Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Provinzialgemeinden; das geltende Recht. (F. 139.) 463 
näheren Bestimmungen über die Verwaltung aller dieser Provinzialinstitute und Ver- 
waltungszweige werden durch besondere, von den Landtagen zu beschließende und eventuell 
von den zuständigen Ministern zu genehmigende Reglements getroffen.! 
Zweites Stück. 
§. 139. 
Das Finanzrecht insbesondere. 
I. 1) Das Vermögen der Provinz besteht aus der Gesamtheit der ihr gehörigen 
Sachen und Rechte. Zu den ordentlichen Einnahmen gehören besonders die den Pro- 
vinzen vom Staate überwiesenen Jahresrenten, welche ihrer Höhe nach ein für allemal 
fixiert sinds, und die Provinzialsteuern, welche der Provinziallandtag in beliebiger Höhe 
ausschreiben kann"; außerordentliche Einnahmen kann die Provinz sich durch die Aufnahme 
von Anleihen verschaffen. Die Verwaltung des Vermögens wird besorgt durch den 
Ausschuß und den Landesdirektor, und zwar lediglich nach den Anordnungen des Land- 
tages. Dieser ist, soweit er sich nicht durch den Erlaß bestätigter Regulative gebunden 
hat, in seinen Beschlußfassungen über die Vermögensverwaltung unbeschränkt; einer Ge- 
nehmigung bedarf er nur: 
a) zur Aufnahme von Anleihen, durch welche der Provinzialverband mit einem 
Schuldenbestande belastet oder der bereits vorhandene Schuldenbestand vergrößert werden 
würde, sowie zur übernahme von Bürgschaften auf den Verband; 
b) zur Mehr= oder Minderbelastung einzelner Teile des Verbandes; 
e) zur Belastung des Verbandes mit Abgaben über 25 Prozent des Gesamtauf- 
kommens an direkten Staatssteuern; 
d) zur neuen Belastung des Provinzialverbandes ohne gesetzliche Verpflichtung, in- 
sofern die aufzulegenden Leistungen über die nächsten fünf Jahre hinaus fortdauern sollen. 
Diese Genehmigung ist zu erteilen in den Fällen zu a und b durch den Minister 
des Innern, in den Fällen zu c und d durch diesen und den Finanzminister. 
2) Eine eingehendere Regelung hat nur das Abgabenwesen erfahren.“ 
Über die 
Erhebung und die Höhe der Abgaben beschließt, wie bereits erwähnt, der Provinzial= 
  
den Verpflichtungen. — Über die Thätigkeit der 
Provinzen auf dem Gebiete des Feuerversiche- 
rungswesens und die Verwaltung der Feuer- 
sozietäten durch Organe der Provinzen vgl. Hue 
de Grais, Hdbch. der Verf. u. Verw. in 
Preußen (10. Aufl., Berlin 1895), S. 408. 
1 Dot. G., §. 25. Die Frage, inwieweit 
die ministerielle Genehmigung erforderlich ist, 
richtet sich nach den Vorschriften der Prov. O. 
Vgl. oben S. 459. 
: v. Stengel, Orzanisation= S. 301 ff.; 
Bornhack, St. RK., 11, S. 352 ff.; Grote- 
fend, 1, S. 714 ff. 
* Die Höhe der allgemeinen Dotation des 
Provinzialverbandes Hannover (mit Aus- 
nahme des Jadegebietes) und der Kommunal= 
verbände Wiesbaden und Kassel ist oben 
S. 435, Anm. 1 mitgeteilt, dazu traten noch die 
nachträglich durch §. 16 des Dot. G. von 1875 
überwiesenen Jahresrenten von 1170, 2400 und 
2850 Mark. Die Gesamtdotation für die übri- 
gen Gebietsteile beträgt nach §. 1 des Dot. G. 
13,440,000 Mark; sie wurde provisorisch durch 
#§. 2 des Dot. G. und ist dann definitir durch 
die königl. Vdg. v. 12. Sept. 1877 (G. S., 
S. 227) unterverteilt. Über die besondere Do- 
tation zu Chausseezwecken vgl. oben S. 462. 
* Prov. O., 8. 37, Z. 4, u. §. 105; hess.-nass., 
  
5 34, Z. 4, §. 78 u. §. 86, Z. 5; A. u. L. O. 
hohenz., §. 61, Z. 3. Auch in Posen ist der 
Landtag zur Ausschreibung von Steuern befugt. 
Der Landtag ist bei Ausschreibung von Ab- 
gaben ebenso unbeschränkt wie der Kreistag hin- 
sichtlich der Kreisabgaben. Er ist insbesondere 
nicht verpflichtet, zur Deckung der Provinzial- 
bedürfnisse zunächst Dotationsrenten oder son- 
stige Einnahmen aus dem Kapital- bezw. Grund- 
vermögen der Provinz zu verwenden; er kann, 
auch wenn diese hinreichen würden, Abgaben 
erheben und so neue Kapitalien ansammeln. 
* Prov. O., §. 119, Z. 2—5; hesfs.-nass., §. 92, 
Z. 2—5; für Posen Vdg. v. 5. Nov. 1889, 
§. 41, Z. 2—5. In Hohenzollern bedürfen 
nach §. 80 der A. u. L. O. hohenz. der Geneh- 
migung des Ministers des Innern auch Beschlüsse 
des Landtages über Immobiliarveräußerungen, 
dagegen ist die Genehmigung zu Landeskommunal- 
abgaben hier erst erforderlich bei einer Belastung 
von mehr als 50 Prozent der direkten Staats- 
steuern; eine Mehr= oder Minderbelastung einzel- 
ner Teile des Landeskommunalverbandes ist in 
der A. u. L. O. hohenz. überhaupt nicht erwähnt. 
* Die im Folgenden angegebenen Vorschriften 
gelten jetzt auch in Posen, Art. V, A., 3Z. 6 
des Ges. v. 19. Mai 1889.
	        
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