Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (F. 96.) 6 349 
III. Während der Besitzer des Gutes zur Ausübung obrigkeitlicher Rechte und 
Pflichten besonders zugelassen, ihm die Gutsvorstehereigenschaft besonders verliehen 
werden muß, ist er zu allen sonstigen, insbesondere den vermögensrechtlichen Leistungen, 
welche den Gemeinden im öffentlichen Interesse obliegen, für den Bereich des Guts- 
bezirks ipso jure verpflichtet und wird in diesen Beziehungen durch den stellvertretenden 
Gutsvorsteher nur dann vertreten, wenn er ihm eine besondere Vollmacht hierzu 
erteilt hat. 
Der Besitzer des Gutes trägt die vermögensrechtlichen Lasten für den Gutsbezirk, 
wie bereits erwähnt, allein. Eine Unterverteilung dieser Lasten (Kosten der Orts- 
kommunalverwaltung, der Polizeiverwaltung, des Wegebaues und des Standesamtes) auf 
die Gutsinsassen ist in den östlichen Provinzen, in Schleswig-Holstein, Hannover 
und Hessen — abgesehen von etwaigen zwischen den Beteiligten getroffenen, lediglich 
privatrechtliche Bedeutung habenden Vereinbarungen — öffentlich-rechtlich unzulässig; nur 
ausnahmsweise ist ein jus subrepartitionis et collectandi für die Kommunallasten im 
Gutsbezirk in Bezug auf Kriegsleistungen gemäß 88§. 6 und 8 des Reichsgesetzes 
v. 13. Juni 1873 (R. G. Bl., S. 129) und in Bezug auf die Kosten der Armen- 
pflege in den Fällen der 8§8§. 8 ff. des preußischen Ausführungsgesetzes zum Unter- 
stützungswohnsitzgesetz v. 8. März 1871 (G. S., S. 130) zugelassen. Nicht zu den 
Ausnahmen sind die Kreisabgaben zu rechnen, welche von dem Gutsvorsteher auf 
die Gutsinsassen nach dem vom Kreise festgestellten Maßstabe zu verteilen und ein- 
zuziehen sind, denn sie bilden keine Kommunallast des Gutsbezirks, sondern sind 
Kreislasten, die von den einzelnen Kreisangehörigen persönlich zu tragen sind und 
von diesen, soweit sie im Gutsbezirk wohnen, im Auftrage des Kreises durch den Guts- 
vorsteher eingezogen werden. 
Einen prinzipiell anderen Standpunkt nimmt in dieser Beziehung die westfälische 
Kreisordnung ein. Sie sieht die Unterverteilung der den selbständigen Gutsbezirken im 
öffentlichen Interesse obliegenden Lasten auf den Gutsbesitzer und die übrigen Einwohner 
als Regel an und schreibt vor, daß dieselbe durch ein Statut zu erfolgen habe, welches 
der Bestätigung des Kreisausschusses bedarf. 1 
IV. Der Wirkungskreis der Gutsbezirke ist im allgemeinen derselbe wie der der 
Landgemeinden. Sie nehmen insbesondere durch ihren Vertreter ebenso wie diese teil 
an der Wegeunterhaltung, der öffentlichen Armenpflege, an der Verwaltung der Standes- 
ämter, des Schul-, des Militär= und des staatlichen Finanzwesens; von einer eigenen 
Finanzverwaltung des Gutsbezirks kann jedoch nur in Westfalen die Rede sein, da in 
allen übrigen Landesteilen die Finanzen des Gutsbezirks sich mit dem Privatvermögen 
des Besitzers des Gutes decken.? 
V. Die Staatsaufsicht wird über die Gutsbezirke ebenso wie über die Landgemeinden 
vom Landrat und vom Regierungspräsidenten geführt. Besonders ist zu bemerken, daß 
auch dem Gutsbesitzer gegenüber die Zwangsetatisierung verfügt werden kann, wenn er 
sich weigert, eine ihm gesetzlich obliegende, von der Behörde innerhalb ihrer Zuständig- 
keit festgestellte Leistung zu erfüllen. 
  
nahme des erteilten Auftrages. — Üüber das 2:2 Im einzelnen hierüber sehr eingehend 
Disziplinarverfahren Gegen Beamte des GutssGenzmer, S. 58—80. 
bezirse, besonders die Gutsdiener, vgl. O. V. G., * L. G. O. ö. u. schlesw. pegt 66S 139 u. 
XVIII, S. 442. 141; w., §§. 80 u. 81; Zust. G 5. 
1e Kr. O. w., §. 26, Abs. 4; L. G. O. w., 
8. 68.
	        
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