Ortsgemeinden; das geltende Recht. (F. 28.) 117
nicht mehr zusammentreten kann!, so hat der Magistrat oder, wenn auch dieser aus
dem vorgedachten Grunde beschlußunfähig geworden ist, der Bezirksausschuß für die
Wahrnehmung des Gemeindeinteresses zu sorgen und eventuell einen Vertreter für die
Stadtgemeinde zu bestellen.?
Über jede Sitzung wird ein Protokoll geführt, welches vom Vorsitzenden und dem
Protokollführer durch Unterschrift zu vollziehen und in Schleswig-Holstein für die
Gültigkeit der gefaßten Beschlüsse allein beweisend ist. Eine beglaubigte Abschrift des-
selben erhält in Schleswig-Holstein binnen drei Tagen der Magistrat. In den alten
Provinzen, Kurhessen und Frankfurt a. M. sind die gefaßten Beschlüsse mit An-
führung der dabei gegenwärtig gewesenen Mitglieder noch in ein besonderes Beschlußbuch
einzutragen und von dem Vorsitzenden nebst wenigstens drei Mitgliedern zu unterzeichnen;
hier werden nur die Beschlüsse dem Magistrat mitgeteilt.]
VII. Die Beteiligung des Magistrats an den Versammlungen der Stadtverordneten
ist in den einzelnen Rechtsgebieten eine verschiedene. In den alten Provinzen und
Frankfurt a. M. hat er das Recht und auf Verlangen der Stadtverordnetenversamm-
lung auch die Pflicht, sich in allen ihren Sitzungen durch Abgeordnete vertreten zu
lassen. In Nassau muß er in diesen stets zugegen sein. In Kurhessen, Hannover
und Schleswig-Holstein wohnt er nicht beratend bei, er kann jedoch in letzteren beiden
Provinzen, und dies ist die Regel, zu gemeinschaftlicher Beratung und Beschlußfassung
mit den Stadtverordneten zusammentreten und bildet dann mit diesen gewissermaßen eine
einheitliche Versammlung.“ Über diese gemeinschaftlichen Sitzungen soll unten noch ein-
gehender gehandelt werden.
g. 28.
5) Die Auflösung der Stadtverordnetenversammlung.
In Rückkehr zu den Vorschriften der Städteordnung von 1831 haben die neuen
preußischen Städteordnungen wieder das durch die Gemeindeordnung von 1850 dem
Minister gegebene Recht zur Suspension beider städtischen Organe beseitigt und an Stelle
dessen eine Auflösung der Stadtverordnetenversammlung für zulässig erklärt. Dasselbe
thut die Gemeindeordnung für Kurhessen. Die üÜbrigen Gemeindeverfassungsgesetze
holst. und der G. O. kurh. geschehen. — Hier
allein bewirkt das Interesse der daselbst ge-
nannten Verwandten notwendig einen Aus-
schließungsgrund, im übrigen kann aus einem
verwandtschaftlichen Verhältnis ein solcher nur
dann hergeleitet werden, wenn das Mitglied zu
der betreffenden Person in einer Beziehung
steht, die es, wenn auch nur indirekt, als selbst
beteiligt erscheinen läßt (Berpflichtung zum
Unterhalt des Berwandten). rtel, S. 199,
Anm. 1; Marcinoweki, S. 109, Anm. 248;
Hübner, S. 169.
1 Danach muß z. B. in den alten Provinzen
mindestens die Hälfte aller Mitglieder der Ver-
sammlung von der Teilnahme an der Verhand-
lung wegen Widerstreits der Interessen ausge-
schlossen sein. Solange noch mehr als die
Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl vorhanden
und nicht ausgeschlossen ist, tritt diese Aus-
nahmevorschrift nicht ein, denn dann kann
„eine beschlußfäbige Versammlung gehalten wer-
den“; diese muß berufen werden. Wird durch
Ansbleiben einzelner nicht die Beschlußfähigkeits-
ziffer erreicht, so ist die Versammlung nochmals
zu berufen und dann ohne weiteres beschluß-
fähig.
: Zust. G., §. 17, Z. 2. Der Bez. A. ist
auch für Berlin zuständig (Zust. G., §. 161,
Abs. 1). Vgl. auch v. Brauchitsch, I, S. 216,
Anm. 45.
? St. O. ö., wiesb. u. w., §. 47; rh., §. 44;
frkf., §. 57; schlesw.--holst., §§. 54, 55; hann.,
S. 106, Abs. 2, u. 8. 108, Abs. 1. G. O. kurh.,
§. 65, Abs. 4; hier fehlen besondere Vorschriften
über die Vollziehung und Mitteilung der Be-
schlüsse an den Stadtvorstand. — In den
Städten, welche die Bürgermeistereiverfassung
haben, fällt die Mitteilung natürlich weg.
St. O. ö., wiesb. u. w., §. 38, Abf. 3;
rh., 8. 72, Abs. 3 u. 4; frkf., §. 49; schlesw.=
holst., §. 50; hann., §§. 101, 107, 113 (der
Magistrat ist hier jedoch berechtigt und auf An-
trag der Bürgervorsteher verpflichtet, durch Ab-
ordnung eines oder einiger seiner Mitglieder
in der Versammlung der Bürgervorsteher eine
Erläuterung seiner Vorschläge zu geben und den
Bürgervorstehern auch die Einsicht seiner Akten
für ihre Beschlußfassungen zu gestatten). G. G.
nass., §. 28.
5 Leidig, S. 108; v. Möller, St., §. 30;
Steffenhagen, §. 54; Schmitz, §. 19.