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sie unter verfassungsmäßiger Mitwirkung der Landesvertretung mittels der
vom Lande allgemein ersehnten Beschränkung der Präsenzzeit in den Gränzen
ausgeführt werde, welche eine gewissenhafte Prüfung der volkswirthschaftlichen
Zustände und ber finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes nothwendig
erscheinen läßt. Die Erwartung ist begründet, daß das Haus der Abgeordneten,
nachdem dem Rechte des Landes Anerkennung geworden, zu einer Ver-
ständigung in diesem Sinne die Hand bieten wird.“
9. „ Antwort des Königs auf die Neujahrs-Adressen des Magi-
strats und der Stadtverordneten in Berlin:
„ . . . Da die allgemeine Landeslage berührt worden ist, so gibt Mir
dieß Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß der Zustand, welcher Conflict
genannt wird, nicht sowohl zu einer Verwirrung der Gemüther führt, als
aus einer leider noch fortdauernden Verwirrung hervorgegangen ist. An
Meinem aufrichtigen Willen, die Verfassung aufrecht zu erhalten und zu
schützen, darf Niemand zweifeln, dem nicht darum zu thun ist, Mißtrauen
zu säen und der Einheit vor König und Land entgegenzuarbeiten. Was Ich nach
gewissenhafter, inniger Ueberzeugung zum Wohl des Vaterlandes erforderlich
halte, muß Ich innerhalb der verfassungsmäßigen Grenzen mit allen zu
Gebot stehenden Mitteln zu verwirklichen suchen und darf Mich in diesem
Bestreben durch vorübergehende Verkennung Meiner Absichten nicht irre machen
lassen. Es ist die Aufgabe der Verständigen und Wohlgesinnten aller Classen,
namentlich der Gemeindevertreter, die Verhältnisse ruhig und parteilos zu
prüfen, die gewonnene Einsicht zu verbreiten und das Verständniß der Lage
der Dinge und Meiner Absichten unter Denen herbeizuführen, deren Miß-
trauen und Besorgniß aus irriger Auffassung hervorgeht. Geschieht dies nach
Kräften, so wird die Beruhigung der Gemüther wieder einkehren, welche mit
Mir jeder treue Preuße herbeisehnt.“
10. „ Eröffnung des Landtags. Rede des Ministerpräsidenten:
„Die Regierung Sr. Maj. begrüßt Sie mit dem lebhaften Wunsche, daß
es in dieser Sitzungsperiode des Landtages gelingen möge, über die im
vorigen Jahre ungelöst gebliebenen Fragen eine dauernde Verständigung
herbeizuführen. In Ermangelung eines gesetzlich festgestellten Staatshaushalts-
Etats für das Jahr 1862 hat die kgl. Regierung in erhöhtem Maße ihr
Augenmerk darauf gerichtet, die Verwaltung mit Sparsamkeit zu führen; sie
hat jedoch nicht unterlassen dürfen, alle diejenigen Ausgaben zu bestreiten,
welche zur ordnungsmäßigen Fortführung der Verwaltung, sowie zur Erhal-
tung und Förderung der bestehenden Staats- Einrichtungen und der Landes-
wohlsahrt nothwendig gewesen sind. Sobald der Rechnungs-Abschluß gefertigt
ist, wird die Regierung eine Vorlage über die Staats-Einnahmen und Aus-
gaben des abgelaufenen Jahres einbringen und die nachträgliche Genehmi-
gung beider Häuser des Landtages zu den geleisteten Ausgaben beantragen.
Der Staatshaushalts-Etat für das Jahr 1863 wird Ihnen von
Neuem vorgelegt werden. .. Die Aufstellung des Staatshaushalts-Etats für
das Jahr 1864 ist so weit vorgeschritten, daß der Abschluß in Kurzem bevor-
steht, und die Staatsregierung wird denselben alsbald zu Ihrer Berathung
gelangen lassen. .. Die Regierung Sr. Maj. wird in ErfÜllung der gege—
benen Zusicherung Ihnen einen Gesetzentwurf zur Abänderung und Ergänzung
des Gesetzes über die Verpflichtung zum Kriegsdienste vom 3. Sept.
1814 vorlegen. Sie gibt sich der Hoffnung hin, daß die Reorganisation
des Heeres, zu deren Aufrechthaltung die Regierung Sr. Maj. sich im
Interesse der Machtstellung Preußens einmüthig verpflichtet erachtet, auch
durch die gesetzliche Feststellung der zu ihrer Durchführung erforderlichen Aus-
gaben nunmehr ihren vollständigen Abschluß gewinnen werde . . . Die ange-
messene Erweiterung der Marine muß fortgesetzt als ein dringendes In-
teresse des Landes angesehen werden, und die Regierung Sr. Maj. wird zur
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