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bedeutet nicht eine Union der beiden Grossherzog-
tümer. Jeder der beiden Staaten hat seine eigene
vom andern unabhängige Existenz. Jeder Landes-
'herr ist in der Ausübung der Hoheitsrechte in
seinem Staate vom andern unabhängig. Soweit
nicht in Verordnungen ein anderes bestimmt ist,
gilt das Grossherzogtum Strelitz dem Grossherzog-
tum Schwerin gegenüber als Ausland. Eine ge-
wisse Gleichförmigkeit der inneren Verwaltung
und der Gesetzgebung in beiden Staaten ergibt
sich aber aus der Union der Stände ($ 36 d. W.)
und aus der hausvertragsmässigen Kommunikation
($ 44 d. W.). Ausserdem sind zahlreiche Be-
hörden gemeinsam, z. B. die Steuer- und Zoll-
direktion, die juristischen Prüfungsbehörden, das
Schwurgericht in Güstrow, das Oberlandesgericht,
der Gerichtshof zur Entscheidung von. Kompetenz-
konflikten, das obere Kirchengericht, die Landes-
versicherungsanstalt, die Oberpostdirektion, die
Handelskammer u. a. m.
Zweites Kapitel: Die Beziehungen zu den andern
deutschen Gliedstaaten und zum Deutschen Reiche.
$ 85.
Die Beziehungen der deutschen Gliedstaaten
untereinander haben sehr an Bedeutung verloren,
da durch R.-V. Art. 4 die wichtigsten Angelegen-
heiten, die früher den Gegenstand von Verträgen
bildeten, der Beaufsichtigung seitens des Reichs
und der Gesetzgebung desselben unterstellt sind.
Erwähnt seien hier die Vereinbarungen zwischen
den Regierungen sämtlicher deutschen Bundes-
staaten betr. das Verfahren bei Zuziehung von
Sachverständigen, welche in einem andern Bundes-