Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

72 Die Gesetzgebung. (S. 117.) 
des gedachten Eides sowohl von den Staatsbeamten als von den Mitgliedern beider 
Häuser des Landtages genau nach der in Art. 108 vorgeschriebenen Fassung erfolgen, 
jede Abänderung des wörtlichen Ausdruckes dieses Eides durch einen anderen Zusatz als 
denjenigen, welcher die dem religiösen Bekenntnisse entsprechende Bekräftigungsformel ent- 
hält, ist dergestalt für unzulässig zu erachten, daß die Weigerung, den Eid ohne weiteren 
Zusatz zu leisten, die Entlassung des betreffenden Staatsbeamten nach sich zieht bzw. 
die Teilnahme des betreffenden Mitgliedes der Landesvertretung an den Verhandlungen 
des betreffenden Hauses ausschließt. Für den Rechtscharakter des Beamten, für die 
dienstlichen Rechte und Pflichten sowie die Gültigkeit der Amtshandlungen ist der Dienst- 
eid ohne rechtliche Bedeutung.2 
B) Ministerverantwortlichkeit und Ministeranklage. 
I. Indem das Staatsrecht der konstitutionellen Monarchie, insbesondere auch das 
preußische Staatsrecht, den Grundsatz der Unverletzlichkeit der Person des Königs auf- 
  
verrichtung selber, oder ob sie auf die allgemeinen geleistet und behaupteten nur, daß der geleistete 
Bedingungen und Voraussetzungen der gehörigen Fahneneid sie von der Leistung des Huldigungs- 
Verrichtung des Amtes sich beziehe. Die Weige= eides nach der Thronbesteigung des Königs Wil- 
rung eines Beamten, jenen Eid zu leisten, ver= helm entbinde. 
bunden mit der Erklärung, sein Amt nicht auf- Von gleichem Grundsatze ist auch das Haus der 
geben zu wollen, schließt daher eine Verletzung Abgeordneten in dem Falle ausgegangen, wo die 
der Amtspflicht, ein Dienstvergehen, ein. Wer beiden Abgeordneten des 1. und 2. schleswig-hol- 
die von seinem freien Willen abhängende Voll= steinschen Wahlbezirkes (Krüger und Ahlmann) 
ziechung eines zur Wahrnehmung seines Amtes die bedingungslose Ableistung des Eides auf die 
gesetzlich für notwendig erklärten Aktes verweigert, Verfassung ablehnten und den Eid nur unter 
wer sich somit zur Ausübung seines Amtes außer= Verwahrung der Rechte Nordschleswigs auf Ab- 
stand setzt, der verletzt ebensowohl seine Amts= stimmung in Gemäßheit des Art. V des Prager 
pflicht, als wer das Amt selbst nicht verrichtet“ — Friedensvertrags v. 23. Aug. 1866 ableisten zu 
Vgl. auch das Reskr. des Min. d. geistl. uilw. Ang. wollen erklärt hatten. Das Haus der Abg. hat 
v. 27. Mai 1868 (M. Bl. d. i. Verw. 1868, angenommen, daß die Einlegung einer solchen 
S. 205’—200). Verwahrung bei Ableistung des Eides auf die 
1 In diesem Sinne hat sich die Gesch. O. Verfassung unstatthaftsei und daß die Abgeordneten, 
Komm, der 1. K. in dem Ber. v. 13. Jan. welche die bedingungslose Ableistung des in Art. 
1852 (Drucks. der 1. K. 1851 — 52, Bd. II,108 der Verf. Urk. vorgeschriebenen Eides ver- 
Nr. 76) und die Gesch. O. Komm. des H. H. weigern, nicht für legitimiert zu erachten seien, 
in dem Ber. v. 29. Jan. 1856 (Stenogr. Ber. einen Sitz im Hause der Abgeordneten einzu- 
des H. H. 1855 — 56, Anlagebd. S. 25— 26, nehmen. Vgl. den Antrag der Gesch. O. Komm. 
Nr. 9) über die Frage ausgesprochen und so= v. 4. Dez. 1867 (Stenogr. Ber. des A. H. 1867 
wohl die frühere 1. Kammer, als auch das H. . —68, Anl. Bd. I, S. 97, Nr. 39) und den 
haben sich mit dieser Ansicht einverstanden erklärt, Beschl. des A. H. v. 7. Dez. 1867 (Stenogr. Ber. 
indem es insbesondere für unstatthaft erachtet des A. H. 1867—68, Bd. I, S. 265—271), desgl. 
worden ist, daß ein dem Militärstande ange-= Sitz. v. 9. Dez. 1867 (a. a. O. S. 285); ferner 
höriges Mitglied des Hauses bei Ableistung des den Antrag der Gesch. O. Komm. v. 21. Nov. 
Verfassungseides einen Zusatz hinzufüge, welcher 1868 (Stenogr. Ber. des A. H. 1868— 69, Aul. 
bezweckte, die aus dem als Soldat geleisteten Bd. II, S. 616, Nr. 51), nebst Amendement des 
Eide hervorgehenden besonderen Verpflichtungen Abgeordn. v. Mallinckrodt v. 27. Nov. 1868 (eben- 
vorzubehalten (vgl. Stenogr. Ber. der 1. K. 1851 da S. 690, Nr. 73) und die Beschl. des A. H. 
—52, S. 222—23, und Stenogr. Ber. des H. H. v. 27. und 30. Nov. 1868 (Stenogr. Ber. des A. H. 
1855—56, Bd.I, S. 58). — Der Abgeordn. Vir= 1868—69, Bd. I, S. 289— 301 u. S. 320, vyl. 
chow hat zwar behauptet, daß im Jahre 1861 S. 329); endlich die Verhandl. in der Sitz. des 
Mitglieder (Fürst v. Radziwill und Frhr. A. H. v. 17. Nov. 1869 (Stenogr. Ber. des A. H. 
v. Weichs) in das Herrenhaus zugelassen worden 1869—70, S. 562—566). — Ubrigens schreibt 
seien, ohne den Verfassungseid abzuleisten, die neueste Gesch. O. des A. H. (von 1876) in 
indem sie sich lediglich auf den von ihnen ge= §. 6, Abs. 2, ausdrücklich vor, „daß die Weige- 
leisteten Fahneneid berufen hätten (vgl. Stenogr. rung der Ableistung des Eides auf die Verfassung 
Ber. des A. H. 1863, Bd. II, S. 1010). Die die Befugnis ausschließt, einen Sitz im Hause 
von dem Abgeordn. Virchow in Bezug genomme= einzunehmen". Vgl. Schwartz, Verf. Urk., 
nen Verhandlungen des H. H. v. 23. Jan. und S. 339. 
30. April 1861 (Stenogr. Ber. desselben 1861, 2 Siehe oben Bd. I, S. 436, dazu auch Arndt, 
Bd. 1, S. 19 u. 355) ergeben dies indes nicht. Verf. Urk., S. 374 und die dort angegebene 
Der Fürst v. Radziwill und Frhr. v. Weichs Literatur und Rechtsprechung. 
hatten vielmehr den Eid auf die Verfassung 3 Vgl. Buddeus, Die Ministerverantwort- 
schon früher als Mitglieder des Herrenhauses lichkeit in konstitutionellen Monarchien, 1833; 
 
	        
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