Preußen. 121
die in der Verfassung den verschiedenen Gewalten gesetzten Schranken anzu-
erkennen haben; denn nur auf dieser Grundlage ist einé Verständigung hin-
sichtlich derjenigen Gebiete möglich, auf welchen ein Zusammenwirken Meiner
Regierung mit der Landesvertretung erforderlich ist. Ich beklage tief den
Widerstreit der Ansichten, der in Betreff der Festsetzung des Staatshaushalts-
Etats sich entwickelt hat. Es kann aber eine Vereinbarung über den Etat
nicht durch Preisgebung der verfassungsmäßigen Rechte der
Krone und des Herrenhauses erwirkt, es kann nicht, der Verfassung
entgegen, das Recht der Bewilligung und Verweigerung der Staatsausgaben
ausschließlich auf das Haus der Abgeordneten übertragen werden. Es ist
Meine landesherrliche Pflicht, die auf Mich vererbten und verfassungsmäßigen
Machtbefugnisse der Krone ungeschmälert zu bewahren, weil Ich
darin eine nothwendige Bedingung für die Erhaltung des inneren Friedens,
für die Wohlfahrt des Landes und für das Ansehen Preußens in seiner euro-
päischen Stellung erkenne. Nachdem Ich seit einem Jahre durch verminderte
Anforderungen an die Leistungen des Volkes, von nahezu vier Millionen, so-
wie durch bereitwilliges Eingehen auf die ausführbaren Wünsche der
Vertretung desselben bewiesen habe, daß es Mir wahrhaft darum zu thun ist,
eine Ausgleichung des Widerspruchs herbeizuführen, den Meine Regierungs-
maßregeln im Großen wie im Kleinen gefunden haben, erwarte Ich, daß
das Haus der Abgeordneten diese Beweise des Entgegenkommens nicht ferner
unbeachtet lassen wird, und fordere dasselbe nunmehr auf, seinerseits
Meinen landesväterlichen Absichten sein Entgegenkommen in einer Art zu be-
weisen, daß das Werk der Verständigung ermöglicht wird, welches Meinem
Herzen ein Bedürfniß ist, Meinem Herzen, dessen einziges Verlangen darauf
gerichtet ist, das Wohl des preußischen Volkes zu fördern, und dem Lande
die Stellung zu erhalten die eine glorreiche Geschichte durch treues Zusam-
mengehen von König und Volk demselben angewiesen hat.“
3. Febr. Im Herrenhause wird ein von 51 Mitgliedern unterstützter
Antrag auf eine Loyalitäts-Adresse an den König eingebracht.
„ „ Instruction des Königs an den Oberbefehlshaber des 4. Ar-
meecorps an der russischen Gränze; der Eintritt des Kriegs= und
Belagerungszustandes wird darin vorgesehen.
„ „ Fünfzigjähriger Gedenktag des Aufrufs an die Freiwilligen.
Theilnahmslose Feier in Berlin, von der Regierung möglichst ge-
hindert.
5. „ Das Herrenhaus nimmt die Adresse an den König nach
dem ihm vorgelegten Entwurfe ohne Discussion unter Namensauf-
ruf einstimmig an. Die liberalen Mitglieder des Hauses fehlen
entweder oder verlassen vor der Abstimmung den Saal; die Mi-
nister schweigen.
„Ew. kgl. Majestät hält das Herrenhaus für Pflicht, sich nur in beson-
ders wichtigen Momenten des Staatslebens mit dem unmittelbaren Ausdruck
seiner Gesinnungen zu nahen. Wir sind der Ueberzeugung, daß der gegen-
wärtige Zeitpunkt ein solcher ist, der es rechtfertigt, wenn wir uns in tiefster
Ehrfurcht erlauben, von diesem Vorrecht Gebrauch zu machen. So treten wir
denn vor Ew. kgl. Majestät in dem Bewußtsein der unwandelbaren Treue,
indem, je schwieriger die Lösung mancher Fragen der inneren Politik erscheint,
wir es um desto mehr als unsere Pflicht erkennen, uns in patriotischer
Hingebung um Ew. kgl. Majestät zu vereinigen. Die zur Mit-
wirkung bei der Gesetzgebung berufenen Gewalten befinden sich in einem Con-
flicte, der entstanden ist, während jede ein ihr nach der Verfassungs-