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Zweiter Abschnitt.
(8. 35.)
zweige übertragen ist, auch Dritten gegenüber handelnd auftreten und sogar namens der
Stadt Prozesse führen.!
Die Verwaltungsausschüsse sind Hilfsorgane des Stadtvor-
standes, welcher auch über die gegen ihr Verfahren gerichteten Beschwerden entscheidet.
Sie sind öffentliche Behörden, und ihre Mitglieder sind öffentliche Beamte.
Ihre Zusammensetzung ist in Kurhessen gesetzlich dahin bestimmt,
daß sie aus
Mitgliedern des Gemeinderates und hinzugezogenen Sachkundigen, nicht also aus Stadt-
1 Plenarbeschluß des Ob. Trib. v. 27. Mai
1839 (Entsch. IV, S. 273); M. Erl. v. 22. Okt.
1883 (V. M. Bl. 1884, S. 9). Auch das O.
V. G., XVII, S. 271, bält die Deputationen
zur Prozeßfübrung für befugt, verlangt jedoch,
daß diese Berechtigung ihnen jedesmal besonders
übertragen werde. Auch sollen sie selbständig
darüber Beschlüsse fassen können, ob namens
der Stadtgemeinde Prozesse zu führen seien,
wenn der Gegenstand derselben sich als ein Akt
der laufenden Verwaltung darstelle, wie dies
namentlich bei Einklagung der auf Grund von
Hebelisten fälligen Forderungen der Fall ist.
In Hannover scheint eine solche selbständi ißert
Stellung der Verwaltungsausschüsse gegen
der Bestimmung des S. 77, 3. 1 der St. O. bann.,
daß sie bei allen Behörden durch den Magi-
strat vertreten werden müssen, ausgeschlossen.
über die Geschäftsordnung der Deputationen
enthält die Instr. für die Magisträte v. 25. Mai
1835 (Kamptz, Ann., S. 753), §§. 26—30
eingehendere Vorschriften. Für einige Depu-
tationen bestehen noch besondere Vorschriften,
so: a) für die Servis= und Eingquartierungs-
deputation, vgl. §. 5 des Gesetzes betr. die
Quartierleistungen v. 25. Juni 1868 (B. G. Bl.,
S. 523); b) für die Sanitätsdeputation, vgl. das
Regulativ über sanitätspolizeiliche Vorschriften
bei ansteckenden Krankbeiten, bestätigt durch
Kab. O. v. 3. Aug. 1835, publiziert am 28. Okt.
1835 (G. S., S. 240); c) für die Schuldepu-
tation, deren sämtliche Mitglieder der Bestä-
tigung durch die Regierung bedürfen, vgal. Instr.
v. 26. Juni 1811 (Kamptz, Ann., XVII, S.
659); d) für die Armendeputationen, bei denen
besonders zu bemerken ist, daß zu ihnen auch
nicht stimmberechtigte Einwohner (im Gebiete
der Bürgergemeinde: Nichtbürger) zugezogen
werden können, und daß Ortspfarrer, deren
Pfarrbezirk über die Grenzen der politischen
Gemeinde ibres Wobnortes sich erstreckt, bin-
sichtlich des in auswärtigen Gemeinden belege-
nen Kirchspielteiles den dortigen Ortseinwobnern
gleichzuachten sind, vgl. Ges. betr. die Ausfüb-
rung des Bundesgesetzes über den Unterstützungs-
wohnsitz v. S. März 1871 (G. S., S. 130), §. 3.
Näbexes über alle diese Deputationen siebe bes.
bei Ortel, S. 323 ff.
14 örtela. S. 323, Anm. 1; Plenarbeschluß
des Ob. Trib. v. 27. Mai 1839, in den Ent-
scheidungen desselben, IV., S. 275; drei Erk.
des Strafsenats desselben Gerichtsbofs bei
Oppenhboff, Rechtsprechung, I, S. 470; IV,
S. 490: V. S. 508. Auch die Stadtverord-
neten, welche Mitglieder eines Verwaltungsaus-
Gusses sind, sind in dieser Eigenschaft Beamte.
. G. XXV . 417, 418. Eigentümlich
Or die Verhältnisfe der nicht zu den Magi-
stratspersonen gebörigen Mitglieder der Ver-
ber
waltungsausschüsse in disziplinarer Beziehung
in den östlichen Provinzen und im Geltungs-
bereiche der St. O. wiesb. Nach St. O. ö. u.
w., §. 75, Abs. 2; wiesb., §. 77, Abs. 2; rh.,
#§. 80, Abs. 4, können die zu bleibenden Ver-
waltungsdeputationen gewählten stimmfäbigen
Bürger durch einen übereinstimmenden Beschluß
des Stadtvorstandes und der Stadtverordneten-
versammlung auch vor Ablauf ihrer Wablperiode
von ihrem Amte entbunden werden. Durch diese
Vorschrift sollte, wie sich aus dem Berichte der
von der Ersten Kammer zur Beratung des Ent-
wurfs der St. O. ö. eingesetzten Kommission
(Drucks. d. 1. K. 1852—53, Nr. 62, S. 46) er-
giebt, zunächst nach dem Vorgange des §. 206
der St. O. von 1808 die Möglichkeit gewäbrt
werden, in einer Form, die keinen disziplinaren
Charakter an sich trägt und keine Kränkung mit
sich führt, solche nicht zu den Magistrats-
beamten gehörige unbesoldete Gemeindebeamte,
welche sich nicht genügend brauchbar erweisen
oder bei denen sonst die Notwendigkeit hierzu
eintritt, ohne große Weitläufigkeiten durch
andere zu ersetzen. Das O. V. G. hat jedoch,
XXV, S. 417, angenommen, daß infolge dieser
Vorschrift nicht nur das Disziplinarverfahren
auf Entfernung aus dem Amte gegen diese
Beamten ausgeschlossen und durch das ein-
fachere, ihre ebrenamtliche Stellung berücksich-
tigende Beschlußverfahren ersetzt werde, sondern
daß die Vorschriften des Disziplinargesetzes für
nichtrichterliche Beamte v. 21. Juli 1852 auf
dieselben überhaupt nicht Anwendung finden,
daß also gegen sie auch Ordnungsstrafen nicht
verbängt werden dürfen. Aus den gesetzlichen
Vorschriften ergiebt sich die Ansicht des O. V. G.
unmittelbar nicht mit zwingender Notwendig-
keit. Es kann zweifelbaft erscheinen, ob man
annehmen darf, daß die allgemeine Bestim-
mung des §. 1 des Gesetzes v. 21. Juli 1852
durch §. 75, Abs. 2, §. 77, Abs. 2 u. §. 80, Abs. 2
der St. Ordugn., eine Einschränkung in be-
treff der dort genannten Mitglieder der städti-
schen Deputationen erfahren hat, oder ob auf
diese nur diejenigen Vorschriften des Ges. von
1852 nicht Anwendung finden, welche die Ent-
fernung aus dem Amte, von der allein in den
§§. 75, Abs. 2 u. s. w. die Rede ist, betreffen.
Ich möchte mich für die letztere Auffassung er-
klären, da solche Ausnabmevorschriften stets
strikt zu interpretieren sind. — Es ist dagegen
zweifellos, daß zu den Mitgliedern der städtischen
Deputationen, auf welche die §§. 75 u. s. w.
Anwendung finden, auch die aus der Zahl der
Stadtverordneten gewählten gehören, denn, wie
aus dem erwähnten Kammerbericht bervorgebt,
sind bier eben alle Mitglieder gemeint, welche
nicht gleichzeitig Magistratsmitglieder sind. Siehe
auch unten S. 161 zu c.