Full text: Landeskunde des Königreiches Sachsen. Ausgabe A.

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4. Die zahlreichen Fabriken in Meerane verarbeiten im Grunde 
dieselben Garnsorten, wie die in Glauchau. Vertreter in= und 
ausländischer Spinnereien haben sich daher im Orte niedergelassen, 
um das Garngeschäft zu betreiben. Die Beschaffenheit des rohen 
Garnes bestimmt nun zwar schon an und für sich den Wert des 
Gewebes. Um diesem aber ein schönes Aussehen zu verleihen, wird 
es im Orte bald scharlachrot, bald zitronengelb, bald himmelblau 
gefärbt, oder auch mit bunten Farbenwellen bedruckt. Die unreinen 
Abflüsse der Färbereien und Druckereien sind es daher, welche die 
Bäche der Stadt bis auf den Grund trüben. Die gefärbten oder 
bedruckten Garne werden dann aber nicht bloß in den Fabriken, 
sondern auch von Hauswebern verwebt, die sie durch Faktore 
beziehen. Von dem Hand= oder mechanischen Webstuhle wandert 
das rohe Gewebe in die Appretur, in der es geschoren, gepreßt und 
geplättet, mit einem Worte so verschönt wird, daß es kauffähig nach 
Leipzig oder in die deutschen Seehäfen übergehen kann, die es über 
das Meer in ferne Welten bringen. Die Bewohner des Ortes hätten 
also wohl ihr Flüßchen nicht das „Meerchen“ zu neunen brauchen, 
um nach einer Deutung ihres Ortsnamens zu suchen. Die Stadt 
ist ja am Meere wohl bekannt, wenn sie auch fern vom Gestade 
desselben liegt. Auch in unsern Kaufläden liegen wohl die Erzeug- 
nisse des dortigen Gewerbefleißes aus, und bei ihrem Anblicke wollen 
wir uns des Schnurrens der Spindeln, des Klapperns 
der Stühle, des Schaffens und Raffens der Fabrikanten 
erinuern und in diesen Lebensäußerungen die echte 
Fabrikstadt erkennen. 
5. Die dritte Stadt, welche sich den Vertretern der Webindustriec 
im westlichen Kohlenbecken anschließt, ist Crimmitschau. Mit ihr 
treten wir an die Ufer der Pleiße heran, die nördlich von Reichen- 
bach aus schiefrigem Felsen entspringt. Auch diese Stadt hat ihre 
alten Ringmauern und Tore gesprengt, als der Schnellschütze des 
Webstuhles an die Stelle des Scharfschützen auf den Wällen trat. 
Denn durch herbeigerufene Holländer bürgerte sich in der Mitte 
des vorigen Jahrhunderts (1748 durch David Ohler) das 
Spinnen und Verweben des Streichgarns ein. Dieses ist aber 
das Gespinst aus Streichwolle, unter der wir die kurzen, gekräuselten 
Härchen des Schafvplieses (im Gegensatz zu der längeren Kammwolle 
am Rücken des Tieres) verstehen. Um der spröden Wolle die nötige 
Geschmeidigkeit zu verleihen, wird sie eingefettet. Darauf müssen 
Maschinenkämme die geringelten Härchen strecken, damit sie von den 
Spinnmaschinen leicht zu Garn gedreht werden können. Auch dieser 
Wolle wird in den Färbereien das natürliche Aussehen genommen 
und ein künstliches gegeben, damit sie als schöngefärbtes Tuch den 
Webstuhl verlassen kann. Nun verfilzt der Walker die abstehenden 
Härchen des Tuchgewebes zu einer weichen Schicht, welche die Fäden 
verdeckt. Darauf wird das gewalkte Tuch mit den kratzigen Blüten- 
köpfen der Kardendistel oberflächlich aufgebürstet, so daß sich die
	        
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