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Hinweis auf die „Maßregeln, an denen Se. Maj. festhält, sowohl an den
schon vorhandenen Keimen wie an ihrer Entwicklung, die er voraussehen ließ.“
Obgleich diese Stelle weit entfernt ist, eine bestimmte Zusage einer nationalen
Vertretung mit wirksamer Controle oder einer nationalen Verwaltung zu
sein, gewährt sie doch einige Hoffnung, daß der Kaiser Alexander den Ein-
gebungen seines eigenen wohlwollenden Gemüths und den Rathschlägen Eu—
ropa's schließlich Gehör geben werde. Der Vorschlag einer Einstellung der
Feindseligkeit ist verworfen, „aus Gerechtigkeit gegen die treue Armee des
Kaisers, gegen die friedfertige Mehrheit der Polen, und gegen Rußland, wel-
chem diese Agitationen schmerzliche Opfer auferlegen.“ Der Vorschlag einer
Conferenz der Mächte, die den Wiener Vertrag unterzeichnet haben, ist ver-
worfen, und damit die Aussicht auf ein sofortiges und freundliches Einver-
nehmen. Anstatt dieses redlichen und billigen Vorschlags denkt das russische
Cabinet, daß die drei Mächte, welche die Separatverträge zwischen Oesterreich
und Rußland, und Preußen und Rußland vor dem allgemeinen Wiener
Vertrag vorschlugen, eine Zusammenkunft halten, und daß Großbritannien
und Frankreich hinterdrein von dem Ergebniß ihrer Berathungen in Kenntniß
gesetzt werden sollten. Zwei, Gründe gibt es, deren jeder allein hinreichen
würde, über diesen Vorschlag den Stab zu brechen. 1) Wenn man die be-
wußten Verträge von den Bestimmungen des allgemeinen Wiener Vertrags
trennt, so haben sie nur auf materielle Zwecke Bezug — auf die Benützung
von Flußufern, die Regulirung von Leinpfaden, den freien Waarentransport
aus einer Provinz in die andere, und solche andere Dinge. Keine politische
Entwicklungen oder Details kommen darin vor. 2) Es liegt auf der Hand,
daß eine solche Conferenz Oesterreich in eine falsche Stellung bringen, und
mit seinen Beziehungen zu Frankreich und Großbritannien unvereinbar sein
würde. Se. Maj, der Kaiser von Oesterreich hat daher im richtigen Gefühl
seiner Würde den russischen Vorschlag sogleich verworfen. Indem sie ihre
Ansichten dem Fürsten Gortschakoff mittheilt, hat J. Maj. Regierung noch
eine gebieterische Pflicht zu erfüllen. Sie muß Sr. Exc. ernstlichste Auf-
merksamkeit auf die Bedenklichkeit der Lage lenken, und auf die Verantwort-
lichkeit, welche sie auf Rußland wälzt. Großbritannien, Oesterreich und Frank-
reich haben gezeigt, wie dringend nöthig es ist, einem beklagenswerthen Zu-
stand, der voll Gefahr für Europa ist, ein Ende zu machen. Sie haben zu-
gleich die Mittel angedeutet, die ihrer Meinung nach zum Ziel führen wür-
den, und ihre Mitwirkung zur sichern Erreichung desselben angeboten. Wenn
Rußland nicht alles was von ihm abhängt, thut, um die gemäßigten und
versöhnlichen Absichten der drei Mächte zu fördern, wenn es nicht den Pfad
betritt, den freundschaftliche Rathschläge ihm erschließen, so macht es sich für
die schweren Folgen verantwortlich, welche die Fortdauer der polnischen Un-
ruhen haben kann.“
29. Sept. England versucht es, der vom deutschen Bunde gegen
Dänemark eingeleiteten Exrecution in Holstein entgegen zu treten
und die Frage einer internationalen Vermittlung zu unterziehen:
Depesche Russels an den englischen Gesandten in Frank-
furt: „. Were der Ausschußbericht nicht weiter gegangen, als zu be-
haupten, daß das kön. Patent (vom 30. März d. J.) den Beschluß der
Bundesversammlung, soweit er das Herzogthum Holstein betrifft, nicht er-
fülle; daß der Herzog von Holstein nicht das Recht hat, über die Finanzen
Holsteins ohne Zustimmung seiner Vertretung zu verfügen; daß er nicht das
Recht hat, Gesetze für Holstein zu erlassen, außer unter Mitwirkung der
Ständeversammlung Holsteins; daß die langen Zögerungen der dänischen Re-
gierung, zu einem befriedigenden Arrangement zu kommen, die Bundesexe-
cution nothwendig gemacht haben: J. Maj. Regierung hätte, obgleich sie die
Einmischung der deutschen Bundesversammlung gerade zu dieser Zeit beklagt
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