276 Zweiter Abschnitt. (8. 72.)
i) die Armen-, Waisen= und öffentlichen Krankenhäuser, die Gefängnis-, Besserungs-,
Bewahr= und diejenigen Wohlthätigkeitsanstalten, welche die Bewahrung vor Schutz-
losigkeit oder sittlicher Gefahr bezwecken (wie Mägdehäuser und ähnliche) 1; die Gebäude
milder Stiftungen sind kraft Gesetzes nur steuerfrei, wenn sie unmittelbar für deren
Zwecke benutzt werden, mittelbar den Stiftungszwecken dienende Baulichkeiten können
durch besonderen Gemeindebeschluß freigelassen werden, aber nur, sofern die Stiftungen,
welchen sie gehören, nicht bloß zu Gunsten bestimmter Personen und Familien bestehen?;
k) die unbebauten Grundstücke der unter g, h und i aufgeführten Anstalten und
Körperschaften, aber nur soweit sie unmittelbar für deren Zwecke benutzt werden.3
Allen vorbezeichneten Grundstücken aber, welchen die Kommunalsteuerfreiheit wegen
ihrer Bestimmung zu öffentlichen oder gemeinnützigen Zwecken zusteht — und dies sind
die unter d bis k aufgezählten" —, steht dieselbe nur zu im Rahmen der Kabinetts-
ordre v. 8. Juni 1834 (G. S., S. 87), deren Bestimmungen durch das Kommunal=
abgabengesetz aufrecht erhalten und auf diejenigen Gemeinden ausgedehnt worden sind, in
welchen sie bisher noch nicht galten.“ Das Geltungsgebiet dieser Kabinettsordre beschränkte
sich ursprünglich auf die sechs alten Provinzen mit Ausnahme der Rheinprovinz.
Durch die rheinische Städteordnung erhielt sie Geltung für die Stadtgemeinden der
Rheinprovinzö, durch die schleswig-holsteinische Landgemeindeordnung für die Land-
gemeinden Schleswig-Holsteins', und mit dem 1. April 1895 ist sie auch für die
Landgemeinden der Rheinprovinzs, für die Stadtgemeinden der Provinz Schleswig-
Holstein und für alle Gemeinden der Provinz Hessen-Nassau und der Provinz
Hannover in Kraft getreten. Der Tag des Inkrafttretens der Kabinettsordre in den
einzelnen Gebieten? ist maßgebend für die Abgabenpflichtigkeit der bereits in diesem Zeit-
punkte zu öffentlichem Dienste oder Gebrauche bestimmten Grundstücke; diese bleiben näm-
lich — ohne Unterschied, ob sie bebaut oder unbebaut sind — gemeindeabgabenfrei oder
S. 79, Anm. 17. Von den nicht zu den christ-
lichen Landeskirchen gehörigen Religionsgesell-
schaften haben z. Z. Korporationsrechte: die
Altlutheraner (Generalkonzession v. 23. Juli
1845 (G. S., S. 516s); die niederländischen
Reformierten (Generalkonzession v. 24. Nov.
1849 ([V. M. Bl. 1854, S. 7)); die Herrnhuter
oder evangelischen Brüdergemeinen (General=
konzession v. 7. Mai 1746 und Konfirmation v.
10. April 1789; Hinschius, Preuß. Kirchen-
recht d. A. L. R. [Berlin 1884), S. 9, Anm. 19);
die Synagogengemeinden (Ges. v. 23. Juli 1847
G. S., S. geck. §. 37); die Mennonitengemein-
den (Ges. v. 12. Juni 1874 (G. S., S. 238|)
und die Baptistengemeinden (Ges. v. 7. Juli
1875 (G. S., S. 374).
1 Gleichgültig ist es, in wessen Eigentum die
Häuser stehen, sie können einer juristischen Per-
son gehören oder auch auf den Namen einer
einzelnen Person geschrieben sein. Stenogr. Ber.
des A. H., S. 2017. Über den Begriff des öffent-
lichen Krankenhauses vgl. Adickes, S. 333,
Anm. öa u. e; Nöll, S. 329, Anm. 3. Gleich-
gültig für die Steuerfreiheit der zu diesen An-
stalten gehörigen Gebäude ist es auch, ob die-
selben unmittelbar oder nur mittelbar dem
Zwecke der Anstalt dienen. Vgl. dagegen oben
den weiteren Text.
: Gebäude, welche unmittelbar dem Stiftungs-
zwecke dienen, sind stets frei, auch wenn die
Stiftungen selbst nur zu Gunsten bestimmter
Personen oder Familien bestehen. Mittelbar
dienen einer Stiftung Gebäude, welche durch
Vermietung benutzt werden und deren Miets-
ertrag ihr zufließt; vgl. Adickes, S. 334 ff.
Liegenschaften, welche nur mittelbar den
Zwecken der Anstalten und Körperschaften dienen,
können auch durch Beschluß der Gemeinde (wie
ein solcher hinsichtlich der Gebäude gefaßt werden
kann, vgl. den Text unter i) nicht freigelassen
werden; nutzbare Acker u. s. w., der sogen.
werbende Grundbesitz der Kirchen, milden Stif-
tungen und anderer bevorzugter Institute, find
stets abgabenpflichtig. Nöll, S. 56, Anm. 15;
rtel, Komm. zur St. O., S. 103.
* Die unter a—c aufgezählten Grundstücke
und Gebäude fallen nicht unter die Kab. Ordre;
besonders auch nicht die Dienstgrundstücke der
Geistlichen u. s. w., weil diesen nicht, wie die
Kab. Ordre verlangt (O. V. G., XIII, S. 222),
unmittelbar „die Bestimmung zu öffentlichen
und gemeinnützigen Zwecken“ beiwohnt. Ihnen
kommt daher, soweit ihnen in den einzelnen
Rechtsgebieten überhaupt Steuerfreiheit zukommt,
diese unbedingt zu, mögen sie seither Be-
freiung besessen haben oder nicht. rtel,
* r S. 101; Strutz, Kommunalverbände,
K. A. G., §. 24, Abs. 4; Ausf. Anw.,
16, Z. 2.
St. O. rh., §. 4, Abs. 7.
L. G. O. schlesw.-holst., §. 26.
Hier galt bis dahin die Kab. Ordre v.
8. Juni 1834 in wesentlich modifizierter Form.
L. G. O. rh., §. 31, in Berb. mit Art. 10 des
Ges. v. 15. Mai 1856.
Dies ist im ursprünglichen Geltungsgebiet
der Kab. Ordre der 8. Juni 1834, in den Städten
der Rheinprovinz der sich nach 88. 89 ff.
der St. O. rh. ergebende Zeitpunkt, in den Land-
gemeinden Schleswig-Holsteins der 1. April
1893, im übrigen der 1. April 1895.
*
Art.
6
1
s