304 Zweiter Abschnitt. (8. 83.)
II. Die Ermittelung des kommunalsteuerpflichtigen Reineinkommens erfolgt nach
den für die Staatseinkommensteuer geltenden, im Einkommensteuergesetz v. 24. Juni 1891
enthaltenen Vorschriften; unter besonderen Regeln stehen jedoch die Privateisenbahnen,
die Staatseisenbahnen und die fiskalischen Domänen und Forsten.
1) Das Reineinkommen der Privateisenbahnen! ist nach den für die staatliche
Eisenbahnabgabe geltenden, in den Gesetzen v. 30. Mai 1853 und v. 16. März 1867
niedergelegten Grundsätzen zu ermitteln?, jedoch mit der Maßgabe, daß die nur in dem
ersten Gesetze zugelassene Abrechnung der zur Verzinsung und planmäßigen Schulden-
tilgung etwa gemachter Anleihen erforderlichen Beträge bei der Kommunalbesteuerung
aller Bahnen stattzufinden hat, und daß die staatliche Eisenbahnabgabe ebenfalls stets in
Abzug zu bringen ist. Die hiernach steuerpflichtigen Beträge werden alljährlich nach dem
Ergebnis des letzten Rechnungsjahres für jedes Unternehmen von der Staatsaufsichts-
behörde erster Instanzs festgestellt. Gegen diese Feststellung steht unter Ausschluß aller
anderen Rechtsmittel sowohl den Gemeinden wie den Pflichtigen die Beschwerde an den
Minister der öffentlichen Arbeiten offen, dessen Beschluß endgültig ist. Die definitiv
festgestellten Beträge sind im Reichs- und Staatsanzeiger wie auch in den Regierungs-
amtsblättern der betreffenden Bezirke bekannt zu machen.
Keine Anwendung finden diese Vorschriften auf die Kleinbahnen im Sinne des Ge-
setzes v. 28. Juli 1892. Ihr steuerpflichtiges Einkommen wird wie das aus jedem
anderen gewerblichen Unternehmen gewonnene ermittelt; Einlagen in den Reservefonds
und zur Amortisation von Schulden verwendete Beträge dürfen also nicht in Abzug
gebracht werden.
2) Als Reineinkommen der Staats= und für Rechnung des Staats verwalteten
Eisenbahnen gilt der rechnungsmäßige überschuß der Einnahmen über die Ausgaben,
welcher sich aus der Verwaltung der gesamten staatlichen Eisenbahnen für das dem
Steuerjahre vorangehende Betriebsjahr ergiebt. Dabei gilt als Ausgabe eine 3½ pro-
zentige Verzinsung des Anlagebezw. Erwerbskapitals der einzelnen Eisenbahnen, welches
nach der amtlichen Statistik der im Betriebe befindlichen Eisenbahnen festgestellt wird.
Der sich danach ergebende steuerpflichtige Gesamtbetrag ist durch den Minister der
öffentlichen Arbeiten alljährlich festzustellen und in den zu 1 bezeichneten Blättern zu
publizieren."
3) Behufs Feststellung des Reineinkommens der steuerpflichtigen fiskalischen Domänen
und Forstgrundstücke" wird zunächst das Gesamteinkommen der in einer Provinz belegenen
Domänen und Forsten festgestellt. Als solches gilt der überschuß der Einnahmen über
die Ausgaben, welchen die Domänen= und Forstverwaltung in der Provinz nach dem
daß eine gewerbliche Unternehmung des Staats-
fiskus hinsichtlich der Kommunalabgabenpflicht
nicht als selbständig, sondern als Bestandteil
eines über mehrere Gemeinden sich erstreckenden
Gesamtunternebmens anzusehen sei, präjudiziert
nicht einer verwaltungsrichterlichen Entscheidung
darüber, daß jener Teil des Ganzen gleichwohl
eine für sich bestehende Anlage bildet, welche die
Belegenheitsgemeinde zur Kommunalsteuer heran-
ziehen kann. O. V. G., XVIII, S. 123, im Pr.
V. Bl., XI, S. 40.
1 K. A. G., §. 46. Privateisenbahnen sind
auch die im Betriebe, d. h. im Eigentume eines
nichtpreußischen Staates in Preußen befindlichen
Bahnen. O. V. G., XVIII, S. 79, im Pr. V. Bl.,
X, S. 372; Nöll, S. 159, Anm. 2.
: Das Ges. v. 30. Mai 1853 (G. S., S. 449)
betrifft die Besteuerung der im Besitze inländischer
Eisenbahnaktiengesellschaften befindlichen Bahnen,
das Ges. v. 16. März 1867 (G. S., S. 465)
die Besteuerung der nicht im Besitze des Staates
oder inländischer Eisenbabnaktiengesellschaften be-
findlichen Eisenbahnen und Bahnstrecken.
* Die Staatsaufsichtsbehörde der Prirat-=
eisenbahnen war bis zum 1. April 1895 in erster
Instanz das Eisenbahnkommissariat (O. V. G.,
XVIII, S. 79). Jetzt sind Staatsaussichts-
behörden erster Instanz die zu Kommissarien be-
stellten Eisenbahndirektionspräsidenten; vgl. S. 6,
Abs. 6 der Verwaltungsordnung u. s. w., Anl. a
des Allerh. Erl. v. 15. Dez. 1894 (G. S. 1895,
S. 11) und M. Erl. v. 2. März 1895 (Eisen-
bahn--Vdg. Bl. 1895, Nr. 9).
*K. A. G., §. 45. Das Anlage- bezw. Er-
werbskapital besteht aus den zum Bau von Eisen-
bahnen aus Staatsfonds gemachten Aufwen-
dungen und den für Ankäufe von Terrain u. s. w.
gezahlten Erwerbspreisen. Herrfurth und
Nöll, Anm. 5 zu §. 5 des Ges. v. 27. Juli 1885.
Vgl. auch O. V. G., XXI, S. 80.
* Über den Begriff der fiskalischen Domänen
und Forsten vgl. O. V. G., XVI, S. 172;
Nöll, S. 103, Anm. 64, b u. c. Jedenfalls
gehören nicht zu ihnen fiskalische Bade= und
Brunnenetablissements; hinsichtlich des Einkom-
mens aus diesen wird der Fiskus wie jeder
Gewerbetreibende besteuert.