Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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Grafen besser beaufsichtigen zu können, schuf Karl noch das Amt der Königsboten 
oder Sendgrafen. Diese wurden alljährlich im Frühjahre ernannt, in der Regel 
je ein Weltlicher und Geistlicher für einen größeren Bezirk. Sie mußten ihren Kreis 
bereisen und dem Könige Bericht erstatten über die Grafen, Bischöfe, Klosterschulen, 
Domänen usw. In jedem Frühjahre wurde eine Volksversammlung aller Freien 
abgehalten, das Maifeld. Hier wurde über Krieg und Frieden, über Handel und 
Verkehr, über Gesetz und Recht beraten. Zur Hebung des Ackerbaues ließ er Wälder 
ausroden, Sümpfe austrocknen und Dörfer anlegen. 
Zu Karls Zeit war das Land weit und breit noch mit Wäldern, Brüchen und Heiden 
bedeckt. Nur hie und da ist der Wald gelichtet. Dort liegt auch das Dorf, umgeben von goldenen 
Saatfeldern und grünen Auen. Felder und Wiesen sind umzäunt, damit das weidende Vieh 
sie nicht beschädigen kann. Die Dorfmarken wurden in drei Schläge eingeteilt, die abwechselnd 
in einem Jahr mit Winterfrucht (Roggen, Spelz), im zweiten mit Sommerfrucht (Gerste, 
Hafer) bestellt wurden und im dritten als Weideland brach lagen. Man nannte das Drei- 
felderwirtschaft. — Karl selbst ging dem Landmanne mit gutem Beispiel voran und legte 
auf seinen Krongütern Musterwirtschaften an. Hier kümmerte er sich um jede Kleinigkeit und 
prüfte selbst die Rechnungen seiner Gutsverwalter (Meier). Jedes Ei, das verkauft war, mußte 
genau eingetragen werden. — In seinen Gärten wurden neben Kümmel, Minze, Salbei und 
Petersilie besonders Gurken, Kürbisse, Rüben, Kohl, Erbsen und Rettiche gezogen. Als Zier- 
blumen sah man Lilien und Rosen. Die Obstbäume wurden gepfropft und brachten edles 
Obst in Fülle, während der Bauer sich noch lange mit Holzäpfeln und Holzbirnen begnügte. 
Metallgeld war damals noch wenig bekannt; man tauschte im Handel die 
Waren aus. Nur in den Grenzgebieten waren römische Münzen im Umlauf. Karl 
ließ zur Förderung des Handels deutsche Silberpfennige prägen. Auch ein öffent- 
liches Maß führte er ein, das überall beim Verkauf angewendet werden sollte. — 
Steuern gab es zu Karls Zeiten noch nicht, wohl aber wurden die jährlichen Mai- 
geschenke bereits als Schuldigkeit angesehen. 
13. Lehnswesen. Wenn die fränkischen Könige Land erobert hatten, so 
nahmen sie den unterworfenen Edelingen ihre Acker. Mit einem Teil belohnten 
sie ihre Krieger, den anderen behielten sie selbst und verwandelten den Besitz in 
Krongüter oder Domänen. Do sie aber die weiten Ländereien nicht selbst be- 
wirtschaften konnten, gaben sie Stücke davon ihren Getreuen zur Nutznießung. Das 
Gut blieb Eigentum des Königs. Es wurde nur gewöhnlich auf Lebenszeit ver- 
liehen. Daher hieß es Lehen. Der König war der Lehnsherr, der Belehnte 
dagegen Vasall, Dienst= oder Lehnsmann. Die Vasallen mußten ihren Lehns- 
herren Treue geloben und ihnen im Kriege mit berittenen Leuten Heeres- 
folge leisten. Das Heerwesen wurde dadurch umgewandelt. Neben den zu Fuß 
fechtenden Bauern zogen die Lehnsleute mit ihren Reisigen ins Feld. Der Be- 
lehnte durfte sein Lehen nicht veräußern, wohl aber konnte er Stücke desselben an 
Untervasallen weiter vergeben. Zur Zeit Karls des Großen gaben viele freie Bauern 
ihr Eigentum einem geistlichen oder weltlichen Herrn und nahmen es als Lehen 
zurück. Bei den vielen Kriegen wurde nämlich die allgemeine Wehrpflicht ohne 
Sold ebenso drückend wie die Verpflichtung des Freien, bei den Gerichtstagen zu 
erscheinen; denn während der langen Abwesenheit wurde die Bestellung des Ackers 
erschwert oder gar unmöglich gemacht. Der Lehnsherr nahm dann seinen Lehns- 
leuten den Heeresdienst ab und gewährte ihnen zugleich Schutz gegen Gewalttaten 
mächtiger Nachbarn. Die Zahl der freien Bauern nahm auf diese Weise bedeutend 
ab, und der Einfluß des Volkes auf die Geschicke des Staates hörte mehr und mehr
	        
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