Full text: Aus dem Leben der Königin Carola von Sachsen.

Ein klein wenig Schwermut lag über der Prinzessin. Sie äußerte: 
„Leider ist alles Schöne in diesem Leben nur Phantasie, entweder 
ein unerreichbares Ziel, oder es verschwinden die schönen Farben, 
wenn man es näher betrachtet; übrigens kann es auch das Gegen- 
teil sein, wir können alles mit den Augen der Einbildungskraft 
betrachten und uns so einen Himmel auf Erden träumen.“ Prin- 
zessin Carola las „I promessi sposi“ von Manzoni. 
Die Prinzessinnen waren im September einige Tage in 
Brünn und kamen dort gerade an, um einen großen Brand ganz 
in der Nähe zu sehen. Eine Kirche und drei Häuser wurden 
zerstört. Es war ein schauerlich-schöner Anblick. Den Fenstern 
des Absteigequartiers gegenüber wurde vom Rathausturme, einem 
alten Gebäude im Stile des Mittelalters, herunter aller paar 
Minuten das schauderhafte Wort „Feuer“ mit dem Sprachrohr 
verkündet. Das Herausstecken der roten Fahne erinnerte die 
Prinzessin an die in früheren Zeiten gebräuchliche schwarze Pest- 
fahne. Die Nacht war wunderschön, der Himmel ganz rein; auf 
der einen Seite blickte der Vollmond hinter dem schwarzen Turme 
hervor, auf der anderen war der Horizont ganz feurig, und 
dichte Rauchwolken wechselten schnell mit den auflodernden 
Flammen. Dabei war viel Lärm auf der Straße und zu be 
fürchten, daß das Feuer weiter um sich greife. 
Im November 1852 hatten die Prinzessinnen in Morawetz 
den unerwarteten Besuch der Prinzen Albert und Georg von 
Sachsen. Diese waren in Seelowitz, einer Herrschaft des Erz- 
herzogs Albrecht südlich Brünn, zur Jagd, sagten sich abends 
durch einen Boten an und kamen den anderen Tag zu Tisch. 
Sie waren 7 Stunden unterwegs, denn sie hatten keine guten
	        
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