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Grenzgrabens auf böhmischer Seite in einer Höhe von 925 m
gelegen. Zwischen dem feuchten Moose erhebt dort die graue
Säulchenflechte ihre braunen Fruchtbecher. Die Sumplheidelbeere
(Rauschbeere) zeitigt ihre roten Früchte, und die brännliche Moos-
beere rankt sich zwischen den graugrünen Blättern des Wollgrases
auf. Uberall wuchert das Kuieholz auf den moosigen Juseln, die
sich ans trüben Wasserlachen heben. Die dunklen Becken gelten
als unergründlich, obgleich sie die Bodensenken nur einige Fuß tief
füllen. Im Sommer brütet die Sonne, im Herbst dichter Nebel
auf diesen Waldsümpfen, die weder Vogel noch Frosch beleben.
Zugängliche Waldstellen und moorige Wiesenflächen werden im
Gebirge mehrfach abgestochen und geben die bräunlichen Torf-
stücken, die wir im oberen Erzgebirge im Freien aufgehäuft oder
in scheunenartigen Gebäuden angesammelt finden. Selbst die
Industrie hat sich der faserigen Moormassen bemächtigt und stellt
aus ihnen (am Bach bei Weiters Glashütte, westl. von Johann-
georgenstadt) eine dunkle, spröde Pappe her. Bei Reitzenhain
aber wird das Torflager regelrecht abgebaut und zu „Mull“ und
„Torfstren“ verarbeitet. Zusammenfassung.
6. Diese Gebirgsmoore sind aber vor allem, indem sie reiche
Niederschlagsmengen (Nebel, Regen, Schnee) sammeln und wie
Schwämme bewahren, die Qnellstätten der frischen und reichen
Gebirgswasser geworden. Freilich verleihen sie diesen als
Zeichen der Herkunft nicht selten eine auffallend bräunliche Färbung,
was die häufige Bezeichnung „Schwarzwasser“ hinlänglich ansdrückt.
Gerade das Wasser aber ist die schönste Gabe des Gebirges, mag
es nun quellklar aus den Felsen rinnen, oder als Waldbach
durch das Tannendickicht rauschen, oder als Bergfluß durch die
Täler schänmen. Frendig lauschen wir überall dem erquickenden
Gemurmel und neigen uns gern mit Halmen und Zweigen über
den grundhellen Spiegel. Fast jede Hütte des Gebirges hat ihren
frischen Brunnen, jedes Wohnhans sein „Wasserhäuschen“, jedes
Dorf seinen Bach, aus dessen kristallener Flut im Walde das Reh,
das Rind auf der Weide trinkt. Mühlen und Holzschleifereien
leiten ihren Graben von der Flußader ab, Schächte führen ihren
Bedarf zu den Schaufeln des Wasserrades. Große Teiche (z. B.
der Filzteich bei Schneeberg, der neue Teich bei Großhartmannsdorf,
südl. von Freiberg) sammeln das Wasser, Talsperren (z. B. bei
Einsiedel und Neunzehnhain) stauen es für den Bedarf großer
Stadtgemeinden (z. B. Chemnitz) auf und Kunststollen (3. B. der
Dörnthaler, südl. von Freiberg, 28 km lang, und der Rothschön
berger) führen es nach und von den unterirdischen Getrieben. So
wird das Wasser ein belebendes und segenspendendes Element in
der toten Gesteinswelt des Gebirges, Zusammenfassung.
Schlußzusammenfassung: Wald und Wiese, Moor und
Feld, Wild und Wasser sind demnach jedes in seiner Art nicht bloß
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