Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

96 Deutschland. 
gern bereit gewesen, einer allseitigen Uebereinstimmung gegenüber abweichende 
Ansichten zu opfern. Aber schon der Mangel eines Einverständnisses unter 
den beiden mächtigsten Bundesstaaten trübte die Aussicht auf einen günstigen 
Erfolg. Um so weniger glaubte Ich nach dem Scheitern Meiner vermitteln- 
den Anträge Beschlüssen beitreten zu sollen, für welche weder die Billigung 
noch die Einigung des gesammten Deutschlands erwartet werden konnte. Ward 
somit auch nur die Anerkennung der dringenden Nothwendigkeit einer deut- 
schen Verfassungsreform gewonnen, so gedenke Ich doch gerne der freundlichen 
Beziehungen, welche die in Frankfurt versammelten Fürsten in dem gleichen 
Streben nach einem hohen nationalen Ziele vereint hielten, und bewahre in 
dankbarer Erinnerung als ein Zeugniß der Liebe Meines Volkes die Zustim- 
mung, welche Meinem Handeln aus allen Theilen des Landes entgegenkam. 
Inmitten dieses Ringens nach größerer Einheit ersteht der Nation durch den 
Rathschluß der Vorsehung eine ernste Aufgabe. Ein edler Bruderstamm 
im Norden, lange geprüft und bewährt in vielen Leiden ist durch das Recht 
eines zweifellosen Erbganges sich selbst und seinem großen Vaterlande zurück- 
gegeben. Eine einseitig festgesetzte Erbfolgeordnung, welche weder das Recht 
der Stände noch die Ansprüche der Nationalität beachtet, droht ihn aufs neue 
dem Verbande des gemeinsamen Vaterlandes zu entfremden. Meine Regie- 
rung hat nicht gezögert, zu thun, was das gute Recht fordert, und sie wird 
auch fernerhin, getragen von der erhebenden Einmüthigkeit aller Parteien mit 
Muth und Entschlossenheit die heiligen, aber ernsten Pflichten erfüllen, welche 
dem deutschen Volke dort erwachsen sind. Ich weiß, daß die Sache in Ihren 
Herzen mächtigen Wiederhall findet, und daß für deutsches Recht und deutsche 
Ehre selbst die Uebernahme der schwersten Opfer Ihre freudige Zustimmung. 
erhält . . .“ 
2. Dec. (Württemberg). Die ll. Kammer wählt drei der Re- 
gierung mehr oder minder mißliebige Candidaten für ihr Präsi- 
dium mit je 48 Stimmen; Frhr. v. Varnbüler bleibt mit je 34 
bis 35 Stimmen in der Minderheit. 
„   „   (Coburg-Gotha). Der Ausschuß des gemeinschaftlichen 
Landtags richtet eine Dankadresse an den Herzog für sein Vorgehen 
in der schleswig-holsteinischen Sache. — In Gotha bildet sich ein 
Central-Wehrcomité zur Unterstützung Schleswig-Holsteins. 
„ „ (Bremen). Die Bürgerschaft fordert mit allen gegen 1 Stimme 
den Senat auf, beim Bunde nach Kräften für Anerkennung und 
Verwirklichung des Rechts der Herzogthümer, vor allem aber für 
beschleunigte Action des Bundes zu wirken. 
2./10. (Holstein). Korrespondenz Herzogs Friedrich mit Kaiser Na- 
poleon. 
4. Dec. (Oesterreich und Preußen) richten an die Regierungen 
der übrigen deutschen Staaten identische Noten zu Unterstützung 
ihrer behufs Durchführung des Londoner Protokolls gerichteten 
Anträge am Bunde: 
       „Die Gefahren für den allgemeinen Frieden, welche sich an die Entwick- 
lung der schleswig-holsteinischen Angelegenheit knüpfen können, machen es 
der kais. (k. preuß.) Regierung zur Pflicht, sich gegen ihre deutschen Bundes- 
genossen in Bezug auf die nächsten zu ergreifenden Maßregeln auszusprechen; 
es gereicht ihr zur besonderen Genugthuung, sich dabei in voller Ueberein- 
stimmung mit der k. preuß. (kais. österr.) Regierung zu befinden. Es handelt 
sich bekanntlich am Bundestag jetzt um die schleunige thatsächliche Ausführung 
der am 1. Okt. l. J. beschlossenen Executionsmaßregeln. Oesterreich
	        
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