331
Zweiter Titel: Die Kirchenhoheit.
S 144.
Dem Landesherrn, als dem Inhaber der Staats-
gewalt, steht die Kirchenhoheit (jus circa sacra)
zu, und zwar jedem der beiden Landesherren in
seinem Lande allein (Hamburger Vergleich vom
6. März 1701 Ziff. 5). Geübt wird die Kirchen-
hoheit durch die dem Justizministerium beige-
ordnete besondere Abteilung für die geistlichen
Angelegenheiten ($ 64 d. W.). Mit Ausnahme
der aus der Eigenschaft des Landesherrn als Ober-
bischof der lutherischen Landeskirche hervorgehen-
den Befugnisse und Pflichten, welche durch den
Oberkirchenrat wahrgenommen werden, gehören
zum jus circa sacra die Ausübung der landes-
herrlichen Hoheitsrechte in bezug auf die
lutherische Landeskirche und auf die Katholiken
und Reformierten, die Oberaufsicht auf die Auf-
rechterhaltung der kirchlichen Ordnung durch die
weltlichen Behörden, besonders auch in polizei-
licher Beziehung, die religiösen und Gemeinde-
verhältnisse der Juden und die Oberaufsicht über
die Stiftungen und Anstalten zu frommen und
milden Zwecken, soweit diese nicht zum Geschäfts-
kreise eines anderen Ministeriums oder als kirch-
liche Anstalten zu dem des Oberkirchenrats ge-
hören. Das landesherrliche Ehescheidungsrecht
ist durch $ 1564 B. G. B. beseitigt worden.
Wesentlicher Bestandteil der Kirchenhoheit ist
ferner des jus reformandi, d.h. das Recht, über
die Ausübung des Gottesdienstes durch Religions-
gesellschaften, über die rechtliche Stellung des-
selben und die ihrer Mitglieder zu bestimmen.