— 58 —
von nun an in immer steigendem Maße das Gebot: „Wohlzu-
thun und mitzuteilen vergesset nicht!“" Sie unterbrach ihr viel
seitiges und anstrengendes Wirken immer bereitwillig und mit
Freuden, wenn es galt, Kranke zu besuchen, Leidende zu trösten,
Armen Hilfe zu bringen.
Der Tod des Herzogs Ferdinand von Genua Anfang des
Jahres 1855 war die Ursache zu einer fünfwöchigen Abwesenheit
des Kronprinzen, der zur Beisetzung seines Schwagers nach Turin
reiste und nach derselben einige Zeit in Italien bei seiner ver
witweten Schwester blieb. Die Gesundheit der Kronprinzeß machte
im Sommer zwei Badekuren notwendig, erst in Marienbad und
dann in Doberan. Prinzessin Anna begleitete sie an die mecklen
burgische Ostseeküste. Es wurden täglich Ausfahrten zu Wagen
gemacht, auch wurde viel auf die See hinausgefahren. Die Kron-
prinzeß war fest gegen die Seekrankheit, während ihre Umgebung
öfters dem Meere Tribut entrichten mußte. Das kronprinzliche
Paar reiste im Oktober nach Ischl. Kronprinz Albert war mit
Kaiser Franz Joseph in inniger Freundschaft verbunden. Die
Jagd gab fast alljährlich beiden hohen Herren Gelegenheit zu
längerem Beisammensein in der herrlichen Alpennatur des Salz-
kammergutes. Die Kronprinzeß verbrachte einige Zeit bei der
jungen Kaiserin in deren mit schönen Parkanlagen umgebener, am
Fuße des Jainzenberges und am Ufer der Ischl gelegener Villa.
Auf der Rückreise wurde in München einige Tage Aufenthalt
genommen, und die Prinzessin erfreute sich an den schönen Kirchen
und Kunstsammlungen.
Ende Juni 1856 besuchte das kronprinzliche Paar auf
mehrere Tage den Berliner Hof und fand dort die zuvorkommendste