Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 46.) 181 
Berzeichnis der Wahlberechtigten, aus welchem für den Einzelnen das Vorhandensein der 
ihn zum Stimmrecht befähigenden Voraussetzungen und seine Zugehörigkeit zu einer be- 
stimmten Wahlklasse bezw. auch zu einem Wahlbezirke ersichtlich sein muß. Diese 
Gemeindewählerliste ist in den westlichen Provinzen jedesmal bei Ankündigung eines 
Wahltermins, in den übrigen in dem Zeitraume vom 15. bis 30. Jan. in einem vorher 
zur öffentlichen Kenntnis zu bringenden Raume zur Einsicht der Beteiligten auszulegen.! 
Die Richtigstellung und definitive Feststellung dieser Liste erfolgt in dem oben S. 107 
dargestellten Einspruchs= bezw. Verwaltungsstreitverfahren, jedoch mit der Maßgabe, daß 
über den beim Gemeindevorsteher zu erhebenden Einspruch die Gemeindevertretung und, 
wo eine solche nicht besteht, der Gemeindevorsteher zu beschließen hat, und daß für das 
Verwaltungsstreitverfahren der Kreisausschuß zuständig ist. 
Die Wahlen zur regelmäßigen Ergänzung der Gemeindevertretung finden in der 
Rheinprovinz alle drei Jahre, in Westfalen alle zwei Jahre im November, und 
in den östlichen Provinzen und in Schleswig-Holstein alle zwei Jahre im März 
statt. 3 Außergewöhnliche Wahlen zum Ersatze innerhalb der Wahlperiode ausgeschiedener 
Gemeindeverordneten müssen angeordnet werden, wenn der Kreisausschuß es beschließt, 
nach den beiden neuen Landgemeindeordnungen auch, wenn die Gemeindevertretung oder 
der Gemeindevorsteher es für erforderlich erachten.“ Alle Ergänzungs= und Ersatz- 
wahlen sind von denselben Klassen vorzunehmen, von welchen die Ausgeschiedenen ge- 
wählt waren.“ 
Zur Vornahme der Wahl hat der Gemeindevorsteher die Wähler in den west- 
lichen Provinzen vier Wochen, in den anderen eine Woche vor dem Wahltage mittels 
ortsüblicher Bekanntmachung zu den Wahlen zu berufen. Die Bekanntmachung muß 
den Raum, den Tag und die Stunden, in welchen die Stimmen abzugeben sind, genau 
bezeichnen. 
  
1 L. G. O. rh., §§. 53, 57. Das hier er- 
wähnte Verzeichnis umfaßt schlechthin die Wahl- 
berechtigten, also auch die mit dem Wahlrecht 
besonders beliehenen Forensen, und ist zu unter- 
scheiden von dem in §. 41 genannten Verzeichnis 
der Meistbeerbten. Das erste Verzeichnis wird nur 
in denjenigen Gemeinden zu führen sein. in welchen 
eine Gemeindevertretung besteht. Ahnlich L. G. O. 
ö. u. schlesw.--holst., §§. 55, 56 u. 39; auch hier 
ist in jeder Gemeinde eine Gemeindegliederliste 
zu führen, die allerdings neben den Gemeinde- 
gliedern auch die „sonstigen Stimmberechtigten“ 
(wobei besonders an die nicht die Gemeinde- 
mitgliedschaft besitzenden Forensen gedacht ist, 
ogl. Komm. Ber. des A. H. zur L. G. O. ö., 
S. 42) enthalten soll, und erst auf Grund 
dieser wird in Gemeinden, in welchen eine 
Gemeindevertretung besteht oder eingeführt 
werden soll, eine besondere Wählerliste nach 
Wahlklassen und eventuell nach Wahlbezirken 
aufgestellt. Nur letztere unterliegt gesetzlich dem 
oben erwähnten Einspruchs= u. s. w. Verfahren. 
Ausf. Anw. IB; Genzmer, Komm. zur L. G. O., 
Anm. 122. Die L. G. O. w. endlich erwähnt 
nur §. 28, Abs. 4 „ein Verzeichnis der stimm- 
berechtigten Gemeindeglieder“, welches vor der 
Wahl auszulegen ist; in dieses sind nach dem 
Wortlaut des Gesetzes stimmberechtigte Forensen 
und jur. Personen nicht aufzunehmen. 
2 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §§. 56, Abfs. 2 
u. 3; 66, Z. 1. Zust. G., §§. 27, Abs. 1, Z. 1 
u. Abs. 2; 28, 37: „wo eine solche nicht besteht“, 
heißt z. Z., in welcher die Einsprüche angebracht 
werden, nicht besteht, also wenn es sich um die 
erstmaligen Wahlen zu einer Gemeindevertretung, 
um die Neueinführung der letzteren handelt. 
  
Ausf. Anw. zur L. G. O. ö., IB, 1, fünftletzter 
Absatz. 
2 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 58; w., 
8. 28; rh., §. 49. In Schleswig-Holstein 
finden, wenn die Zahl der Gemeindeverordneten 
nur sechs beträgt, die regelmäßigen Ergänzungs- 
wahlen nur alle drei Jahre statt. 
“ L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., 8. 54, Abs. 2; 
w., §. 26, Abs. 2. 
* L. G. O. J. u. schlesw.--holst., §. 58; w., 
g. 28, Abs. 2. Eine Verbindung der zur regel- 
mäßigen Ergänzung der Versammlung und der 
zum Ersatze vorzeitig ausgeschiedener Mitglieder 
bestimmten Wahlen in einem und demselben 
Wahlakte, wie sie in den Städten zulässig ist, 
kann in den Landgemeinden gegenüber der 
Entsch. des O. V. G., XVIII, S. 37 (vgl. oben 
S. 108, Anm. 4) nicht stattfinden. Für die 
Städte hat diese Entsch., durch Art. I, Z. 3 des 
Ges. v. 1. März 1891 (G. S., S. 20) ihre 
Bedeutung verloren, aber nicht für die Land- 
gemeinden. Leider ist es auch versäumt, in den 
eiden neuen L. G. Ordugn. eine Vorschrift auf- 
zunehmen, durch welche die vom O. V. G. ver- 
tretene Rechtsauffassung, die eine unnütze Ver- 
mehrung der Wahlakte veranlaßt und damit leicht 
lästige Anforderungen an Wähler und Wahl- 
behörden stellt, endgültig beseitigt wird; dies ist 
um so wunderbarer, als man in §. 51, Abf. 3, 
u. §. 58 dieser L. G. Ordugn. die Vorschriften 
des Art. I, Z. 1 u. 2 des Ges. v. 1. März 1891 
aufgenommen hat, um dadurch die Bedeutung 
der gleichfalls sehr lästigen Entsch. des O. V. G., 
XVII, S. 215 für die Landgemeinden ebenso 
wie für die Städte auszuschließen. 
§s L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 59; w.,
	        
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