Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierter Jahrgang. 1863. (4)

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Oesterreich. 
Entschiedenheit zurückweisen. Was endlich die von Rußland vorgeschlagene 
Form der Vereinbarung betrifft, so haben wir bereits in Petersburg erklärt, 
daß das zwischen den drei Cabinetten von Wien, London und Paris herge- 
stellte Einverständniß ein Band zwischen denselben bildet, von welchem Oesterreich 
sich jetzt nicht loslösen kann, um abgesondert mit Rußland zu unterhandeln.“ 
22. Juli. (Siebenbürgen). Die magyarischen Mitglieder des Land- 
tags (44 Mitgl. und 7 Regalisten) beurlauben sich gemeinschaftlich 
beim kais. Statthalter, Grafen Crenneville. Baron Kemeny, Graf 
Miko und Bischof Haynold wollen sich mit einer Denkschrift nach 
Wien begeben. Zugleich veröffentlichen sie eine Erklärung über 
ihren Schritt: « ; 
„Wir sind tief durchdrungen von der hohen Wichtigkeit jener Fragen, 
deren Lösung durch den einberufenen Landtag angebahnt werden soll. Unter 
diesen verdienen vor allen jene besondere Beachtung, welche die Feststellung 
der gegenseitigen Verhältnisse der verschiedenen Nationalitäten des Vaterlandes 
behandeln. Wir wünschen es aufrichtig, daß die nationale, confessionelle und 
individuelle Gleichberechtigung aller in unserem Vaterlande wohnenden Na- 
tionalitäten und unter diesen jene der Rumänen verkündigt und gesichert 
werde. Daß dies mit gewissenhafter Aufrechterhaltung der Einheit und Würde 
des Vaterlandes und auf gesetzlichem Wege vollzogen werde, wollen wir um 
— mehr, weil es unser höchster Wunsch ist, daß die im Herzen des Vater- 
andes so lange entbehrte Eintracht hergestellt, daß der Wille und die Kräfte 
sämmtlicher Bürger des Vaterlandes, welcher Sprache und Confession sie immer 
angehören mögen, für die Beförderung des allgemeinen Wohles gewonnen 
werden. Wir halten die oberwähnten wichtigen Lösungen ohne Aufopferung 
der verfassungsmäßigen Freiheit nicht nur für möglich, sondern wir erachten die 
Wahrung unserer constitutionellen Freiheit als das einzige erfolgreiche Mittel, 
mit dessen Anwendung die Lösung und Sicherstellung der bereits erwähnten 
nationalen und anderer hochwichtiger Fragen erreicht werden kann. Mit der 
tausendjährigen Basis unserer Verfassung sind auf die neueren Zeiten ver- 
schiedene Institutionen, Rechte und Gesetze überkommen, deren auf gesetzlichem 
Wege zu erfolgende Abänderung, Ersetzung durch neue, oder gänzliche Auf- 
hebung zur Nothwendigkeit geworden ist. Dies glaubt und weiß Niemand 
besser als wir; allein wir sind eben so fest überzeugt, daß es das gefährlichste 
Beginnen wäre, wenn mit den eine Abänderung erheischenden Institutionen, 
Rechten und Gesetzen zugleich die Grundfesten unserer Verfassung erschüttert oder 
gar umgestürzt würden. Diese Grundlagen bilden die unentbehrlichen Garantien 
eines jeden freien Staates; diese Grundlagen, und nur diese sind geeignet, 
um auf denselben das Gebäude der constitutionellen Freiheit, der nationalen, 
confessionellen und individuellen Gleichberechtigung aufzuführen. Wir be- 
trachten nur eine solche Lösung für berechtigt, shichia und heilsam; zu einer 
entgegengesetzten Lösung sind aber, unserer Ueberzeugung nach, weder wir noch 
Andere berechtigt. Wir würden gegen die Verfassung und die Gesetze unseres 
Vaterlandes sündigen, wenn wir in einem Landtage unsere Sitze einnähmen, 
welcher mit wesentlicher Verletzung unserer Verfassung zu Stande 
gekommen ist, über welchen die meisten zur Vertretung berechtigten Körper- 
schaften unseres Vaterlandes sich in gleichem Sinne geäußert haben. Wir 
würden unsere constitutionelle Freiheit noch schwerer verletzen, wenn wir an 
der unserer obbegründeten Ueberzeugung schnurstracks entgegenstehen den Lösung 
der obschwebenden Fragen uns betheiligten." 
23. Juli. (Siebenbürgen). Der Siebenbürgische Hofkanzler erklärt 
durch Zuschrift an den Landtag die Ernennung des römisch-kathol. 
Bischofs Haynold zum Mitgliede des Landtags als Regalist auf Be- 
fehl des Kaisers für erloschen.
	        
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