Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 43.) 
II. Die Organe der Landgemeinden. 
A. Die Gemeindeversammlung und die Gemeindevertretung. 
8. 43. 
1) Allgemeines.! 
Die Gemeindeversammlung, d. h. die Versammlung aller stimmfähigen Gemeinde= 
genossen, war von jeher das Organ, durch welches regelmäßig die Landgemeinden ihren 
Willen zum rechtlichen Ausdruck brachten. Die Einführung der Gemeindevertretung an 
Stelle der Gemeindeversammlung ist bei den Landgemeinden wegen ihrer meist ein- 
facheren Verhältnisse und der meist geringeren Zahl ihrer stimmberechtigten Mitglieder 
erst später als bei den Städten zum Bedürfnis geworden. Heute regeln zwar alle 
Landgemeindeordnungen ebenso wie die Städteordnungen eingehend die Verhältnisse der 
Gemeindevertretung, allein sie setzen dieselbe nicht wie letztere durchweg an die Stelle 
der Gemeindeversammlung; nur in größeren Landgemeinden soll unbedingt die Gemeinde-- 
versammlung durch die Gemeindevertretung ersetzt werden. 
Alle Gemeindeordnungen, mit Ausnahme der hannöverschen, welche die Einführung 
der Gemeindevertretung stets vom Willen der Beteiligten abhängig macht?, befolgen 
den Grundsatz, nur da die Einrichtung der Gemeindevertretung zu einer obligatorischen 
zu machen, wo die Zahl der Gemeindemitglieder eine so große ist, daß die Leitung der 
vollzähligen Gemeindeversammlung durch den Gemeindevorsteher, und damit eine förder- 
liche Geschäftsführung überhaupt mit größeren Schwierigkeiten verknüpft ist. Bleibt die 
Zahl der stimmfähigen Gemeindemitglieder hinter der sich hieraus ergebenden Grenze 
zurück, so sollte es dem Selbstbestimmungsrechte der Gemeinden überlassen bleiben, ob 
sie die Gemeindeversammlung beibehalten oder zum System der gewählten Gemeinde- 
vertretung übergehen wollen. Dieses Prinzip ist allerdings nur in den beiden neuen 
Landgemeindeordnungen zum Auêdruck gebracht; die rheinische und westfälische versagen 
kleineren Gemeinden schlechtweg die Annahme der Gemeindevertretung, was mit der ver- 
schiedenen Fixierung jener Grenze zusammenhängt. Im einzelnen gilt Folgendes: 
In den Landgemeinden der westlichen Provinzen ist regelmäßig eine Gemeinde- 
vertretung zu wählen, sobald die Zahl der zur Ausübung des Gemeinderechts befähigten 
Gemeindeglieder mehr als 18 beträgt. Die Beibehaltung der Gemeindeversammlung 
trotz einer größeren Anzahl stimmberechtigter Gemeindemitglieder kann in Westfalen 
durch Gemeindestatut angeordnet werden, während in der Rheinprovinz die gleiche 
Bestimmung nur in denjenigen ostrheinischen Gemeinden des Regierungsbezirkes Koblenz 
durch Gemeindebeschluß getroffen werden darf, in welchen bis zur Emanation der rhei- 
  
u. 37. Das Gesetz giebt die Klage in §. 28, Abs. 2 
außer dem Gemeindevorstande nur dem Amt- 
mann in Westfalen; der Bürgermeister der 
Rheinprovinz ist nicht erwähnt. Ihm steht 
die Klage hinsichtlich aller Gemeinden des 
Bürgermeistereibezirkes zu, weil er der eigentliche 
selbständige Leiter der Gemeindeangelegenheiten 
in allen Gemeinden ist, während die einzelnen 
Gemeindevorsteher seine unselbständigen Organe 
sind. L. G. O. rh., §. 76; v. Brauchitsch, I, 
S. 245, Anm. 19, Abst. 5. 
Auch in Hannover steht in Gemeinden, in 
welchen keine Gemeindevertretung besteht, die 
Beschlußfassung über die Folgen der Ablehnung 
des Amtes eines Gemeindevorstehers oder Bei- 
eordneten allein dem Gemeindevorstand zu. 
ie Bestimmung der Kr. O. hann., §. 33, Abs. 1, 
  
daß hier die Gemeindeversammlung zur Be- 
schlußfassung kompetent sei, ist als durch Zust. G., 
9 25 beseitigt anzusehen. O. V. G., XVII, 
5. 
p. Möller, L., 36. 16, 17 u. 18. 
2 L. G. O. hann., §. 51. Der Beschluß über 
Bildung der Gemeindevertretung bedarf der 
Hestätigung durch den Kr. A. L. G. O., §. 42, 
3Z. 2; M. Bek., §. 21; Zust. G., §. 31. Die 
eingeführte Gemeindevertretung kann durch Ge- 
meindebeschluß unter Bestätigung des Kr. A. 
jederzeit wieder beseitigt werden. 
In Stadtgemeinden, auf welche die L. G. O. 
Anwendung findet, ist in Westfalen stets eine 
Gemeindevertretung zu bilden. L. G. O. w., 
S. 66, Z. 2.
	        
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