Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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b) Seine Regierung. Der großartige Aufschwung, den Sachsen unter der 
Regierung der letzten Könige genommen, hat auch unter der Regierung des jetzigen 
Königs angehalten und dauert noch jetzt an. Sachsen hat die dichteste Bevölkerung 
im Deutschen Reiche. Hier kommen (1910) auf 1 qkm 320 Bewohner (gegen 120 im 
Reiche). Die Durchschnittszahl der Sterblichkeitsziffer ist geringer als im Reiche. Sie 
betrug 1910 15 auf 1000 Einwohner (im Reiche 17). Das Einkommen steigt fort- 
gesetzt, sowohl im ganzen genommen, wie auf den einzelnen Einwohner berechnet. 
Es entfielen z. B. im Durchschnitt auf einen Einwohner im Jahre 1900 539 Mark, 
aber 1911 720 Mark Einkommen. Die Staatsschuld, die sich noch im Jahre 1902 auf 
980 Millionen Mark belief, betrug 1912 ungefähr noch 870 Millionen. Für Arme und 
Kranke, für Krüppel und Sieche, Blinde und Taube ist durch ein vortrefflich einge- 
richtetes Fürsorgewesen aufs beste gesorgt. Als der Bergbau in Freiberg infolge aus- 
ländischer Konkurrenz eingestellt werden mußte, hatte die Regierung durch Ankauf der 
Gruben schon vorher Sorge getragen, daß die Arbeiter nicht brotlos wurden. Sie hielt 
trotz großer Geldopfer den Betrieb solange aufrecht, bis alle Bergarbeiter in andern 
Berufen Platz gefunden hatten. Die Volksbildung steht auf hoher Stufe. Im Jahre 
1908 gab es in Sachsen keinen Rekruten, der nicht lesen und schreiben konnte, im 
übrigen Deutschland waren es immerhin noch 52 (oder auf 10000 Rekruten 2). 
Der guten Bildung ist es sicher mit zu verdanken, daß Sachsen ein Industrieland 
ersten Ranges geworden ist. Mehr als die Hälfte aller Bewohner ist in der In- 
dustrie tätig. Obenan steht die Textilindustrie. Mögen in anderen Ländern 
größere Einzelbetriebe bestehen, so ist doch wohl in keinem Lande ein so großer 
Teil der Bevölkerung in der Industrie tätig und kaum irgendwo diese so viel- 
fältig wie in Sachsen. In gleicher Weise sind Handel und Verkehr fortgeschritten. 
Land= und Forstwirtschaft blühen. Einen Fortschritt in der Verwaltung des Landes 
brachte ein neues Landtagswahlgesetz, das im Jahre 1909 in Kraft trat. Hiernach 
wählen die über 25 Jahre alten männlichen Einwohner die Abgeordneten un- 
mittelbar (direkte Wahl), während dies vorher durch Wahlmänner geschah. Die 
Stimme des einzelnen Wählers kann aber einfach bis vierfach gezählt werden, 
und zwar geschieht die Erhöhung nach Einkommen, Beruf, Bildung und Alter. 
Ein großer Teil des Volkes, der vorher von der Mitwirkung bei der Regierung 
des Landes fast ausgeschlossen war, kann nun auch Einfluß darauf ausüben. — 
Wohin wir auch blicken in Sachsen: überall zeigt das Land das erfreuliche Bild 
eines blühenden, wohlgeordneten und gut geleiteten Staatswesens.
	        
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