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gern bereit gewesen, einer allseitigen Uebereinstimmung gegenüber abweichende
Ansichten zu opfern. Aber schon der Mangel eines Einverständnisses unter
den beiden mächtigsten Bundesstaaten trübte die Aussicht auf einen günstigen
Erfolg. Um so weniger glaubte Ich nach dem Scheitern Meiner vermitteln-
den Anträge Beschlüssen beitreten zu sollen, für welche weder die Billigung
noch die Einigung des gesammten Deutschlands erwartet werden konnte. Ward
somit auch nur die Anerkennung der dringenden Nothwendigkeit einer deut-
schen Verfassungsreform gewonnen, so gedenke Ich doch gerne der freundlichen
Beziehungen, welche die in Frankfurt versammelten Fürsten in dem gleichen
Streben nach einem hohen nationalen Ziele vereint hielten, und bewahre in
dankbarer Erinnerung als ein Zeugniß der Liebe Meines Volkes die Zustim-
mung, welche Meinem Handeln aus allen Theilen des Landes entgegenkam.
Inmitten dieses Ringens nach größerer Einheit ersteht der Nation durch den
Rathschluß der Vorsehung eine ernste Aufgabe. Ein edler Bruderstamm
im Norden, lange geprüft und bewährt in vielen Leiden ist durch das Recht
eines zweifellosen Erbganges sich selbst und seinem großen Vaterlande zurück-
gegeben. Eine einseitig festgesetzte Erbfolgeordnung, welche weder das Recht
der Stände noch die Ansprüche der Nationalität beachtet, droht ihn aufs neue
dem Verbande des gemeinsamen Vaterlandes zu entfremden. Meine Regie-
rung hat nicht gezögert, zu thun, was das gute Recht fordert, und sie wird
auch fernerhin, getragen von der erhebenden Einmüthigkeit aller Parteien mit
Muth und Entschlossenheit die heiligen, aber ernsten Pflichten erfüllen, welche
dem deutschen Volke dort erwachsen sind. Ich weiß, daß die Sache in Ihren
Herzen mächtigen Wiederhall findet, und daß für deutsches Recht und deutsche
Ehre selbst die Uebernahme der schwersten Opfer Ihre freudige Zustimmung.
erhält . . .“
2. Dec. (Württemberg). Die ll. Kammer wählt drei der Re-
gierung mehr oder minder mißliebige Candidaten für ihr Präsi-
dium mit je 48 Stimmen; Frhr. v. Varnbüler bleibt mit je 34
bis 35 Stimmen in der Minderheit.
„ „ (Coburg-Gotha). Der Ausschuß des gemeinschaftlichen
Landtags richtet eine Dankadresse an den Herzog für sein Vorgehen
in der schleswig-holsteinischen Sache. — In Gotha bildet sich ein
Central-Wehrcomité zur Unterstützung Schleswig-Holsteins.
„ „ (Bremen). Die Bürgerschaft fordert mit allen gegen 1 Stimme
den Senat auf, beim Bunde nach Kräften für Anerkennung und
Verwirklichung des Rechts der Herzogthümer, vor allem aber für
beschleunigte Action des Bundes zu wirken.
2./10. (Holstein). Korrespondenz Herzogs Friedrich mit Kaiser Na-
poleon.
4. Dec. (Oesterreich und Preußen) richten an die Regierungen
der übrigen deutschen Staaten identische Noten zu Unterstützung
ihrer behufs Durchführung des Londoner Protokolls gerichteten
Anträge am Bunde:
„Die Gefahren für den allgemeinen Frieden, welche sich an die Entwick-
lung der schleswig-holsteinischen Angelegenheit knüpfen können, machen es
der kais. (k. preuß.) Regierung zur Pflicht, sich gegen ihre deutschen Bundes-
genossen in Bezug auf die nächsten zu ergreifenden Maßregeln auszusprechen;
es gereicht ihr zur besonderen Genugthuung, sich dabei in voller Ueberein-
stimmung mit der k. preuß. (kais. österr.) Regierung zu befinden. Es handelt
sich bekanntlich am Bundestag jetzt um die schleunige thatsächliche Ausführung
der am 1. Okt. l. J. beschlossenen Executionsmaßregeln. Oesterreich