132 Preußen.
daß auch das Haus einen unberechtigten Anspruch in dieser Beziehung nicht
ferner erhebt. Hätte das Haus eine solche Aeußerung rechtzeitig gethan, so
würde es keine Veranlassung zu der grundlosen Beschuldigung gefunden haben,
daß Meine Minister durch das Abbrechen der persönlichen Verhandlung mit
dem Hause die Erfüllung des Zweckes dieser Session vereitelt hätten. Danach
würde Ich Meine Minister haben veranlassen können, die Verhandlungen mit
dem Hause wieder aufzunehmen, und von neuem zu versuchen, ob und in wie
weit dieselben einem befriedigenden Abschluß entgegengeführt werden könnten.
Allein das Haus hat in seiner Adresse selbst jede Hoffnung auf
irgendein ersprießliches Resultat der fortgesetzten Verhand-
lungen abgeschnitten. Die Adresse beklagt, daß in den letzten drei Mo-
naten die Rückkehr zu verfassungsmäßigen Zuständen nicht erfolgt sei. Meine
Minister haben es an den zur Erzielung eines gesetzlich geordneten Staats-
haushalts erforderlichen Vorlagen nicht fehlen lassen. Sie tragen nicht die
Verantwortung dafür, daß die Beschlußnahme über dieselben nicht erfolgt ist,
vielmehr hat das Haus Zeit und Kräfte auf Berathungen und Discussionen
verwendet, deren Tendenz und Form schon seit längerer Zeit Zweifel an einem
die Landesinteressen fördernden Resultat der Verhandlungen erwecken mußten.
Die Behauptung, daß Meine Minister verfassungswidrige Grundsätze ausge-
sprochen und bethätigt haben, sowie daß die wichtigsten Rechte der Volksver-
tretung mißachtet und verletzt worden seien, entbehrt jeder thatsächlichen Be-
gründung. Es wäre Sache des Hauses gewesen, den Nachweis dieser Be-
hauptung wenigstens zu versuchen, und die vermeintlich mißachteten Vor-
schriften der Verfassungs-Urkunde zu bezeichnen. In dieser Hinsicht wird jedoch
nichts weiter angeführt, als daß Meine Minister ihre Mitwirkung zu Ver-
einbarung eines Gesetzes über die Ministerverantwortlichkeit für jetzt abgelehnt
haben. Ebensowenig wie den frühern Ministern kann aber den gegenwärtigen
eine Verfassungs-Verletzung aus dem Grund zum Vorwurf gemacht werden,
daß sie eine weitere Vertagung dieser Gesetzgebung, für welche ein bestimmter
Zeitpunkt nicht vorgeschrieben ist, den Interessen des Landes für entsprechend
halten. Die Haltung, welche die Mehrheit des Hauses beobachtet hat, so oft
die Beziehungen Preußens zum Ausland in den Kreis seiner Erörterungen
gezogen worden sind, hat Mich mit tiefem Leidwesen erfüllt. Man hat die
auswärtige Politik Meiner Regierung aus dem schroffsten Standpunkt des
innern Partei-Interesses beurtheilt, und einzelne Mitglieder des Hauses hatten
sich so weit vergessen, mit Verweigerung der Mittel selbst zu einem gerechten
Krieg zu drohen. Dieser Haltung entsprechen die Behauptungen der Adresse
über die auswärtigen Verhältnisse Preußens und die daran geknüpften An-
schuldigungen gegen Meine Regierung. Der Wirklichkeit entsprechen sie nicht.
Die Stellung Preußens ist nicht isolirter, als die anderer europäischen Staaten;
ebensowenig aber wie die übrigen Mächte kann Preußen sich unter den ge-
gebenen Verhältnissen der Nothwendigkeit entziehen, den gegenwärtigen Bestand
seiner Wehrkraft ungeschwächt aufrecht zu erhalten. Wenn gleich Ich nicht ge-
sonnen bin, patriotischen Beirath auch in Fragen der auswärtigen Politik
von der Hand zu weisen, so kann ein solcher doch nur dann von Werth sein,
wenn er sich auf volle Kenntniß aller einschlagenden Verhältnisse und Ver-
handlungen stützt. Wird über Nichtbefolgung dieses Raths aber Beschwerde
erhoben, so liegt darin ein unberechtigter Versuch des Hauses, den Kreis seiner
verfassungsmäßigen Befugnisse zu erweitern. Unter allen Umständen ist und
bleibt es ausschließlich Mein durch Artikel 48 der Verfassungs-Urkunde ver-
brieftes königliches Recht, über Krieg und Frieden zu befinden. In dieser,
wie in jeder andern Beziehung ist es Meine Pflicht, den auf Gesetz und Ver-
fassung beruhenden Umfang königlicher Gewalt ungeschmälert zu wahren,
und das Land vor den Gefahren zu behüten, welche eine Verlegung des Schwer-
punkts Unseres gesammten öffentlichen Rechtsbestands in ihrem Gefolge haben
würde. Mit allem Ernst muß Ich dem Bestreben des Hauses der Abgeord-