106 Deutschland.
von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg zur Erbfolge berufen. Die
Geltendmachung der Thronfolge des Herzogs Friedrich ist zugleich die Gel-
tendmachung der Rechte Deutschlands an Schleswig-Holstein. Hieraus ent-
springt die Verpflichtung des deutschen Volks, für seine verletzte Ehre,
für sein gefährdetes Recht, für seine unterdrückten Stammesgenossen und ihren
rechtmäßigen Fürsten jedes nöthige Opfer zu. bringen. Einmüthig in dieser
Anschauung übernehmen die hier versammelten Mitglieder deutscher Volksver-
tretungen die Verpflichtung, mit allen gesetzlich zulässigen Mitteln
in ihrem Wirkungskreise dahin zu streben, daß 1) wo und soweit dies nicht
bereits erfolgt ist, das Recht des Herzogs Friedrich von Augustenburg
anerkannt und die Anerkennung durch den Bund erwirkt werde, 2) daß ohne
Rücksicht auf fremden Einspruch diesem Rechte Geltung verschafft, die
Trennung der Herzogthümer von Dänemark vollzogen, ihre verfassungsmäßige
unzertrennliche Verbindung und ihre Selbstständigkelt, sowie die Unabhängigkeit
der Volksvertretung in Schleswig-Holstein sofort hergestellt werde. Sie verpflichten
sich ferner, diejenigen deutschen Regierungen zu unterstützen, welche
für das volle Recht der Herzogthümer ehrlich und thatkräftig eintreten, und
diejenigen Regierungen mit allen verfassungsmäßigen Mitteln zu bekämpfen,
welche das Recht und die Ehre Deutschlands in dieser Sache preisgeben.
Die Versammlung beschließt darauf nach längeren Verhandlungen mit
großer Mehrheit einen Central-Ausschuß von 36 Mitgliedern niederzu-
setzen „als Mittelpunkt der gesetzlichen Thätigkeit der deutschen Nation für
Durchführung der Rechte der Herzogthümer Schleswig-Holstein und ihres
rechtmäßigen Herzogs Friedrich VIII. Der Ausschuß ist ermächtigt, eine aus
einer kleinen Zahl von Personen bestehende Commission für die geschäftliche
Leitung einzusetzen. Der Ausschuß kann nach Lage der Umstände eine aber-
malige Versammlung von Mitgliedern der deutschen Landesvertretungen be-
rufen.“ Gegen die Niedersetzung eines solchen Central-Ausschusses prote-
stiren eine Anzahl bayerischer, württembergischer und österreichischer Abge-
ordneten unter dem Vortritt des Grafen Hegnenberg-Dux, Präsidenten der
bayerischen Abgeordnetenkammer und des Freiherrn v. Lerchenfeld, des Führers
der Majorität derselben Kammer: „Die Unterzeichneten sehen sich genöthigt,
dem Antrage auf Bildung eines Ausschusses gegenüber folgende Erklärung
abzugeben: In Erwägung, daß ein Ausschuß mit beschränktem streng um-
schriebenen Wirkungskreise der Bedeutung der Sache und der Versammlung
nicht angemessen, und den von ihm gehegten Erwartungen nicht entsprechend
sein würde; daß dagegen ein solcher Ausschuß mit weitergehenden Be-
fugnissen oder unbestimmtem Wirkungskreise bei jedem Acte
seiner Thätigkeit dem Conflicte mit der bestehenden Gesetzgebung ausgesetzt
ist, daher jedenfalls befürchten läßt, daß die Bildung eines solchen Organes
die Interessen Schleswig-Holsteins; deren Wahrung die erste Aufgabe dieser
Versammlung ist, weit mehr gefährden als fördern, in fernerer Erwägung,
daß bei der Natur der gegenwärtigen Versammlung, deren Mitglieder kein
Mandat aufzuweisen haben, auch keine Verpflichtung bestehen kann, an der
Abstimmung über: Beschlüsse Theil zu nehmen, welche der Ueberzeugung des
Einzelnen widerstreiten. Aus diesen Gründen erklären die Unterzeichneten sich
jeder Beschlußfassung über einen Antrag auf Bildung eines Ausschusses entgegen
und jede Verantwortung für die Folgen eines solchen Beschlusses ablehnend."
Endlich beschließt die Versammlung ohne Debatte: „sie halte es im beson-
dern Hinblick auf die schleswig-holsteinische Angelegenheit für Pflicht, für das
wohlbegründete, unter den vorliegenden Umständen nicht länger abweisbare
Recht der deutschen Nation auf eine allgemeine Volksvertretung — Parlament
— und für die Nothwendigkeit baldigster Herstellung eines solchen sich feierlich
auszusprechen."
Die Versammlung zählt. 491. Abgeordnete, — und zwar 109 Bayern, 70
Frankfurter, 49 Württemberger, 47 Preußen, 43 Badener, 42 Darmstädter, 32