863, Nr. 1, 
 
	        
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