Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 86.) 313
g. 86.
5) Die Veranlagung und Erhebung der Steuern.!
I. 1) Die Veranlagung erfolgt durch den Gemeindevorstand? oder auf Grund
eines Gemeindebeschlusses durch einen besonderen Steuerausschuß der Gemeinde. Die
Zusammensetzung und die Geschäftsordnung dieser Steuerausschüsse sind unter analoger
Anwendung der Vorschriften des §. 50, Abs. 3 bis einschließlich §. 54 des Einkommen-
steuergesetzes v. 24. Juni 1891 durch Gemeindebeschluß zu regeln. Die Pflicht zur
Übernahme, bezw. die Befugnis zur Niederlegung des Amtes als Mitglied eines solchen
Ausschusses bestimmen sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Annahme und
Ablehnung von Gemeindeämtern.
2) Im Interesse richtiger Veranlagung kann der Gemeindevorstand (Steuerausschuß)
verlangen, daß ihm von den zuständigen Staatsbehörden diejenigen bei der Veranlagung
oder Festsetzung der Staatssteuern bekannt gewordenen Besteuerungsmerkmale mitgeteilt
werden, deren er für die Veranlagung bedarf. Auch haben ihm auf Erfordern die
Behörden anderer Gemeinden über die dort bekannt gewordenen Besteuerungsmerkmale
eines Censiten Auskunft zu erteilen.“ Von dem Steuerpflichtigen selbst kann der
Gemeindevorstand nur dann eine Auskunftserteilung verlangen, wenn er durch eine
Steuerordnung hierzu besonders ermächtigt ist.¾ In dieser Beziehung gelten folgende
Vorschriften:
Auf Grund entsprechender Ermächtigung der Steuerordnung kann der Gemeinde-
vorstand den Steuerpflichtigen auffordern, sich binnen einer angemessenen Frist über
gewisse Besteuerungsmerkmale zu erklären. Die Aufforderung muß in jedem einzelnen Falle
durch eine besondere, dem Steuerpflichtigen zuzustellende Zuschrift erfolgen und Fragen
über bestimmte Thatsachen enthalten. Nur auf solche direkt an ihn gestellten Fragen
über Thatsachen muß der Steuerpflichtige sich erklären; soweit es sich um Schätzungen
handelt, ist er zwar berechtigt, eine Erklärung abzugeben, aber nicht verpflichtet. Die
Verweigerung der Auskunftserteilung kann, sofern dies in der Steuerordnung besonders
ausgesprochen ist, eine Strafe bis zur Höhe von 30 Mark nach sich ziehen.5 Entspricht
die Auskunftserteilung den gesetzlich zulässigen Anforderungen, so ist gemäß derselben
die Veranlagung zu bewirken. Wird die Auskunftserteilung dagegen beanstandet, so
müssen dem Steuerpflichtigen vor der Veranlagung die Gründe der Beanstandung mit
dem Anheimstellen? mitgeteilt werden, hierüber binnen einer angemessenen Frist eine
weitere Erklärung abzugeben. Muß auch diese beanstandet werden, so hat der Gemeinde-
vorstand (Steuerausschuß) die Veranlagung nach eigenem pflichtmäßigen Ermessen, soweit
erforderlich durch Schätzung, zu bewirken. Die Verpflichtung zur Abgabe solcher Aus-
künfte erstreckt sich auf Bevollmächtigte und gesetzliche Vertreter der Steuerpflichtigen. 3
1 Leidig, S. 308—318; v. Möller, St.,. A. G., §. 82
§§. 85, 110; Steffenhagen, Ss§. 66, 129.
: In der Rheinprovinz besorgt für die
Landgemeinden der Oürgermeister die Veran-
lagung. L. G. O. rh., 8. 8
s K. A. G., 8. 61; Ausf. Anw. Art. 42, Z. 1.
Wählbar zu Ausschußmitgliedern sind nur Per-
sonen, die das 25 Lebensjahr vollendet haben
und sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte
befinden. §. 50, Abs. 3 des Eink. St. G.
Die Ss. 51—54 betreffen die Geschäftsordnung,
über die Mitgliederzahl enthalten sie keine Be-
stimmungen.
4 K. A. G., §F. 62.
3 K. A. G., §. 63; Ausf. Anw., Art. 42, Z. 2.
Eine solche Ermächtigung wird besonders da am
Platze, ja notwendig sein, wo es sich um die
Veranlagung besonderer Gemeindesteuern handelt.
Vgl. Nöll, S. 209, Anm. Za.
7 Tie Abgabe der weiteren Auskunft kann
dem Steuerpflichtigen nur anheimgestellt
werden, es darf also für den Fall, daß die Ab-
gabe dieser weiteren Erklärung abgelehnt wird,
eine Strafe in der Steuerordnung nicht ange-
droht werden. Nöll, S. 210, Anm. 5. Der
Gemeindevorstand kann auch von der schrift-
lichen Mitteilung ganz abseben und zunächst
versuchen, durch mündliches Benehmen mit dem
Steuerpflichtigen die gewünschte Auskunft zu
verlangen. Auch wird der Gemeindevorstand
verpflichtet sein, bereits die erste Auskunfts-
erteilung auf Verlangen des Steuerpflichtigen
von ihm als mündliche Erklärung zu Protokoll
entgegenzunehmen. Strutz, S. 159, Anm. 3;
Auss. Anw., Art. 42, Z. 2.
6 Für Personen, welche unter väterlicher Ge-
walt, Pflegschaft, Vormundschaft stehen, ist die