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Eine Verpflichtung zur Erfüllung der obrigkeit-
lichen Befugnisse besteht aber der Landesherr-
schaft gegenüber, und diese kann im Wege des
sogen. fiskalischen Prozesses nach Massgabe der
Vorschriften der C. P.O. die Erfüllung der obrig-
keitlichen Befugnisse erzwingen (A.V. z. C.P.
O. $ 48). Zuwiderhandlungen der Gutsherren
gegen ihre obrigkeitlichen Befugnisse werden im
Wege eines besonderen Strafverfahrens, das einem
Disziplinarverfahren ähnelt, geahndet (A. V. z.
G.V.G. vom 15. Dezember 1885 88 21, 34. A.V.
z. Str. P.O. vom 28. Mai 1879 $ 86-114). Zu-
ständig für das Strafverfahren ist ausschliesslich
die Strafkammer (in der Besetzung von fünf Mit-
gliedern einschliesslich des Vorsitzenden) des
Landgerichts, in dessen Bezirke die Obrigkeit ihren
Sitz hat. Eine Voruntersuchung findet nicht statt.
Das Verfahren wird eröffnet mit der von der
Staatsanwaltschaft erhobenen Klage durch Ein-
reichung einer Anklageschrift. Die Anklageschrift
muss den Antrag auf Verhängung einer bestimmten
gesetzlichen oder herkömmlichen Strafe enthalten.
Über die Eröffnung oder Nichteröffnung des Ver-
fahrens beschliesst das Gericht. Erklärt der An-
geschuldigte, dass die in der Anklageschrift be-
zeichneten Tatsachen wahr seien, und beantragt
er, dass auf Grund dieser Tatsachen das Urteil er-
lassen werden möge, so kann das Gericht nach
Anhörung der Staatsanwaltschaft von einer Haupt-
verhandlung absehen und sofort zur Erlassung des
Urteils schreiten. Findet dagegen eine Hauptver-
handlung statt, so ist sie regelmässig nicht öffent-
lich. Gegen die Entscheidung des Gerichts stehen
dem Angeklagten und der Staatsanwaltschaft die