258 Zweiter Abschnitt.
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Zuschuß handelt, der jedoch nicht notwendig in einem Betrage geleistet zu werden
braucht, sondern je nach dem Beschlusse der Gemeinde auch in Teilzahlungen oder als
Rente entrichtet werden kann. ·
Diese Beiträge haben ebenso wie die Gebühren erst durch das Kommunalabgaben-
gesetz eine einheitliche und gleichzeitig umfassende gesetzliche Grundlage erhalten. Bis
dahin waren sie gesetzlich nur als Straßenbaubeiträge geregelt worden, zu anderen
Zwecken wurden sie vielerorts auf Grund statutarischer Satzungen erhoben, und die
Praxis erkannte sie meist als zu Recht bestehend an, weil die Gesetze ihnen nicht ent-
gegenstanden; oft allerdings wurden unter der Bezeichnung „Beiträge“ auch Gebühren
oder steuerliche Abgaben oder umgekehrt wirkliche Beiträge als „Steuern“ erhoben.?
II. Nach dem Kommunalabgabengesetze können die Gemeinden zu den Herstellungs-
und Unterhaltungskosten aller Veranstaltungen 3, welche die erwähnten Voraussetzungen
erfüllen, von den in Betracht kommenden Grundbesitzern und Gewerbetreibenden Beiträge
erheben. Eine Verpflichtung zur Erhebung von Beiträgen tritt jedoch dann ein,
1 Nicht verwendbar für die Unterscheidung der
Begriffe „Gehühr“ und „Beiträge“ nach dem
K. A. G. ist der ebenso interessante wie geist-
reiche Versuch Fr. J. Neumanns, dieselbe mit
der Unterscheidung von indirekten und direkten
Steuern in Parallele zu setzen (Die Steuer und
das öffentliche Interesse, S. 500 ff.), wobei er
nachzuweisen sucht, daß unter Gebühren (er spricht
hier nur von Verwaltungsgebühren) die an Ver-
waltungshandlungen — „nach Maßgabe von
Vorgängen“ —, unter Beiträgen die an
„zuständliche Verhältnisse“, d. h. an eine
fortlaufende Leistung sich knüpfenden Zahlungen
zu verstehen sind, „soweit sie“ — im Gegensatz
zu Steuern — „Entgelte für spezielle
Gegenleistungen des Staates oder der Ge-
meinde von öffentlichem Interesse sind“. Das
K. A. G. und ebenso das Baufluchtliniengesetz
v. 2. Juli 1875 verstehen unter Beiträgen so-
wohl Abgaben für einmalige Leistungen
(„Anlegung“ und „Herstellung“), wie solche für
fortlaufende Leistungen („Unterhaltung“);
andererseits können aber auch Gebühren im
Sinne des K. A. G. (die Benutzungsgebühren
des §. 4) für fortlaufende Leistungen und nicht
nur für einzelne Handlungen erhoben werden;
so sind z. B. die Kanalisationsabgaben einfache
Gebühren und keine Beiträge, wenn sie nicht
von allen Grundstücken erhoben werden, denen
die Kanalisationsanlage Nutzen gewährt, sondern
nur von denen, die sie wirklich benutzen. Vgl.
Adickes, S. 277; v. Reitzen stein in Schön-
bergs Hdbch., III, S. 696. Vom finanzwissen-
schaftlichen Standpunkte spricht sich gegen die
Neumannsche Begriffsbestimmung Wagner,
Finanzwissenschaft, II. S. 42 ff., aus, er selbst
nennt die Beiträge „pauschalierte Gebühren“.
2 Leidig, S. 326; Adickes, S. 245. Die
von letzterem als bereits früher durch Gesetz
geregelt bezeichneten Wegeunterhaltungsbeiträge
der Fabrik= und Bergwerksunternehmer haben
in manchen Beziehungen einen anderen Charakter
als die hier in Rede stebenden, vor allem werden
sie nicht als Gemeindeabgaben von der Finanz-
gewalt der Gemeinde unterworfenen Personen
oder Grundstücken erhoben. Sie werden unten
§. 90 unter d besprochen. Hier sind noch zu ver-
gleichen: O. V. G., XVI, S. 52; Entsch. des R.
G. in Gruchots Beiträgen, XXVI, S. 715,
und M. Erl. v. 5. Nov. 1888 (V. M. Bl.,
S. 213)9.
2 Es wird sich hier besonders um größere
Veranstaltungen handeln, wie die Einrichtung
und Unterhaltung von Straßen, Plätzen, Quais,
von Kanalisations-, Wasserleitungs= und Be-
leuchtungsanlagen — für letztere kommen jedoch
oft statt der Beiträge Gebührenerhebungen vor
(vgl. nebenstebende Anm. 1); vielfach erscheinen
sie auch als rein gewerbliche Unternehmungen und
werden dann aus privatwirtschaftlichen Einnahmen
unterhalten (S. 221, Anm. 3) — oder auch um
den Gewerbetreibenden zu gute kommende Ein-
richtungen, wie Schlachthäuser (Stenogr. Ber. des
A. H., S. 2286), Markthallen u. s. w. (bier Deckung
der Kosten meist durch Gebühren). Die von
Bruch, Schriften d. Vereins f. Soz. Pol., XII,
S. 21 ff., gegebene Übersicht der gewöhnlich als
Beiträge bezeichneten Abgaben umfaßt nicht nur
Beiträge in unserem Sinne, sondern auch wirk-
liche Gebühren und steuerliche Leistungen, anderer-
seits sind in ihr viele wirkliche Beitragsarten
nicht enthalten. — Sind Anstalten und Einrich-
tungen, die eine Stadt bei Aufhebung oder Er-
weiterung der Festungswerke macht, sind über-
haupt Stadterweiterungen Veranstaltungen im
Sinne des §. 9 des K. A. G.m? V9gl. darüber
Nöll, S. 20, Anm. 4, Abs. 2; Adickes, S.
301 ff.; Strutz, S. 49, Anm. 4.
Die von Adickes aufgestellte Behauptung,
daß §. 4 des K. A. G. nur eine im öffentlichen
Interesse zweckmäßige, §. 9 dagegen eine im
öffentlichen Interesse notwendige Veranstal-
tung voraussetze, daß also Beiträge nur zu Ver-
anstaltungen erhoben werden dürfen, welche im
öffentlichen Interesse notwendig und nicht bloß
geboten sind — ist unbegründet. Aus den Wor-
ten des §. 9: „Veranstaltungen, welche durch
das öffentliche Interesse erfordert werden“,
kann man nicht schließen, daß hier nur Ver-
anstaltungen in Frage stehen, welche vom Stand-
punkte des öffentlichen Interesses aus dringend
notwendig sind. Uberhaupt wird es in einzelnen
Fällen oft kaum zu entscheiden sein, ob etwas
im öffentlichen Interesse notwendig oder nur
sehr zweckmäßig ist. So auch Nöll, S. 10,
Anm. 3; and. Ans. wohl Strutz, S. 50,
Aum. 5.