Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Provinzialgemeinden; geschichtliche Entwickelung der Provinzialgemeinden. (8. 129.) 433 
zu; nirgends dagegen war ihnen das Recht eingeräumt, zur Erfüllung ihrer Verbindlich- 
keiten Darlehen aufzunehmen oder ihre Angehörigen mit Abgaben zu belasten. 
2) Die Kommunallandstände blieben, wie bereits erwähnt, mangels entgegen- 
gesetzter Vereinbarung der Beteiligten bestehen. Die Zusammensetzung ihrer Versamm- 
lungen mußte jedoch infolge der Gesetze wegen Anordnung der Provinzialstände von 
1823 und 1824 Medifikationen erleiden, welche unter möglichster Aufrechterhaltung der 
alten Vorschriften und Observanzen nach den Vorschlägen der nächsten Provinzialland= 
tage durch königliche Verordnungen festgestellt werden sollten.: So ergingen a) die Ver- 
ordnung v. 17. Aug. 1825 wegen zukünftiger Verfassung der Kommunallandtage der 
Kur-(einschließlich der Alt-; und Neumark (G. S., S. 200), b) die Verordnung 
v. 18. Nov. 1826 wegen der Abänderungen, welche in der seitherigen Verfassung der 
Kommunalland= und Kreistage des Markgraftums Niederlausitz eintreten sollen 
(G. S., S. 110), und c) die Verordnung v. 17. Aug. 1825 wegen zukünftiger Ver- 
fassung der Kommunallandtage in Pommern (G. S., S. 215). Nach diesen Verord- 
nungen gab es sechs kommunalständische Verbände, nämlich: in der Provinz Brandenburg 
(und Sachsen)?, je einen für die. Altmark, die übrigen Teile der Kurmark, 
die Neumark und die Niederlausitz, in der Provinz Pommerrn einen für Hinter- 
pommern nebst Altvorpommern und einen für Neuvorpommern mit Rügen. 
Außerdem bestand noch in Schlesien ein solcher Verband für das Markgraftum Ober- 
lausitz, welcher nach dem ersten schlesischen Provinziallandtagsabschied v. 2. Juni 18272 
bis zum Erlasse einer königlichen Verordnung in der von den Ständen vorgeschlagenen 
Weise beibehalten werden sollte; die vorbehaltene definitive Regelung der Angelegenheit 
ist nicht erfolgt. In den übrigen Provinzen ist das Institut der Kommunallandstände 
nicht zur Geltung gelangt.“ 
II. Ein Bruch mit diesen alten ständischen Prinzipien wurde erst durch die Ver- 
fassungsurkunde veranlaßt, welche in Art. 105 eine Neuregelung der Provinzial= wie 
der Bezirksverfassung nach folgenden Grundsätzen verhieß: 
1) Über die inneren und besonderen Angelegenheiten der Provinzen und Bezirke 
beschließen aus gewählten Vertretern bestehende Versammlungen, deren Beschlüsse durch 
die Vorsteher der Provinzen und Bezirke ausgeführt werden; 
2) die Vorsteher der Provinzen und Bezirke werden vom Könige ernannt; 
3) die Beratungen der Provinzialvertretung sind öffentlich. Die Ausnahmen be- 
stimmt das Gesetz. Über die Ausgaben und Einnahmen muß wenigstens jährlich ein 
Bericht veröffentlicht werden. 
In Ausführung dieser Vorschriften erging die oben S. 369 erwähnte Kreis-, Be- 
zirks= und Provinzialordnung v. 11. März 1850. Nach dieser bestand der Provinzial= 
landtag aus von den Kreistagen auf sechs Jahre, und zwar mit Ausscheiden der Hälfte 
nach je drei Jahren, gewählten Abgeordneten; er versammelte sich regelmäßig jährlich 
im April und außerdem so oft es die Verhältnisse erforderten, durfte jedoch ohne Ge- 
nehmigung des Oberpräsidenten nicht über 14 Tage und ohne Genehmigung des Königs 
nicht über vier Wochen zusammen sein. Die laufenden Provinzialgeschäfte hatte der 
gleichzeitig als staatliche Aufsichtsbehörde fungierende Oberpräsident zu besorgen. Als 
Aufgaben der Provinz bezeichnete das Gesetz die Errichtung, Unterhaltung u. s. w. von 
gemeinnützigen, im besonderen Interesse der Provinz liegenden Anstalten und die Ver- 
waltung des Provinzialvermögens, auch wurde der Provinz ein Besteuerungsrecht beigelegt. 
Sie konnte den Bezirken, Kreisen und Gemeinden Provinzialabgaben auferlegen, aber nur 
auf höchstens drei Jahre und im Betrage von höchstens 10 Prozent der direkten Staats- 
steuern; zu länger dauernden oder höheren Abgaben bedurfte es eines Gesetzes. 
Das Schicksal dieser Provinzialordnung haben wir bereits oben kennen gelernt. 
Nach ihrer Aufhebung traten im Jahre 1853 die alten Provinzialordnungen von 1823/24 
  
1 Vgl. die Ges. v. 1. Juli 1823 für Preußen 
und Branden burg #§. 57, und für Pom- 
mern, §. 56; die Ges. v. 27. März 1824 für 
Schlesien, §. 58; für Posen, §. 55, und für 
Sachsen, Westfalen und die Rheinpro- 
vinz, §. 57. 
* Bei Bildung der Provinz Sachsen im ! 
Schoen. 
Jahre 1815 wurde derselben die Altmark zum 
größten Teil einverleibt. 
* v. Kamptz, Ann., XI, S. 299. 
* Vgl. darüber v. Rönne, Staatsrecht d. 
Preuß. Monarchie, 3. Aufl., I, 2. Abt., S. 467, 
Anm. 9P, u. S. 468, Anm. 1—4. 
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