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4. Aus diesem Straßennetze greifen wir nun weiter einige
Einzelfäden heraus, um an ihnen die Natur und Bedeutung
der Gebirgsstraßen noch näher zu erfassen. Wir wählen zuerst die
Straße, die uns von Schwarzenberg aus aufwärts im Tale
der Pöhla hin führt. Von Stufe zu Stufe stürzt sich das frische
Waldwasser in steinichtem Bette nieder, und sein Ranschen wird nns
zum Wanderliede. Düstrer Fichtenwald begleitet uns auf dieser
Nordseite des Gebirges, bis wir die dürftigen Höhen bei den
Tellerhäusern, dem höchsten Orte Sachsens (920 m), erreichen.
Dort schwindet der Wald, weitgedehnte Moorwiesen ziehen sich nach
Böhmen hinein, und wir pflücken Vertreter der Alpen (den schon
erwähnten Tarant) auf dem Kamme. Nun wendet sich die Straße
in schnellerem Falle der Talschlucht von Joachimsthal zu, an der
wieder der Obstbaum den kleinen Hausgarten ziert. Lanbbäume
drängen sich an die Straße vor, auf der wir endlich in die Eger-
ebene des sonnigen Böhmens treten, wo die Walnuß reift und die
Traube lacht. — Dann wählen wir weiter die Bergstraße, die uns
aus der Gegend von Zöblitz durch das schweizerisch schöne Tal
der schwarzen Pockau nach dem sächs. Hochdorfe Rcitzenhain
führt. Hier ist am Kamme des Gebirges ein stattliches Kurhaus
mit einer Schar kleiner Wohnhäuser errichtet worden, das im
Rücken von Nadel= und Buchenwald gedeckt wird, der sich stunden-
lang auf dem Kamme dehnt. Eisenqnelle, Milch und reine
Höhenluft (776 m) wollen im Vereine die Kranken heilen, die diese
Bergstraße aufwärts ziehen. — Als dritte Gebirgsstraße wählen
wir die östlichste, die uns im Tale der Gottleuba auf den Kamm
geleitet und sich am (böhm.) Sattelberge gabelt. Der westliche
Arm führt uns zum (böhm.) Mückentürnuchen, von dem ans
wir nicht nur die Senkung des böhmischen Kessels, sondern vor
allem den gewaltigen Aufban des schönen Mittelgebirges erblicken.
Der östliche Arm steigt zu den Nollendorfer Höhen auf, an
deren Südfuß uns ein preußisches, österreichisches und russisches
Siegesdenkmal erinnern, daß an den Gebirgshängen im harten
Ringen (29. u. 30. Ang. 1813) die Franzosen überwunden wurden.
So wird uns durch diese drei Bergstraßen nicht bloß
der schnelle Wechsel der Pflanzen= und Bodenformen,
sondern auch der Wechsel von Krankheit und Gesund-
heit und der Wechsel des Kriegsglücks anschanlich vor
das Auge gestellt.
5. In den letzten Jahrzehnten sind vielfach eiserne Schienen-
stränge in und über das Gebirge gelegt worden. Nun braust
das Dampfroß durch die stillen Täler, durchfährt die hohen Ufer-
felsen, überschreitet die Flüsse auf zahlreichen Brücken (die Bahn
der Roten Weißeritz ist 26 km lang und zeigt 37 Brückenaulagen),
erstrebt den Kamm und senkt sich dann in Schlangenwindungen
zum Egertale hinab. Während die eine der beiden westlichen
Linien dem Tale der Zwickauer Mulde und Zwota, die andere