Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

38 Die Gesetzgebung. (§S. 114.) 
und des Gesetzes für Lauenburg v. 7. Jan. 1870 mit Strafandrohungen bis zu 
sechzig Mark für mehrere Kreise oder für den Umfang des ganzen Regierungsbezirkes zu 
erlassen. Diese Polizeivorschriften bedürfen der Zustimmung des Bezirksausschusses; nur- 
in Fällen, die keinen Aufschub zulassen, kann die erforderliche Polizeivorschrift vor Ein- 
holung der Zustimmung des Bezirksausschusses erlassen werden, ist aber außer Kraft zu 
setzen, wenn die Zustimmung nicht innerhalb drei Monaten nach dem Tage der Publi- 
kation der Polizeivorschrift erteilt wird (L. V. G., §. 139). Der sachliche Umfang solcher 
Polizeiverordnungen des Regierungspräsidenten ist gemäß den angeführten Vorschriften 
des Gesetzes v. 11. März 1850 der gleiche wie der der Ortspolizeiverordnungen (s. oben 
Ziff. 1), jedoch mit dem Zusatze, daß auf diesem Wege auch geordnet werden dürfen 
„alle anderen Gegenstände, deren polizeiliche Regelung durch die Verhältnisse der Ge- 
meinden oder des Bezirks erfordert wird“ (§. 12).1 
6. Die gleiche Befugnis wie der Regierungspräsident hat der Oberpräsident für 
mehrere Kreise, insofern sie verschiedenen Regierungsbezirken angehören, für mehr als 
einen Regierungsbezirk oder für den Umfang der ganzen Provinz (L. V. G., §. 137, 
Abs. 1). Die Polizeiverordnungen des Oberpräsidenten bedürfen der Zustimmung des 
Provinzialrates mit der gleichen Maßgabe wie diejenigen des Regierungspräsidenten der- 
des Bezirksausschusses (L. V. G., §. 139, s. oben Ziff. 5).2 
7. Die Befugnis, Polizeivorschriften über Gegenstände der Strom-, Schiffahrts- 
und Hafenpolizei zu erlassen, steht ausschließlich dem Regierungspräsidenten, also nicht den. 
Orts= und Kreispolizeibehörden, und, wenn die Vorschriften sich auf mehr als einen. 
Regierungsbezirk oder auf die ganze Provinz erstrecken sollen, dem Oberpräsidenten 3, so- 
weit aber mit der Verwaltung dieser Zweige der Polizei besondere, unmittelbar dem 
Minister für Handel und Gewerbe unterstehende Behörden beauftragt sind, dem letzteren 
zu. Die Befugnis des Regierungspräsidenten erstreckt sich auch auf den Erlaß solcher 
Polizeivorschriften für einzelne Kreise oder Teile derselben. Für Zuwiderhandlungen gegen 
diese Verordnungen können Geldstrafen bis zu sechzig Mark angedroht werden. Bei den. 
Vorschriften des Gesetzes v. 9. Mai 1853, betreffend die Erleichterung des Lotsen- 
zwanges in den Häfen und Binnengewässern der Provinzen Preußen und Pommern", 
behält es mit der Maßgabe sein Bewenden, daß an die Stelle der Regierung der Re- 
gierungspräsident tritt (L. V. G., §. 138). Auch die Polizeiverordnungen über die Sonn- 
tagsheiligung sind dem Regierungspräsidenten vorbehalten. 
8. In die polizeilichen Vorschriften, zu deren Erlaß die mit dem Polizeiverordnungs- 
recht betrauten Behörden befugt sind, dürfen keine Bestimmungen ausgenommen werden, 
welche mit den Gesetzen oder den Verordnungen einer höheren Instanz im Widerspruche 
stehen. 5 
9. Soweit die Gesetze ausdrücklich auf den Erlaß besonderer polizeilicher Vor- 
schriften (Verordnungen, Anordnungen, Reglements usw.) durch die Zentralbehörden ver- 
  
1 S. Rosin, S. 167 ff., besonders über den 
das Verordnungsrecht der „Landespolizei“ über 
den Umfang der Ortspolizei hinaus erweiternden 
Zusatz: „alle anderen Gegenstände“ usw., der 
„alle durch den Begriff der Polizei bestimmten, 
inhaltlich über den örtlichen Interessenkreis hinaus- 
gehenden staatlichen Gemeininteressen, welche, in 
den Verhältnissen des landespolizeilichen Verwal- 
tungsbezirks hervortretend, für diesen ihre Rege- 
lung als notwendig und zweckmäßig erscheinen 
lassen“" (Rosin, S. 169), umfaßt. S. ferner 
Rosin, S. 195 ff. 
2 S. Rosin, S. 193ff. 
* Der §. 136 des Ges. v. 30. Juli 1883 macht 
hiervon indes die Ausnahme, daß dem Minister 
für H. u. Gew. die Befugnis zusteht, Polizei- 
verordnungen über die Regelung der Strom-, 
Schiffahrts= und Hafenpolizei zu erlassen, sofern 
  
  
dieselben sich über das Gebiet einer einzelnen 
Provinz hinaus erstrecken sollen. 
4 Das Ges. v. 9. Mai 1853 (G. S. 1853, 
S. 216) ermächtigt die betr. Regierungen zum. 
Erlaß polizeilicher Verordnungen über den ge- 
dachten Gegenstand mit Strafandrohung bis zu 
150 M. oder Haft bis zu 6 Wochen. 
5 Kab. O. v. 7. Febr. 1837, dazu Rosin, 
S. 205, N. 5. 
9 Ges. v. 11. März 1850, §. 15, Verordn. v. 
20. Sept. 1867, §. 13, lauenburg. Ges., §. 14. Über 
die Frage, welche polizeiliche Verordnungen im 
Sinne des §. 15 des Ges. v. 11. März 1850 als mit. 
den „Verordnungen einer höheren Instanz“ im 
Widerspruch stehend zu erachten, vgl. die Ent- 
scheidungen des Ob. Trib. in v. Rönnes Ergänz. 
u. Erläut. der Preuß. Rechtsb., 6. Aufl., Bd. IV, 
S. 510 zu §. 15 des Ges. v. 11. März 1850.
	        
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