Kreisgemeinden; das geltende Recht. (F. 109.) 389
II. Die ordentlichen Ergänzungswahlen werden vorbereitet durch die Aufstellung
von gewissen Verzeichnissen der Wahlberechtigten, die für jeden Kreis alle drei Jahre
vor der Wahl von dem Kreisausschusse anzufertigen und durch das Kreisblatt, oder wo
ein solches nicht besteht, durch das Amtsblatt zur öffentlichen Kenntnis zu bringen sind.
1) In allen Provinzen ist ein solches Verzeichnis der zum Wahlverbande der
größeren Grundbesitzer gehörigen Grundbesitzer, Gewerbetreibenden und Bergwerksbesitzer
unter Angabe der ihr Wahlrecht bedingenden Merkmale aufzustellen.!1
2) In denjenigen Provinzen, in welchen Wahlverbände der Landgemeinden bestehen,
ist außerdem noch aufzustellen a) ein Verzeichnis der zum Wahlverbande der Land-
gemeinden gehörigen Grundbesitzer, Gewerbetreibenden und Bergwerksbesitzer unter An-
gabe der ihr Wahlrecht in diesem Verbande bedingenden Merkmale, und b) ein Ver-
zeichnis der Landgemeinden unter Angabe der Zahl der von jeder einzelnen Gemeinde
oder von den zu einer Kollektivstimme (vgl. folgende Seite unter c) vereinigten Ge-
meinden zu wählenden Wahlmänner.
Binnen vier Wochen nach Ausgabe des Blattes, durch welches das Verzeichnis
veröffentlicht worden ist, können beim Kreisausschusse Anträge auf Berichtigung desselben
gestellt werden. Gegen den hierauf ergehenden Beschluß des Kreisausschusses findet
innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Bezirksausschusse und gegen dessen Entscheidung
das Rechtsmittel der Revision statt.?
Die Feststellung dieser Wählerlisten ist die erste Voraussetzung für die Vornahme
der Ergänzungswahlen, letztere dürfen daher nicht eher stattfinden, bis die Einspruchs-
fristen gegen die bekannt gemachten Listen abgelaufen und etwa eingeleitete Verwaltungs-
streitverfahren rechtskräftig entschieden sind. Die definitiv festgestellten Verzeichnisse sind
bis zu ihrer anderweiten Feststellung, also drei Jahre hindurch, für die Frage der
Wahlberechtigung ausschließlich maßgebend; Personen, welche erst innerhalb dieses Zeit-
raumes die Wahlberechtigung vurch Zuzug, Erwerb von Grundbesitz u. s. w. erlangen,
können in die Verzeichnisse nicht mehr aufgenommen und daher auch zur Teilnahme an
etwa notwendig werdenden außerordentlichen Ersatzwahlen nicht zugelassen werden.“
III. Die Vollziehung der Wahlen erfolgt nach folgenden sich teils auf die Bildung
der Wahlversammlungen, teils auf die Wahlhandlung selbst beziehenden Vorschriften:
1) Die Wahlversammlung wird in den drei Wahlverbänden verschieden gebildet.
a) Im Wahlverbande der größeren Grundbesitzer treten die zu diesem Wahlver-
bande gehörigen Grundbesitzer, Gewerbetreibenden und Bergwerksbesitzer zur Wahl in
der Kreisstadt unter dem Vorsitze des Landrats zusammen 5; der Landrat hat die Wahl
persönlich zu leiten.“ Bei dem Wahlakte hat jeder Berechtigte nur eine Stimme. Auch als
Stellvertreter können Personen, welche bereits eine Stimme führen, ein ferneres Stimm-
recht nicht ausüben; ausgenommen sind nur Ehemänner, Bäter, Vormünder und Pfleger.7
1 Dabei ist der Fiskus in Bezug auf seinen
gesamten, auf dem platten Lande innerhalb des
Kreises belegenen Besitz von Domänen, Forsten
und sonstigen kreisabgabepflichtigen fiskalischen
Liegenschaften und Gebäuden nur als ein Be-
sitzer zu betrachten. Art. 2 der verschiedenen
Ausf. Instr. zu den Kr. Ordugn. — Bei der
Aufnabme in dieses Verzeichnis kommt es nur
auf das Vorhandensein derjenigen objektiven
Merkmale an, welche die Zugehörigkeit zu dem
Verbande begründen (veranlagter Grund-, Ge-
bäude- und Gewerbesteuerbetrag), nur diese sind
in den Verzeichnissen zu vermerken. Die Auf-
nahme in dieses Verzeichnis giebt an sich noch
kein Recht zur aktuellen Teilnahme an der
Wahl. Dieses hängt noch weiterhin davon ab,
daß der in das Verzeichnis Aufgenommene die
persönlichen Voraussetzungen der aktiven Wahl-
Keigen (oben . - erfüllt. O. V. G., XIII,
S. 29; XVI,
2 Kr. O. ö., §§. 110 u. 112 a, Abs. 2; w. u.
rh., §§. 54 u. 57, Abs. 2; hann., §§. 66 u. 69,
Abs. 2; hess.-nass., §§. 67 u. 70, Abs. 2; schlesw. “
bolst., §§. 96 u. 99, Abs. 2. Die beim Bez. A.
anzubringende Klage ist gegen den Kr. A. zu
richten. O. V. G., XVII, S. 26.
Cirkular des Min, des Innern v. 2. Mai
1888 unter V (v. Brauchitsch, 1II, S. 337).
" v. Brauchitsch, II, S. 140, Anm. 353:
O. V. G., I. S. 106; V, S. 26; VIII, S. 46:
IX, S. 18:; XVI, S. 7.
* Vgl. Art. 14 der Instr. v. 10. März 1873
und dazu v. Brauchitsch, II, S. 331, Anm. 40,
und O. V. G., XIX, S. 1.
* Die Substitutionsbefugnis des Landrats
ist hier ausgeschlossen. O. V. G., III, S. 60;
X, S. 24
: Kr. O. ö., ss. 94, 95; w. u. rb., 88. 42,
43; hann., 8§§. 50, 51: hess.-nass., §§. 51, 52;
schlesw.-holst., 88. 80, 81.